Ach, wie ich sie mag – die kleinen, fiesen Filme, die gerade mal so innovativ und leicht gegen den Strich gebürstet sind, daß sie die Durchschnittszuschauer (z.B. die gängigen Rezensenten auf so „fachkundigen“ Seiten wie amazon.de ) ganz furchtbar überfordern.
Da wird dann bedrohliche Ruhe als dramaturgisches Loch ausgelegt und das Auslassen eines Soundtracks, der dem Zuschauer vorkaut, was er zu fühlen hat, ist dann gleich Sabotage am zahlenden Publikum.
Wer immer auch so denkt, der soll gar nicht erst zu „The Pact“ greifen, einem kleinen, relativ kurzen Film zum Thema Geister, Spuk und übernatürliche Präsenzen, der aber an der britischen, spanischen und amerikanischen Schule glatt vorbeiläuft, stattdessen seine Inspirationen aus dem Asiahorror vergangener Jahre bezieht (auch wenn er in den USA spielt).
Denn hier geht es nicht um Sehgewohnheiten oder Tempo, sondern um Stimmung und Atmosphäre. Nicholas McCarthy durfte, da geht es ihm ähnlich wie so vielen noch jungen Filmemachern, aus seinem eigenen Kurzfilm gleich noch einen Langfilm zaubern und hat es – und das ist lobenswert – geschafft, an dem entwickelten Plot nicht ein Gramm Fett zuviel dran zu lassen. Knapp über 80 Minuten Nettospielzeug reichen allemal, um ein Gefühl steter Zerstörung und dauerhafter Zerrüttung aufkommen zu lassen, ohne daß er es nötig hat, dazu auch noch extreme Gewalttätigkeiten aufzuführen.
McCarthy hat seine Vorbilder gut studiert und obwohl man Verwandtschaften in der Bildsprache erkennen kann, kopiert er zum Glück nie blass irgendwas. Von den Asiaten (wie etwa „The Grudge“) entleiht er den Ort des Geschehens, ein scheinbar banales Vorstadtheim in bräunlich-verwohnten Farben, banal und langweilig. Jahrelang das Wohnhaus der just verstorbenen Mutter, hält sich nun zur Nachlaßregelung gezwungenermaßen die Tochter dort auf und versucht, ihre Schwester ebenfalls zu diesem Schritt zu bewegen. Nur die labyrinthische Wohnung (insofern, daß die Kamera den Protagonisten bei ihrem Gang durch die Zimmer stets fügsam im Nacken sitzt), mäßige Beleuchtung, Stille rundum und ein Laptop spielen eine Rolle bei diesem Auftakt, der schließlich ziemlich unheimliche Töne anschlägt und wiederum in einer Szene kulminiert, die ihre Inspiration bei David Lynch entliehen hat.
Der Zuschauer rätselt also um das Verschwinden der einen Person, womit die Nächste ins Spiel kommt – Schwester Nr.2 ist noch widerborstiger, findet aber keine Spur von ihrer Vorgängerin. Eine Freundin ihrer Schwester, die sich um deren Kind kümmert, kann auch nicht weiterhelfen – aber besonders angenehm oder heimelig wird’s daheim auch nicht mehr. Und dann verschwindet die nächste Person und plötzlich mehren sich seltsame und beunruhigende Vorkommnisse.
„The Pact“ lebt natürlich davon, daß man nicht allzuviel von seinem Plot und dessen Wendungen weiß oder verrät, doch obwohl der Film ruhig inszeniert und ebenso erzählt ist, ist er nie leer, stets gibt es was zu entdecken, sei es zum psychischen Zustand der Hauptfigur, geheimnisvollen Fotos, einer seltsamen Familiengeschichte aus der Vergangenheit oder geisterhaften Umständen. Ob „The Pact“ nun wirklich übernatürlich oder nur mysteriös ist, soll noch nicht verraten werden – der Film kann zwischendurch (incl. Auftritt eines Mediums der grelleren Sorte) aber dennoch mit einer Reihe verquerer und unerwarteter Schock- und Schreckeffekte aufwarten und gipfelt schließlich in einem sehr intensiven Set Piece, bei dem die Puzzleteilchen der Geschichte sich dann auch zusammenfügen – und dennoch Interpretationsspielraum zulassen.
Wie nebenbei und mit sehr wenig Aufwand generiert der Film verstörende Momente, die man eben mal nicht kommen sehen kann und die durch den unglaublich sparsam eingesetzten Soundtrack von Ronen Landa zusätzlich Verwirrung auslösen. Als Ankerpunkt dient zwischendurch immerhin der Auftritt von Casper van Dien, der hier den ermittelnden Beamten spielt, keine große Glanzrolle, aber die Möglichkeit, den Film zwischendurch immer wieder kurz zu erden, ehe man dem Zuschauer wieder den Boden unter den Füßen wegzieht.
„The Pact“ ist subtiler, schräger Grusel und sollte nur mit Vorsicht genossen werden, wenn man eher auf das eventgepackte Popcornmaterial oder das flotte Gesplattere aus ist – er ist untypisch und gerade deswegen über weite Teile hochgradig wirksam, sofern man mit dem Tempo und der Erzählweise klarkommt.
In dieser Hinsicht hat mir alte Horrorsocke dieser Film tatsächlich ein paarmal Gänsehaut beschert, leichte Abzüge beim Feinschliff eines begabten Debütanten mal beiseite. (8/10)