Was hat Das Movie-Remake „21 Jump Street" im Vorfeld für Kritik bei der in der Wortwahl nicht eben zimperlichen Internetgemeinde einstecken müssen. Ein Remake? Hau ab! Jonah Hill?? Ausgelutscht! Channing Tatum??? Fick dich weg du Hurensohn!!! Tatsächlich entpuppt sich das Realfilmdebüt der Regieduos Phil Lord und Chris Miller als ungemein witzige und scharfsinnige Highschool-Parodie mit Anleihen aus dem Actionkino. Das wunderbare Script steuert einige gelungene Unvorhersehbarkeiten bei, der Film lebt aber zu einem großen Teil von der Chemie zwischen den Hauptdarstellern Jonah Hill und Channing Tatum.
An der Highschool waren sie Todfeinde. Der schüchterne Streber Schmidt (Jonah Hill) und der prollige Sportler Jenko (Channing Tatum) tun sich bei der Polizeiausbildung notgedrungen zusammen, um durch die Tests zu kommen. Aus der Zweckgemeinschaft entwickelt sich Freundschaft, die sie in eine verdeckte Ermittlungseinheit führt. Als Schüler getarnt, sollen sie in einer Highschool einen Drogenring ausheben. Dabei müssen sie schnell lernen, dass konventionelle Rollenklischees anno 2012 nichts mehr zählen. Die daraus resultierenden Eskapaden stellen ihre Freundschaft auf eine harte Probe und lassen die gemeinsame Ermittlungsarbeit rund um den hippen Schuldealer Eric (Dave Franco) beinahe scheitern.
Wer nur einen flüchtigen Blick riskiert, kann in „21 Jump Street" nur ein weiteres Remake vom Reißbrett sehen, ohne Respekt vor dem Original, in dem zu allem Unglück auch noch Channing Tatum mitspielt. Erste Reaktionen auf das Projekt im Internet gingen dann logischerweise auch in genau diese Richtung. Der Zorn konzentrierte sich dabei vor allem auf Channing Tatum, der mit seinem vierschrötigen Gesicht, muskelbepackten Körper und kuhäugigen Gesichtsausdruck das ultimative Feindbild selbsternannter Filmkritiker im Internet zu sein scheint. Genau jener Channing Tatum entpuppt sich unterm Strich aber als größte Überraschung des Films, indem er genau jenes Image lustvoll persifliert. Als dumper Sergeant Jenko schafft er es noch nicht einmal die Miranda Warnung („Sie haben das Recht zu schweigen...") unfallfrei vorzutragen und hält Leukämie für ein Unterrichtsfach. Er wird als prügelnder, prahlender Schulbullie und damit erklärter Feind eines jedes Nerds, eingeführt. Im Verlauf der Geschichte wird sein Charakter nicht nur um die obligatorischen Faktoren Ehrlichkeit und Loyalität erweitert, ihm wird auch der eigentlich Teil der Ermittlungsarbeit zugestanden. Jonah Hill spielt den Part als gehemmtes Moppelchen genauso souverän, wie die spätere Entwicklung zum Schulpartykönig inklusive Hybris und Fall. Aus dieser Art des Rollentausch bezieht „21 Jump Street" einen nicht unerheblichen Teil seines komischen Potenzials und dominiert im Prinzip den gesamten zweiten Akt.
Daneben regiert die übliche Mischung aus Slapstick- und Grossouthumor, inklusive eines schrägen Drogentrips, verpeilter Theateraufführung und absichtlicher Autounfälle und abgeschossener Genitalien. In ihrer Radikalität schwimmt „21 Jump Street" auch hinsichtlich der teilweise sehr expliziten Gewaltszenen gegen Ende auf der Welle der Rated-R-Comedy, die Judd Apatow mit seinen Hart-aber-herzlich-Komödien Mitte der Nullerjahre losgetreten hat. Deswegen wundert es auch nicht, dass der Film darüber hinaus zahlreiche klischeefreie und teilweise sogar liebevolle Detailbeobachtungen des amerikanischen Highschoolsystems liefert, die sehr gut in die Handlung eingeflochten werden. Das Drehbuch ist dabei straff ohne frei von Längen, was bei einer (für Komödien) stolzen Laufzeit von beinahe zwei Stunden eine umso größere Leistung ist
Die größte Stärke bezieht der Film aber aus seinen zahlreichen parodistischen und satirischen Elementen. Dass die beiden Cops am laufenden Meter Öllaster beschießen, ohne, dass etwas explodiert, ist da schon eher der Scherz der plumperen Sorte. Wenn der Vorgesetzte aber das aufgewärmte 21-Jump-Street-Programm kritisiert, da den Leuten ja offenkundig nichts Neues mehr einfällt und sie stattdessen immer und immer wieder alte Konzepte aus den 80ern recyclen, oder der Leiter der Theater-AG nach einer desaströsen Aufführung den Vorhang mit dem Hinweis „Das war der zweite Akt" schließt, dann ist Metakino der cleveren Art.
„21 Jump Street" bietet neben einer hohen Gagdichte, eine stimmige und schlüssige Story, interessante Detailbeobachtungen und gut aufgelegte Darsteller. Wer Humor, der derberen Art aufgeschlossen ist und sich schon immer mal von seiner Channing-Tatum-Phobie befreien wollte, ist mit dem Realfilmdebüt Phil Lord und Chris Miller („Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" 2009) allerbestens bedient. Bislang das Komödienhighlight 2012.
Daran werde ich mich noch lange erinnern: Der Drogentrip von Schmid und Jenko