AnnaLynne McCord, - eine Frau, die wir Männer eventuell aufgrund irgendwelcher aufreizender Candids oder von einem Photoshoot kennen, uns vielleicht noch vage an „Day of the Dead“ erinnern, da wir ansonsten natürlich „90210“ verschmähen. Also eine attraktive Dame Mitte Zwanzig.
Was uns hier allerdings bereits in den ersten Einstellungen entgegenblickt, wirkt wie ein abgemagerter Heroin Junkie mit massivem Schlafentzug, der nicht entfernt an ein ehemaliges Model erinnert, - und das aus gutem Grund.
Pauline (McCord) ist Außenseiterin an der High School, aber auch innerhalb ihrer Familie, denn ihre Mutter Phyllis (Traci Lords) maßregelt sie in allen erdenklichen Situationen, während eigentlich nur ihre jüngere Schwester Grace (Ariel Winter) Verständnis für die pubertierende Pauline aufbringt. Immer mehr vermengen sich bei ihr Visionen und Wahnvorstellungen, bis sie schließlich komplett den Boden unter den Füßen verliert…
Als reiner Horrorfan sollte man nicht mit allzu blutigen Erwartungen an die Sache herangehen, denn Pauline ist kein psychopathischer Killer, wenngleich ihre merkwürdige Gestik etwaiges vermuten ließe. Vielmehr liefert „Excision“ (im Medizinischen: Ektomie, also das Herausschneiden) ein untypisches Coming-of-Age Drama, welches total gegen den Strom konventioneller US-Amerikanischer Vorbilder schwimmt, indem er die Prüderie mit schonungslosen Details ad absurdum führt und statt feuchter Mädchenträume perverse und ebenso blutige Phantasien sexueller Abnormitäten freien Lauf lässt. Nicht umsonst stellt Pauline während des Unterrichts die Frage, ob Geschlechtsverkehr mit Toten ansteckende Krankheiten mit sich brächten.
Paulines Welt ist eine einsame, jedoch auch eine selbstbewusste, die sich im Alltäglichen dreist alles nimmt, wonach ihr ist. Der eigentlich in festen Händen befindliche Schulfreund wird für sexuelle Begierden ausgenutzt, der Pfarrer und Therapeut (John Waters) ist nach jeder Sitzung völlig down, während selbst der Liebe Gott, zumindest was Paulines Gebete anbelangen, so einige Kompromisse schließen soll und mit Coolness über einige Fehltritte hinweg sehen möge.
Da erinnern so einige Aspekte an „Carry“. Angefangen von der extremen Mutter, über die sexuelle Desorientierung, hin zum Selbstverständnis, was Machtausübung im Ernstfall für Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Debütant Richard Bates Jr. macht im Grunde vieles richtig, indem er sich auf die Figuren konzentriert, unwesentliche Fakten außer Acht lässt und auch das sonderbare Verhalten Paulines eher zum Mysterium vernebelt und sich stattdessen auf recht bizarre Visionen stützt, welche streng genommen viele Details der wirren Gedankenwelt Paulines auf den Punkt bringen. Besonders das konsequente Ende hat es in sich, denn ein einschneidendes Ereignis musste die Potenzierung vieler schlimmer Erfahrungen der Hauptfigur schließlich mit sich bringen.
Ein besonderes Lob geht dabei eindeutig an AnnaLynne McCord, die wie seinerzeit Charlize Theron in „Monster“ unglaublich viel Mut zur Hässlichkeit mitbringt. Ihr ohnehin schmaler Körper wirkt in den viel zu weiten Klamotten beinahe knabenhaft, die dunklen Augenringe und die unreine Haut sprechen nicht gerade für ein lebensfrohes Gemüt und auch die krumme Körperhaltung muss man als gefragte Hollywoodschönheit erstmal beherrschen. Eine tolle Performance, an die selbst ein erfahrener Mime wie Malcolm McDowell oder die einstige Pornoqueen Traci Lords als gestrenge Mutter kaum heranreichen können.
Als Mystery-Drama hat der Streifen durchaus seine Stärken, auch wenn er noch etwas tiefer in die Psyche der Hauptfigur hätte eindringen und die Wahnvorstellungen ein wenig variabler gestalten können. Die rund 81 Minuten gestalten sich indes unterhaltsam und halbwegs spannend, darstellerisch gibt es überhaupt nichts auszusetzen, nur rein storytechnisch dümpelt die Chose ein wenig vor sich hin, denn aufgrund des unberechenbaren Charakters von Pauline hätte gewiss noch etwas mehr Blut fließen können…
6,5 von 10