Scheinbar das Übliche serviert bekommen und dann alles auf den Kopf stellen, nach diesem (durchaus erfolgreichen) Prinzip funktioniert auch „No One Lives“, ein sehr ordentlicher Horror-Genrebeitrag von Rhuhei Kitamura („Versus“, „Midnight Meat Train“), dem man die Produktion für Genrefans und Festivals aber recht stark anmerkt, für das Kino scheint der Film schon fast etwas zu „klein“.
Die alte Mär vom Pärchen on the road, das umziehen will und sich mit den falschen Leuten anlegt, wird hier komplett auf den Kopf gestellt, wenn die Bedrohung durch eine semi-durchgeknallte Gruppe/Bande/Familie von Berufsverbrechern unvermeidbar wird und sich der scheinbar duckmäuserige Typ als finsterer Serien-Psychokiller entpuppt, der einen unheilvollen Einfluss auf seine weiblichen Begleitungen ausübt und diese gern zu seiner Weltsicht bekehrt. Im Kofferraum liegt dann auch das blonde Entführungsopfer, dass die Verbrecher lieber nicht aufgestöbert hätten, denn von nun an geht draußen im dunklen Tann der Killer auf die Jagd.
Was so jetzt total reizvoll klingt, ein Film ohne wirklich „gute“ Charaktere, bei dem fast jeder einen bis zwölf Knackse weg hat, würde wesentlich besser funktionieren, wenn die Gruppe um Lee Tergesen und Derek Magyar nicht so semi-deppert und hillbillyesk auftreten müsste. Die zwar durchaus gewaltbereite, aber emotional kaum im Zaum gehaltene Sippe ist von Anfang an kein Gegner für den innerlich bizarr ausbalancierten Überall- und Nirgends-Killer, den auch der bemüht augenrollende Psycho Magyar nie im Leben wird endgültig ausschalten können.
Gleichzeitig ist das eine zusätzliche Hypothek, denn das Ungleichgewicht der Figuren ohne massiven Gegencharakter macht alsbald deutlich, dass es auf einen finale Konfrontation zwischen Killer und Entführungsopfer hinaus läuft und damit erstirbt dann auch bald das Interesse, bis es endlich soweit ist.
Natürlich gibt es ein paar schöne groteske Ideen, es spritzt auch ordentlich Blut und es gibt ein paar gute Jokes, aber das ist eigentlich kein Terrain für Kitamura, eher schon für Kevin Williamson – und zwar den von 1996.
Die gute Idee, recht altmodisch ausgebaut und versiert abgefilmt, ist eine hübsche Direct-to-DVD-Idee und wird den Fans sicherlich Spaß machen, doch kann er das Versprechen seiner Prämisse aus den ersten 15 Minuten leider nicht ganz einlösen. (5/10)