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Eigentlich ist das Rennen um das wirklich trendige cineastische Franchise für Jugendliche bereits entschieden, denn „Harry Potter“ ist erfolgreich durch, „Twilight“ hoffentlich bald am Ende und die Trilogie um „Panem“ das, worüber sich anspruchsvolle Kids unterhalten können, bevor sie sich die 79. Staffel von „Big Brother“ rein tun.

Dabei muss man sich die drei Wälzer von Suzanne Collins nicht erst reinziehen, um in die Erzählung zu finden, auch wenn etwaige Hintergründe des früheren Nordamerikas ausgespart werden und man direkt mit den Vorbereitungen zu den 74. Hunger-Games einsteigt.
Katniss ist 16 (Jennifer Lawrence zur Zeit des Drehs 21) und wohnt im Distrikt 12, dem vermeintlich ärmsten der 12 Distrikte in Panem. Jeweils ein Junge und ein Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren treten aus jedem Distrikt in einem Survival-Game gegeneinander an, bis am Ende ein Sieger, der/die Überlebende mit Reichtum gesegnet sein wird.

Regisseur und Co-Autor Gary Ross fädelt die Erzählung insofern geschickt ein, als dass er sich von Beginn an auf die Identifikationsfigur stürzt und mit Katniss einen sehr starken Charakter in die Runde wirft, welche einige gängige Rollenklischees aufbricht. Sie sorgt für ihre Familie, springt als erste Freiwillige der Spiele für ihre kleine Schwester ein und bleibt bis zum Ende eine spannende Figur, welche fast durchgehend nachvollziehbar agiert und imstande ist, den Manipulationen der Mitstreiter und der Veranstalter entgegenzuwirken.

Ein zweites „Battle Royale“ sollte man allerdings nicht erwarten, denn es bleibt eine Jugendbuch-Verfilmung, welche mit entschärften Gewaltandeutungen ein möglichst breites Publikum anzuziehen versucht, wobei eine FSK12 schon reichlich bedenklich ist.
Ab Minute 68 wird der Countdown für die Spiele eingeläutet, welche, was für ein Glück für Jägerin und Naturfreundin Katniss, im Wald stattfinden und einige Tage andauern werden.

Allzu viele Logiklöcher tun sich im Verlauf jedoch nicht auf, auch wenn ein Pfeif/Vogel -Signal nur mit mutierten Piepmätzen denkbar wäre und man erst einmal das Glück haben muss, auf einem Baum zu schlafen, von Feinden umzingelt zu sein, um nach weiteren Stunden ein Nest mit Jägerwespen zu entdecken, deren Stich neben Halluzinationen auch den Tod nach sich ziehen kann.
Doch es ist Bewegung im Spiel, auch wenn die fiesen und arroganten Erscheinungen von Distrikt 1 zu lange außen vor bleiben und Allianzen etwas zu oberflächlich gestreift werden, um emotional tiefgehend zu berühren, obgleich man dem Stoff kaum Sentimentalitäten vorwerfen kann.
Eine angedeutete Liebesgeschichte findet zwar auch seinen Platz, doch diese dürfte innerhalb der beiden Fortsetzungen etwas mehr Brisanz erfahren.

Bewusst überzogen und mit einigen Klischees ausgestattet sind demgegenüber einige Nebenfiguren: Stanley Tucci darf den Moderator wie Kermit auf Crossover-Drogen geben, Woody Harrelson mimt den dauerbetrunkenen Mentor mit Herz, während Wes Bentley den dubiosen Regisseur mit kunstvoll gestyltem Bart gibt und Lenny Kravitz als Stylist ein paar unerwartet nuancierte Momente einbringt. Urgestein Donald Sutherland performt den Präsidenten der Veranstaltung ohne sichtlichen Aufwand, nur Josh Hutcherson als Peeta aus Distrikt 12 offenbart kleinere Unsicherheiten, die Komponist Newton-Howard nicht unterlaufen, da sein Score sehr effektiv zurückgehalten wird und Ross eher auf die Geräusche der (un)-natürlichen Umgebung vertraut.

Die „Tribute von Panem“ offenbaren somit kein filmisches Wunderwerk und in Sachen Kurzweil sind innerhalb der 142 Minuten durchaus Hänger auszumachen, doch der Streifen macht, trotz seiner leicht abgenudelten Prämisse und der etwas zu zaghaften Medienkritik vieles richtig und serviert dem geneigten Betrachter eine ausgewogene Mixtur aus Adventure und Drama, eine äußerst überzeugende Jennifer Lawrence und liefert anbei den Beweis, dass der Ursprung der römischen Gladiatorenkämpfe noch immer nicht seinen Reiz verloren hat, - wobei, - wann soll Big Brother Staffel 80 gleich noch stattfinden?
7 von 10

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