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„Dankt lieber Gott, dass ihr nicht in Italien gestorben seid!“

„(Lottergeist) Beetlejuice“ ist einer von US-Regisseur Tim Burtons („Batman“, „Edward mit den Scherenhänden“, „Ed Wood“) ersten Spielfilmen. Die Horrorkomödie heimste nach ihrem Erscheinen 1988 einige Preise ein und zählt zurückblickend zusammen mit Filmen wie „Ghostbusters“ oder „The Addams Family“ zu den großen, kultverdächtigen Filmen ihres Genres aus den 1980er und 1990er Jahren.

Ehepaar Maitland (Geena Davis, „Die Fliege“ und Alec Baldwin, „Die Royal Tenenbaums“) befindet sich nach einem Autounfall im Übergangsreich der Toten, die nächsten 125 dazu verdammt, sie als Geister in ihrem Haus zu verbringen. Dieses wird von Familie Dietz erworben, bestehend aus den reichen, geschmacksverirrten Schnöseln Delia (Catherine O'Hara, „Kevin – Allein zu Haus“) und Charles (Jeffrey Jones, „Ed Wood“) sowie Gruftie-Töchterchen Lydia (Winona Ryder, „Edward mit den Scherenhänden“). Familie Dietz beginnt schnell zu nerven, weshalb die Maitlands sie mittels Spuk vertreiben wollen. Diese sind jedoch absolute Neulinge auf diesem Gebiet und deshalb total unerfahren. Und das Handbuch für das „Nachleben“ hilft leider ebenso wenig weiter wie die Geisterbehörden. „Bio-Exorzist“ Betelgeuse (Michael Keaton, „Batman“) wirbt jedoch für seine Dienste…

„Beetlejuice“, dessen Charakter sich im Film eingenartigerweise „Betelgeuse“ schreibt, ist eine kunterbunte, quietschvergnügte Horrorkomödie voll bizarrer Ideen. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt seines Schaffens lässt Burton „zwischen den Zeilen“ erkennen, dass er das Totenreich keinesfalls als leeren, düsteren Ort oder gar als Stätte voll Pein und Seelenqual erachtet, sondern als skurrile Parallelwelt mit ihren eigenen Gesetzen, die vor allem eines kann: jede Menge Spaß bereiten. Seine visuell wie inhaltlich comichafte Inszenierung, die er später mit „Edward mit den Scherenhänden“ perfektionieren sollte, erscheint unwirklich und eröffnet die Möglichkeiten, die der weitestgehende Verzicht auf Realismus mit sich bringt: So braucht sich Burton nicht sonderlich um Logik scheren, wenn er seine komödiantisch überzeichneten Charaktere ihre Abenteuer bestehen lässt, sie mit aberwitzigen Fratzen und Kreaturen konfrontiert und mal eben die Rollen vertauscht, wenn Familie Dietz die Geister weit weniger loswerden will als umgekehrt die Maitlands die Dietzens.

Zu Burtons Begeisterung für die dunkle Seite, die er in quietschbunten Farben malt, gehört auch das Etablieren der ihr ebenfalls zugeneigten Nachwuchs-Gothic-Göre Lydia als Sympathiefigur, die als einzige die Maitlands sehen kann und sich mit ihnen anfreundet. Und wie heißt es so schön? „Die Geister, die ich rief…“ Letztlich gilt es nämlich nicht mehr, die Dietzens zu vergraulen, sondern den harlekinesken, leider nicht ganz ungefährlichen Sprücheklopfer Betelgeuse loszuwerden, der zu allem Überfluss Heiratspläne hinsichtlich Lydias hegt. Neben viel Situationskomik und einer sympathisch-grotesken Sichtweise auf das Leben nach dem Tod würzt Burton seinen Film mit satirischen Anspielungen auf andere phantastische Filme und die mit dem Genre einhergehenden Klischees. Dies schlägt sich auch in den wahnsinnigen Effekten wieder, die sich seinerzeit längst überholter Techniken wie Stop-Motion bedienen und mit ihren augenzwinkernden Charme begeistern.

Zugleich ist „Beetlejuice“ eine Ehrerbietung an den US-amerikanischen, jamaicanische Wurzeln aufweisenden Calypso-Interpreten Harry Belafonte, dessen karibische Rhythmen ebenso gut oder wenig in diesen Film passen wie alles andere, was im krassen Kontrast zur eigentlichen Thematik steht und ihn damit zu etwas Besonderem macht. Sein „Day-O (The Banana Boat Song)“ taucht immer wieder im Film auf; unvergessen die Szene, als eine piekfeine Tafelrunde wie von Geisterhand zu diesem Lied zu tanzen beginnt. Die übrige Filmmusik stammt von Danny Elfman, der hier sein Talent für das Erzeugen überdrehter, einen Film wie „Beetlejuice“ gut untermalender Orchesterklänge Beweisen konnte, die ihm besser stehen als die pathetischen Klänge mit Hang zum Kitsch, die man auch von ihm kennt.

Darstellerisch überrascht Michael Keaton mit ausgeprägtem humoristischem Talent, aufgrund dessen der ursprünglich angeblich als ernsthafter Grusler geplante Film sogar zur Komödie umgeschrieben worden sein soll. Auch alle anderen beherrschen ihre Theatralik, mein persönlicher Höhepunkt ist jedoch die blutjunge Winona Ryder in einer ihrer ersten Rollen. Ohnehin eine meiner Lieblingsschauspielerinnen, wirkt sie bereits hier unheimlich süß, dabei keck und intelligent, einfach von Grund auf sympathisch. Ihre von Burton positiv konnotierte Außenseiterrolle geht voll auf und wenn sie nach dem furiosen, rasanten, tatsächlich richtig spannenden Finale zu einem weiteren Belafonte-Klassiker schmettert, schmelze ich dahin wie Charlie in der Schokoladenfabrik.

„Beetlejuice“ ist ein Klassiker des humoristischen phantastischen Films, Pflichtprogramm nicht nur für Burton-Freunde und bei aller Verrücktheit bereits ein Burton-typisches Plädoyer für verschrobene Außenseiter und die Faszination des Morbiden, das sich hier in Form einer makabren Groteske präsentiert.

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