Review

 The Hunger Games
Die Tribute von Panem
(Studiocanal)

Die Buchtrilogie Die Tribute von Panem von Autorin Suzanne Collins zählt im Bereich der Jugendbücher neben Harry Potter und Twillight zu den aktuell erfolgreichsten Titeln, wodurch es nur eine Frage der Zeit war, dass es zu einer Filmumsetzung kommen würde. Persönlich war ich erst mal kritisch, witterte ich doch einen weiteren Blockbuster, der sich Zielgruppenorientiert an das bekannte Schema halten würde, doch weit gefehlt. Neugierig geworden durch die vielen hervorragenden Schauspieler, die an der Verfilmung durch Regisseur Gary Ross beteiligt waren, setzte ich mich näher mit der Geschichte auseinander und musste feststellen, dass zwar auffallend große Ähnlichkeiten zu den Actionfilmen Running Man mit Arnold Schwarzenegger (beziehungsweise der Buchvorlage Menschenjagd von Stephen King) und dem japanischen Genrefilm Battle Royal vorhanden waren, die Geschichte aber wesentlich detaillierter, tiefgreifender und philosophischer an die Thematik heranging, als dies bei den genannten Beispielen der Fall war. Autorin Suzanne Collins und später Regisseur Gary Ross, der sich im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr eng an die literarische Vorlage hielt, schufen eine faszinierende dystopische Zukunftsvision mit einer diktatorischen Gesellschaftsstruktur und einer klassischen Kasteneinteilung. Die geschickte Kombination alter Bräuche und modernster Technik und Architektur nimmt der Geschichte die klare zeitliche Zuordnung und gibt ihr einen angenehm fantastisch-visionären Touch.

Kriege und der Einfluss des Menschen fordern ihren Tribut: die Erde, oder hier näher beleuchtet Nordamerika, ist nahezu zerstört. Aus den Trümmern gründete sich die diktatorisch geführte Nation Panem (abgeleitet von dem lateinischen „Panem et circenses“ – Brot und Spiele), welche sich aus einem reichen Regierungskapitol und umliegenden, verarmten dreizehn Distrikten zusammensetzt. An einem nicht näher beleuchteten Zeitpunkt kam es zu einem Aufstand der Distriktbewohner gegen das Kapitol, welcher aber niedergeschlagen werden konnte, wobei Distrikt 13 dem Erdboden gleichgemacht wurde. Als Mahnung für die übrigen Distrikte führte man die alljährlichen „Hungerspiele“ ein, wo jedes Distrikt als Tribut ein Mädchen und einen Jungen zwischen 12 und 18 Jahren stellen soll, damit diese in einer Freilichtarena, permanent von Kameras begleitet, gegeneinander antreten müssen. Der letzte Überlebende bringt Ehre und Ruhm in seinen Distrikt, und dient eventuell später als Mentor bei nachfolgenden Hungerspielen. Die Kämpfe werden live im Fernsehen übertragen, um dem Publikum einen Nervenkitzel zu bieten (eben die modernen Brot und Spiele), zur Vorbereitung wird jeder Teilnehmer, hier als Tribut bezeichnet, in verschiedenen Kampftechniken trainiert, aber auch die Kunst des selbstsicheren, einnehmenden Auftretens und stilvollen Kleidens wird vermittelt. Denn es gilt für jeden Tribut, so viele Sponsoren wie möglich von sich zu überzeugen, denn dies bedeutet später im Kampf mehr Nahrung und eine bessere Wundversorgung durch von den Sponsoren zur Verfügung gestellte Care-Pakete. Im Kampf gilt es dann, schneller, geschickter, stärker und vor allem tödlicher zu sein als der Gegenüber, denn alles ist erlaubt, und nur der Beste überlebt!Mögen die Spiele beginnen…

Wow, ich bin begeistert. Eine stimmige Geschichte, packend und episch erzählt, dazu filmisch und schauspielerisch hervorragend umgesetzt. Jennifer Lawrence in der Hauptrolle als 16-jährige Katniss Everdeen, die freiwillig in die Kämpfe zieht, damit ihre jüngere Schwester verschont bleibt, Woody Harrelson als ihr desillusionierter, ständig alkoholisierter und zynischer Mentor Haymitch Abernathy und Donald Sutherland in der Rolle des intelligenten, teilweise philosophischen aber kaltherzigen Präsidenten Snow, hier passt wirklich jede Rolle und jeder Darsteller perfekt in das Gesamtbild! Ein totalitäres, menschenverachtendes Regime, die Unterstützung und geschickt-manipulative Nutzung der Medien gegenüber einer verarmten Bevölkerung, die sich unterjochen, ja sogar durch die gezeigten Spiele blind ablenken lässt, nur um sich später durch das Gezeigte ein Herz zu fassen. Eine Geschichte klassischen Formats in eine moderne Welt mit aktuellen Bezügen transportiert lässt einen als Zuschauer nicht nur einmal über die Verknüpfung zum aktuellen Zeitgeschehen nachdenken. Die Tribute von Panem beweist, dass gute Unterhaltung eine intelligente Geschichte nicht ausschließen muss!

Die Blu-ray-Special Edition aus dem Hause Studiocanal erscheint im ästhetischen Schuber, der Film hat eine sehr gute und gestochen scharfe Bildqualität und einen wuchtigen, gut ausbalancierten, räumlichen Sound. Besonders sticht jedoch neben dem hervorragenden Film das umfangreiche Bonusmaterial hervor, welches mit unglaublichen 223 Minuten wirklich alle relevanten Aspekte des Filmes beleuchtet. Neben einem zweistündigen, neunteiligen Making of namens Die Entstehung von “Die Tribute von Panem“ gibt es noch zahlreiche kürzere Feature zu den Geschichten von den Tributen, der Nahrung in Panem oder den Stunts und Tricks. Außerdem kommen Cast und Crew in Interviews zu Wort, wird ein Blick auf die Rollengestaltung des Präsidenten Snow durch Donald Sutherland geworfen, die Psychologie in der Geschichte und ihre visuelle Gestaltung im Film betrachtet, und noch einiges mehr. Hier wird wirklich jeder Aspekt beleuchtet, und informativ und interessant dargestellt.

The Hunger Games – Die Tribute von Panem ist eine überaus gelungene Buchverfilmung, die sich unter dem Mantel des Jugendfilmes und Hollywood’schen Sommerblockbusters sehr tiefsinnig und intellektuell, beinahe philosophisch mit den Themen Manipulation, Diktatur und Nächstenliebe auseinandersetzt. Talentierte und charismatische Darsteller, allen voran Woody Harrelson (Rampage), Donald Sutherland (Die Körperfresser), Jennifer Lawrence (Winter’s Bone) und erstmalig Lenny Kravitz, eine ausgewogene, temporeiche Regie durch Gary Ross (Seabiscuit, Pleasentville) so wie die mehrschichtige Geschichte mit ihren vielen Facetten lassen den Film zu einem anspruchsvollen und fesselnden Erlebnis werden, dem man sich weder als Jugendlicher noch als Erwachsener entziehen kann. Ich persönlich war positiv überrascht und sehr begeistert, und kann den Film jedem empfehlen.

Christian Funke-Smolka

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