Review

Die Hunger Games ist mal wieder das beste Beispiel für Massenhysterie: Man schmeiße die Begriffe "Twilight" und "auf einem Roman basierend" in den Ring, gepaart mit einer handvoll Trailern, die im TV oder im Kino laufen und schon dreht die ganze Menschheit wieder am Rad und läuft ins Kino, dass dieser Film zum Kinostart 155 Mio. Dollar einspielte. Okay, ein nicht zu unterschätzender Faktor dürfte auch sein, dass Kim Schmitz mit seiner Plattform Megaupload dicht machen musste, sonst würden sich die Einspielergebnisse wohl nur im Cent-Bereich finden (hüstel).

Grund genug für uns Deutschen also, den Arsch mal wieder ins Kino zu bewegen und sich nach zwei Stunden Werbung und anderer diverser Trailer ( insklusive Eismann-Pause)  "Die Tribute von Panem" anzusehen. Ich will es kurz machen: Man kann sich den Film geben, er unterhält, tut nicht weh - aber bitte nicht mehr hineininterpretieren, als es sein muss. Und ihn schon gar nicht als Meisterwerk hinstellen, denn das ist er bei weitem nicht geworden.
Ich will gar nicht anfechten, dass der Roman von Suzanne Collins ein echter Knaller ist. Doch die Verfilmung scheint vorauszusetzen, dass man den Roman kennt, bzw. bei vielen Szenen die Logik mit der Brechstange reinknüppeln wollte.
Fangen wir mal mit den Anfang an (den ich schon als nicht gelungen empfinde): Die Handlung spielt in einer fernen Zukunft in einem postapokalyptischem Amerika. Warum, wieso, weshalb? wird nicht erklärt und man muss es einfach so hinnehmen. Das hätte man doch ganz klassisch lösen können: Ein Prolog als Vorspann mit brennenden Bauten (oder was weiß ich) und ein Erzähler, der in knapp zwei Minuten runter rattert, was mit der lieben Welt passiert ist, wäre eine gute Einführung gewesen. Scheinbar war jedoch in den 142 Minuten Laufzeit kein Platz für so etwas nebensächliches.
Da wird unser Heldenpaar Katniss (Jennifer Lawrence) und Peeta (Josh Hutcherson)  lieber eine Stunde lang eingeführt, auf der Zugreise zum Kapitol von Mentor Haymitch  (Woody Harrelson) und einer Transe mit lila Haaren begleitet, auf die Spiele vorbereitet und durch Talk-Shows der Zukunft gejagt, bevor es auf die große Jagd nach den 24 Personen geht. 
Bis dahin sind schon drei Punkte vorgefallen, die mich total anpissen, und das ist nichtmals diese ellenlange Einführung an sich. Der erste Punkt ist natürlich, dass Katniss zwölfjährige Schwester als Los gezogen wird, Katniss sich dann aber freiwillig meldet für an den "Hunger Games" teilzunehmen. Ist nicht schlimm, aber wenn man mal sieht, dass die anderen Teilnehmer (Tribute) die oberste Altersgrenze erreicht haben und egal, ob Männlein oder Weiblein, die totale Athleten-Figur mitbringen, ist das zu viel des guten (Zufalls). Wobei wir auch bei dem nächsten Punkt angelangt wären: Die anderen Teilnehmer. Man kann schon froh sein, wenn die einmal durchs Bild stolpern. Charakterisierung? Fehlanzeige.
Und dann kommt natürlich der Punkt, der mir am meisten Magenschmerzen bereitet: Diese Einführung zeigt soviel und doch so wenig. Was mit der Welt passiert ist, wie der Staat funktioniert, die Machtverhältnisse sind oder sonst etwas was mir Nährboden für sozialkritische Vergleiche unserer Gegenwart gibt, bleiben weitestgehend Fehlanzeige.

Damit dürfte der Film schon bei den "echten" Kritikern gescheitert sein, denn das was nun folgt, ist einfach nur noch ein "Battle Royale" im PG13-Format für Jugendliche. Das dürfte wohl in jeder Kritik drinstehen, immerhin hat Romanautorin Collins deswegen Plagiatsvorwürfe am Hals. Lieber gut geklaut als neu erfunden (das dachte sich auch in einem anderen Fall ein gewisser Kim Schmitz). Naja, vor den "Hunger Games" hat Collins ja auch erst eine Geschichte über einen kleinen Jungen namens Gregor geschrieben, und hat sich dort von "Alice im Wunderland" inspirieren lassen. So kann man es auch ausdrücken.

Nun ja, ab jetzt kann man eigentlich nichts mehr falsch machen. Fette (blutleere) Action und schöne Jagdszenen. Denkste!

Denn nach einer Stunde fängt mein Schwein erst richtig an zu pfeifen. Bis auf unseres Heldenpaar laufen scheinbar nur noch  mordgeile Zombies mit Tollwut vor der Fresse ohne jegliche Moral und ohne Verstand herum. Sehr glaubwürdig. Heldin Katness entfernt sich einmal zu weit von den anderen Tributen, so dass den Machern nichts anderes übrig bleibt als einen halben Regenwald mit abgeschossenen Feuerbällen in Schutt und Asche zu legen. Aha, sehr gut. Die zwei Kilo Popcorn, die ich in mich hineinstopfe, fangen an zu wirken und ich nicke alles wie ein Wackeldackel ab.
Ein armdicker Ast insklusive Wespennest wird mit einem Rambo-Messer in Rekordzeit abgeschnitten. Respekt! Da hätte ich mit einem Fuchsschwanz einen Tag dafür gebraucht.
Die Regeln werden im Laufe des Spiels geändert. Ohne zu spoilern: Daraufhin findet Person X Person Y in Rekordzeit in der eine Million-Quadratmeter großen Spielwiese. Naja, wer wie Rambo schneiden und Pfeile schießen kann, der hat es auch definitiv auf dem Kasten Spürhunde alt aussehen zu lassen.
Was uns Arnold Schwarzenegger in "Last Action Hero" mal zusteckte, dass die Bösen zuviel labern, anstatt direkt die sympathische Figur kaltzumachen ist mir schon lang bewusst, ging mir aber noch nie so gegen den Zeiger wie bei "Die Pannen-Tribute".
Ach ganz vergessen, es machen ja nicht nur die durchtrainierten Massenmörder mit, sondern dann doch noch eine zwölfjährige, die natürlich im Hirn sowie moralisch jedem anderen haushoch überlegen ist. Wahnsinn, da geht noch was, oder?
Ja, denn diese Aushilfs-Momo zeigt Heldin Katniss wie man mit den Vögeln singen und kommunizieren kann, bevor sie den herzzereißenden Abgang machen darf. Tata, fehlt nur noch das "Braveheart"-Theme!

Dass sich die Hungerspiele in der 74. Staffel befinden und Katniss mit ihrer "menschlicher" Seite einen Bauernaufstand unter den (ärmlichen) Zuschauern entfacht, ist auch nicht nachvollziehbar. Was war denn die 73 anderen Sendungen los? Stirb langsam und krepier Du Sau oder was?

Tja, und so könnte ich die Liste ewig lang fortrotzen, "Die Tribute von Panem" ist verfilmte Scheiße und hat eigentlich eine 1/10er-Bewertung verdient. Warum ich diesem Film trotzdem mehr vergebe, habe ich am Anfang schon erwähnt. Er unterhält, kaschiert geschickt mit seinem dicken Budget die tausend Baustellen und tut beim Ansehen nicht weh.

4/10

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