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Der Trailer täuscht ein wenig über den Charakter des Films. In den zweieinhalb Minuten kommt der Eindruck auf, dass der Film locker aufgebaut ist und viele humorvolle Szenen enthält. Dies ist in TRANSPAPA nicht wirklich der Fall. Fast alle eher zumindest vordergründig witzigen Szenen sind im Trailer enthalten. Der Film lässt sich lange Zeit und zunächst einmal wird das soziale Umfeld von Maren dargestellt und ihre Probleme mit der alleinerziehenden Mutter in Form eines Sozialdramas, das auch im späteren Verlauf mehr den Fokus auf die Spannungen und Irritationen zwischen den Beteiligten richtet. Der Grundton ist recht nüchtern und melancholisch und gipfelt auch in Form einer tiefer  gehenden emotionalen Krise von Maren die mitten in der Pubertät und ihren eigenen Definition als Frau steckt.

Die Geschichte scheint einfach, ist aber menschlich wohl für die meisten von uns zunächst einmal recht kompliziert: Die jugendliche Maren erfährt, dass ihr Vater nicht im Ausland lebt, sondern als Transsexueller das Geschlecht gewechselt hat und als Frau mit dem Namen Sophia lebt. Sie macht sich auf den Weg ihn zu besuchen und TRANSPAPA beschreibt die zarte Annährung an einen neuen und zugleich vertrauten Menschen, ihren Vater. Die Kamera und Bildführung gibt den Darstellern viel Raum und Zeit, es gibt ruhige ausgedehnte Szenen die die Konzentration ganz auf die Emotionen der Protagonisten lenken.

Devid Striesow hat uns mit vielen guten Rollen in Filmen wie FREISCHWIMMER oder DREI und TV-Seher in TATORT und BELLA BLOCK begeistert. In der Rolle als Sophia findet er nach einigen Anlaufschwierigkeiten beim Zuschauer die richtige Mischung die Rolle weitgehend glaubhaft zu transportieren. Optisch bietet er uns eine Mischung aus Charley Tante, Lilo Wanders, Olivia Jones und Mary & Gordy…wenn die noch jemand kennt. Man mag sich vorstellen wie schwierig doch einzelne Gesten für Striesow, die Körpersprache oder die Betonung in der Sprechweise gewesen sind und wie schnell man als Darsteller in den oft karikierten Tunten-Habitus fallen könnte.

Striesow kichert ganz reizend und vermeidet diese Klippen und nach einer kurzen Weile sieht man in ihm Sophia trotz seines sehr prägnanten Kinn und markanten Männergesichts. TRANSPAPA bietet eine fast klischeefreie Darstellung der schwierigen Situation der mit der eigenen Pubertät und Selbstfindung beschäftigten Tochter Maren, die von Luisa Sappelt hervorragend und stets mit einem guten Schuss Realismus, Aufbegehren und Melancholie dargestellt wird. In TRANSPAPA wird quasi eine Coming-of-Age Thematik mit einer Geschichte um Transsexualität kombiniert.

Die so wichtige Thematik rund um das Thema "Transgender", also der Wunsch der Abweichung von der biologisch vorgegebenen Geschlechterrolle, wird in Filmen viel zu wenig behandelt. Meist geschieht es dann in humorvoller Überzeichnung und mit mehr oder weniger Klamauk und man macht sich über Männern in Frauenkleidern lustig. Dies geht bis zu dem Phänomen, dass dies vor allem in karnevalistischem Kontext oft für Erheiterung sorgen soll. Ernsthafte Beiträge gibt es in den letzten Jahren nicht reichlich, mir fällt spontan der gänzlich anders gelagerte und auch von mir besprochene TOMBOY ein.

TRANSPAPA ist ein Highlight in diesem Umfeld und unterhält als Drama durchaus, spiegelt aber zugleich die Höhen und Tiefen der Emotionen von Betroffenen und ihrem Umfeld wider. Der Film schafft Raum für Reflexion und Diskussion zu diesem erbärmlicherweise oft totgeschwiegenen oder lächerlich gemachten Thema und findet gute darstellerische und dramaturgische Lösungen zur Vermeidung der meisten gängigen Klischees.

7/10 Punkten

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