Space Nazis must die!
„Seid ihr die völkischen Beobachter?!“
Der finnische Regisseur Timo Vuorensola, der zuvor mit den „Star Wreck“-Science-Fiction-Parodien aufgefallen war, arbeitete von 2010 bis 2012 an der Science-Fiction-Actionkomödie „Iron Sky“, die in finnisch-australisch-deutscher Koproduktion entstand. Geplant worden war das Projekt bereits seit 2006, mit Teaser-Trailern hatte man schon vor Drehbeginn für Aufsehen und Promotion gesorgt. Vom Gesamtbudget in Höhe von rund 7,5 Millionen Euro wurden 900.000,- EUR durch Crowdfunding finanziert. Im Internet bestand die Möglichkeit, eigene Ideen an Vuorensola und sein Team heranzutragen, von denen einige für den fertigen Film berücksichtigt wurden. Grundlage der Handlung sind die Thesen einiger Schwachsinniger, eine Nazi-Kolonie habe sich mittels Reichflugscheiben kurz vor Kriegsende auf die dunkle Seite des Mondes abgesetzt, was der Film persifliert.
In der nahen Zukunft des Jahres 2018 steckt die US-amerikanische Präsidentin (Stephanie Paul, „Crazylove“) im Kampf um ihre Wiederwahl und startet aus diesem Grunde eine neue Mondmission. Dieser gehört u.a. das schwarze Fotomodell James Washington (Christopher Kirby, „Matrix Reloaded“) an. Washington wird prompt von den Mondnazis festgenommen, die auf der dunklen Mondhälfte eine hakenkreuzförmige Festung errichtet und seinen Raumfahrtkollegen bereits ermordet haben. Unterm aktuellen Führer Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier, „Hexen bis aufs Blut gequält“) baut man fleißig Helium-3 ab und will mit dem jahrzehntelang entwickelten Kampfschiff „Götterdämmerung“ Mutter Erde erobern, es mangelt aber noch an Rechenleistung. Da entdecken sie das Smartphone Washingtons und sind fasziniert, jedoch gibt der Akku den Geist auf. Auf der Erde aber muss es diese Dinger in rauen Mengen geben, also reisen Kommunikationsschlumpfnazi Klaus Adler (Götz Otto, „Alien Autopsy – Das All zu Gast bei Freunden“) und die naive, sexy Lehrerin Renate Richter (Julia Dietze, „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“) auf den blauen Planeten, um unter einem Vorwand so viele Mobiltelefone wie möglich einzusammeln. Darüber hinaus hegt Adler noch ganz andere Pläne: Er möchte Kortzfleisch als Führer ablösen und Richter zur Mutter machen… Ist die Erde vor der nächsten Nazi-Invasion noch zu retten?
Zur Mondnazi-Verballhornung gesellen sich Persiflagen auf Propaganda-Mechanismen, auf US-amerikanische Politik (die Präsidentin ist der ehemaligen reaktionären Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin nachempfunden) und nicht zuletzt auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der als unfähig und unwillens dargestellt wird. Der Humor ist also durchaus hintergründig und wird unter anderem in vielen spritzig-witzigen Dialogen transportiert. Es ist bei Weitem nicht jeder Schuss aufs Zwerchfell ein Treffer, aber die Grundausrichtung stimmt und verbindet Naziverarsche mit aktuellen politischen Ärgernissen, stark geprägt vom US-Krieg „gegen den Terror“ nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001. Wenn am Ende ein Krieg um neue Rohstoffe entbrennt, befinden wir uns mitten in der Realität. Dem voraus gehen eine beachtlich getrickste actionlastige Weltraumschlacht sowie zahlreiche Kinohommagen, beispielsweise an Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ und „Dr. Seltsam“, „Der große Diktator“, „Krieg der Welten“ und „Der Untergang“.
Der Soundtrack der slowenischen, gern mit faschistischer Ästhetik spielenden Band Laibach zitiert Wagner, „Die Wacht am Rhein“ sowie zahlreiche Nationalhymnen und bildet die perfekte Untermalung für „Iron Sky“. Naziszenen wurden farbentsättigt, um sich bildästhetisch Spielfilmen der 1930er und ‘40er Jahre anzunähern. Statt Blackfacing gibt es hier eine „Albinisierung“ oder auch „Arisierung“ zu sehen und Kortzfleisch hat Schwierigkeiten, seinem Volk das „Heil Hitler“ abzugewöhnen. So weit, so gut. Ein grundsätzliches Problem jedoch: Für einen Science-Fiction-Film, der „Iron Sky“ ja nun einmal auch ist, ist er aufgrund seiner Fokussierung auf während des Drehs zeitgenössische politische Ereignisse wenig zeitlos. Der Faktor an Slapstick und eher flachem Humor ist relativ hoch, aber wenn man sich nun schon in trashige und naziploitative Gefilde begibt, darf man gern etwas derber zur Sache gehen und das Groteske auch über die Ausgangssituation hinaus stärker suchen. Dafür unterhält das Ensemble, das sichtlich Spaß beim Verkörpern seiner schrägen Rollen hat, mehr als passabel und ist nicht zuletzt die tolle Optik, ja, generell die gute Ausstattung überaus respektabel.