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"Shootout - keine Gnade" entstand auf der Basis der 2004 begonnenen französischen Comic-Reihe "Du plomb dans la tête", was eher auf eine moderne Gangster-Story hinweisen könnte, weniger auf einen klassischen Action-Film unter der Regie von Walter Hill, dessen Reputation auf die 70er und 80er Jahre zurückgeht. Tatsächlich versteht sich der Comic als Hommage an die US-Thriller dieser Phase, zudem in New Orleans angesiedelt und mit Dialogen angereichert, die an Tarantino erinnern, etwa wenn die beiden Profi-Killer vor ihrem nächsten Job ausführlich über die Qualitäten europäischer oder amerikanischer Frauen palavern. Das der ältere Profi-Killer wenig von Europa hält und ganz seiner us-amerikanischen Heimat verpflichtet ist, qualifiziert ihn als Rolle für Sylvester Stallone, der in der Verfilmung aber wortkarger auftritt und genretypisch den harten Brocken gibt, der den Klang der Waffe jederzeit einem gesprochenen Wort vorzieht, für den aber innerhalb seines harten Gewerbes noch moralische Gesetze gelten.

Als er mit seinem Partner Louis (Jon Seda) einen Auftrag erledigt, treffen sie dabei auch eine Prostituierte an, die James Bonomo (Sylvester Stallone) nicht erschießt, denn Frauen und Kinder sind für ihn tabu. An dieser Konstellation wird zu Beginn schon deutlich, dass "Shootout - keine Gnade" wenig an einer originellen Story gelegen war, wie sie in der französischen Vorlage durchaus erkennbar ist, sondern ganz nach den bekannten Regeln gestrickt wurde. Stallone spielt zwar einen Profi-Killer, der auf eine bewegte Vergangenheit zurückblickt, aber im Vergleich zu den anderen Gangstern - beginnend bei der Masse an verzichtbaren Ballermännern, über korrupte Polizisten, bis zu Winkeladvokaten und reichen, skrupellosen Bürgern - drückt er in seiner stoischen Art auch Verlässlichkeit aus, zudem mit einem Sinn für Gerechtigkeit ausgestattet, der ihn unmittelbar als Lobbyisten für die NRA qualifiziert.

Das muss auch der New Yorker Polizist Taylor Kwan (Sung Kang) erfahren, der die selben Hintermänner sucht, die Bonomos Partner Louis ermorden ließen, denn sie hatten auch seinen früheren Partner beseitigen lassen. Als Polizist würde er Bonomo sofort verhaften, aber er ist zunehmend auf ihn angewiesen, nachdem er feststellen musste, dass ihn die hiesige Polizei nicht nur wenig unterstützt, sondern offensichtlich beseitigen will. Aus dem Zusammenspiel zwischen den so unfreiwilligen, wie ungleichen Partnern gewinnt der sonst jederzeit ernsthafte Film ein wenig Humor, aber es ist von Beginn an klar, wer hier von wem lernt. Kwans Technik-Verliebtheit und seine Versuche, die Ermittlungsarbeiten nach Recht und Gesetz umzusetzen, erscheinen angesichts der harten, kompromisslosen Realität bestenfalls als naiv. Wahrscheinlich herrscht in New York der Weltfrieden, denn erst Bonomos archaische Ansichten machen dem Polizisten klar, wie man mit "echten" Gangstern (im Gegensatz zu ihm selbst) umzugehen hat.

Trotz diverser Anleihen an die Gegenwart ist "Shootout - keine Gnade" ein unmittelbarer Zeitsprung in die seligen 80er Action-Film-Jahre, allerdings ohne erst den Versuch zu starten, die Charaktere aus ihrer Eindimensionaligkeit herauszuholen oder einen raffinierten Plot zu entwickeln. Bei Stallone funktioniert das noch, weil man sich seiner Figur nicht nähern kann, ohne seine früheren Rollen vor Augen zu haben, aber alle weiteren Protagonisten bleiben schablonenhaft schwach - neben Sarah Shahi als hübsche und toughe Tochter, die ihrem Vater selbstverständlich verzeiht, dass er kein guter Vater war, noch Christian Slater als willensschwacher, wenig charismatischer Anwalt, einem seltsam unschlüssigen profitgierigen Geschäftsmann (Adewale Akinnuoye-Agbaje), der auf hart und konsequent macht, aber über keinerlei Einfühlungsvermögen verfügt, bis hin zum bösen Gegenspieler Keegan (Jason Momoa), der vor allem groß und stark ist, aber nichts im Gehirn zu haben scheint.

Ob diese Typen einem Sylvester Stallone gewachsen sind, kann sich Jeder selbst beantworten. Statt sich auf eine Story einzulassen, in der die Polizei, ein bis in höchste Kreise einflussreicher Geschäftsmann und ein gnadenloser Killer die zwei Männer ernsthaft bedrohen, verzichtet „Shootout – keine Gnade“ auf jede Spannung und erzählt nur einfallslos vom eiskalten Profi, der mit Muskeln und Wumme alles klein kriegt, notfalls unterstützt von einer willkürlichen und im Storykontext unlogischen Wendung, die ihm einige Gegner vom Hals schafft. Das Keegan zum Endkampf seine Waffe wegwirft, um Bonomo zu beweisen, dass er noch mehr Muskeln hat als sein Gegenüber, kann schon nicht mehr überraschen und beweist nur, dass er in den letzten 30 Jahren nicht im Kino gewesen sein kann. „Shootout – keine Gnade“ erinnert in seiner optischen Gradlinigkeit, den klar choreographierten Gefechten und den einfachen Lösungen zwar an die Hochphase von Stallone und Co., aber diese Filme sind aus dem Zeitkontext der 80er Jahre zu verstehen, während Walter Hills Film nur als blutleeres Imitat daher kommt – echte Fans der damaligen Filme machen darum besser einen Bogen (3/10).

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