Das Subgenre des Home Invasion Thrillers ist noch lange nicht ausgeschöpft, wie Regisseur Steven C. Miller mit wenigen Mitteln eindrucksvoll unter Beweis stellt. Denn in seinem Werk sind es nicht die Eltern, die sich irgendwann zur Wehr setzen, sondern der Sohn, der in einer Mischung aus MacGyver und Rambo ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag legt.
Die Patchworkfamilie Rutledge (Dad mit Sohn Owen, Mom mit Tochter Lauren) ist gerade aufs Land umgezogen, da erhalten sie unerwarteten Besuch von vier Profikillern unter der Leitung von Lloyd (Dana Ashbrook). Man vermutet hier das gestohlene Geld eines Mafiabosses (Ray Wise) und geht nicht gerade zimperlich zu Werke, bis Owen und Lauren die Flucht in den angrenzenden Wald gelingt. So langsam offenbart sich, was es mit der beharrlichen Schweigsamkeit des Jungen auf sich hat…
Der deftige Einstieg untermauert in wenigen Momenten, dass die Killer keine halben Sachen machen: Eine Joggerin kehrt von ihrer Tour zurück, der Gewehrschuss sitzt, der Körper prallt gefühlte vier Meter durch den Garten, ein abschließendes Polaroid und schon geht es zum nächsten potentiellen Opfer. Danach folgen wir den Rudledges und da scheint auch einiges im Argen zu liegen, da Lauren wegen des Umzugs außer sich ist und zwischenzeitlich kifft, während Dad auf Owen einredet, ihm jedoch kein einziges Wort entlocken kann, was sich im kompletten Verlauf der Geschichte auch nicht mehr ändern wird.
Zunächst ahnt man lediglich, was mit Owen los ist und dass der Knabe offenbar unter einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leidet, doch erst später entdecken die Killer ein medizinisches Gutachten, welches Aufschluss über Owens Veranlagung gibt. Klar wird allerdings nicht, wodurch er so wurde und warum Dad mehr als nur eine schützende Hand über ihn hält.
Mit Eindringen der Täter in die Wohnung geht zumindest ganz ordentlich die Post ab, denn Lauren steht noch unter der Dusche als ein Schuss ertönt, während sich Owen im Zimmer eingeschlossen hat und offenbar in Windeseile die ersten Fallen bastelt, was im Verlauf noch einige Male der Fall sein wird.
Zunächst fliehen die Teenager ins Grüne, später kommt noch der stimmungsvolle Platz des Verkaufsgeländes für Autos dazu, bei dem das Katz – und Maus Spiel recht gut zur Geltung kommt, bevor es zum Showdown zurück ins Elternhaus geht.
Da nicht allzu viele Protagonisten involviert sind, kommt es zu entsprechend wenigen Gewalteinlagen, doch diese kommen mit überzeugender Härte und sauber inszeniert daher.
Es gibt blutige Einschüsse, ein Messer im Hinterkopf, ein gebrochenes Bein und nebenbei wird eine Kugel mit einem Messer heraus geholt, während ein Arm mit Schnittwunden mehrfach versorgt werden muss.
Leider gerät das Treiben phasenweise etwas eindimensional, denn der ständige Wechsel zwischen Flucht und Fallen bauen erschöpft sich im Mittelteil ein wenig, bis es zum Finale die große Kettenreaktion gibt, welche zweifelsohne Freunde schwarzen Humors gefallen dürfte. Auch der Abschluss liefert eine zufrieden stellende Pointe, sofern man bereit ist, die zahlreichen Logiklöcher und Unwahrscheinlichkeiten außen vor zu lassen, denn davon finden sich im Verlauf so einige.
Dennoch bietet der Streifen recht unterhaltsame und kurzweilige Kost. Darstellerisch passabel und treffend besetzt, handwerklich grundsolide und spannungstechnisch in einigen Szenen durchaus fesselnd, kann und will „Aggression Scale“ das Genre zwar nicht neu erfinden, doch er präsentiert eine interessante Prämisse in ordentlicher Umsetzung.
7 von 10