Ein attraktives Paar wird bei der Reise durchs Land während eines Besuchs in einem Diner von dem ansässigen Psycho Flynn und seinen Schergen drangsaliert und beim Verlassen des Restaurants überwältigt. In eine einsame Hütte verschleppt, greift das Mädchen zu dem drastischen Schritt, sich das Leben zu nehmen. Das ist nicht die einzige Überraschung für die Hillbillys: Denn der entführte Mann, der sich einfach nur Driver nennt, gibt sich seinerseits als mit allen Wassern gewaschener Serienmöder zu erkennen und dreht den Spieß um.
Nachdem Regisseur Ryûhei Kitamura 2008 mit seinem "The Midnight Meat Train" einen knallharten Horrorfilm präsentierte, konnte man nun sehr gespannt auf sein neuestes Werk "No One Lives" schauen, das beim Zuschauer ganz sicher schon im Vorfeld eine gewisse Erwartungshaltung aufsteigen ließ. Und ehrlich gesagt ist hier wieder ein äußerst intensives und hartes Filmchen entstanden, das von der ersten Minute an vor allem durch seine extrem dichte Grundstimmung auf sich aufmerksam macht. Die Geschichte an sich bietet dabei bestimmt nichts sonderlich Innovatives, denn ähnlich gelagerte Szenarien hat man doch schon oft genug gesehen, doch die sehr intensive Umsetzung des Ganzen trägt jederzeit Sorge dafür, das der Betrachter nur zu gern die Geschehnisse verfolgt, die von einem ansehnlichen Härtegrad durchzogen sind. Dabei sollte man jedoch anmerken, das die deutsche DVD-Veröffentlichung leider der Schere zum Opfer fiel und um gut 95 Sekunden erleichtert wurde. Dennoch bietet selbst diese Version noch einige blutige Passagen und offeriert einen erstklassigen Horror-Thriller, an dem man durchgehend seine Freude haben kann. Um in den Genuss der ungeschnittenen Version zu gelangen, muss man jedoch einmal mehr tiefer in die Tasche greifen und das über Österreich erscheinende Mediabook erwerben, was dem geneigten Fan wieder einmal ein Dorn im Auge ist.
Die in der Inhaltsangabe erwähnte Gang legt sich in dieser Story mit genau dem Falschen an, entpuppt sich doch der junge Driver (Luke Evans) als ausgewachsener Psycho und Serienmörder, was den einheimischen Gangstern überhaupt nicht bekommt. Driver macht nämlich keine Gefangenen, vielmehr legt der gute man eine Eiseskälte an den Tag und befördert einen nach dem anderen ins Jenseits. In einem Nebenerzählstrang wird gleichzeitig auch die Beziehung zwischen ihm und einem Entführungsopfer thematisiert, wobei Kitamura hier die psychologische Tiefe der Beziehung leider nur sehr oberflächlich ankratzt und durch einige kleinere Flashbacks unterlegt. An dieser Stelle kann man eigentlich die einzige Schwäche dieses Filmes ausmachen, denn dieser Part der Ereignisse hätte doch einen weitaus größeren Raum einnehmen sollen und hätte das Szenario noch einmal zusätzlich aufgewertet.
Doch trotz dieser Schwäche eröffnet sich eine Story, die in erster Linie von ihrer bedrohlichen Atmosphäre und der erstklassigen Performance ihres Hauptdarstellers zehrt. Luke Evans macht in der Figur des Psychopathen nämlich einen erstklassigen Eindruck, seine fast schon stoische Mimik und die gesamte körperliche Präsenz verleiht der Person etwas sehr unheimliches und man möchte diesem Menschen auf keinen Fall im Dunkeln begegnen. Anscheinend vollkommen emotionslos lässt er keinerlei Skrupel erkennen und die Ermordung seiner Gegner erscheint wie das normalste auf der Welt. An Stelle von Blut scheint ihm Eiswasser durch die Adern zu fließen und dieser Eindruck löst auch beim Betrachter eine ganze Menge Unbehagen aus, so das man sich durchgehend nicht unbedingt wohl in der eigenen Haut fühlt. Wenn man sich einmal den vorliegenden Schnittbericht anschaut dann sieht man, das der Film in der ungeschnittenen Version durch diverse explizite Gewaltdarstellungen noch um einiges härter wirkt, als es schon bei der deutschen DVD der Fall ist. Kitamura hat hier meiner Meinung nach genau die richtige Mischung aus Gewalt-und atmosphärischem Horror-Thriller gefunden, was schon fast automatisch für ein äußerst intensives und lohnenswertes Filmerlebnis sorgt, das man sich keinesfalls durch die Lappen gehen lassen sollte.
Als einziges Manko ist also wie schon kurz erwähnt die fehlende psychologische Tiefe zu nennen, denn eine tiefer gehende Beleuchtung der Beziehung zwischen Driver und seinem Entführungsopfer wäre absolut wünschenswert gewesen, hätte die Geschichte dadurch doch auch rein inhaltlich noch einmal einen aufwertenden Schub erhalten. Aber auch so ist "No One Lives" definitiv eine Sichtung wert, nur leider ist der Spaß schon nach knapp 74 Minuten Netto Laufzeit zu Ende. Da hätte es sich doch förmlich angeboten, dem Ganzen noch einige zusätzliche Minuten zu verpassen, in denen der psychologische Aspekt des Szenarios dann den Raum erhalten hätte der ihm eigentlich zusteht.
Fazit:
"No One Lives" ist ein kleiner und sehr fieser horror-Thriller, den man sich selbst in der deutschen Version recht gut anschauen kann. Fans werden aber sicherlich auf das ungeschnittene Mediabook zurückgreifen, das die ganze Szenerie durch zusätzliche Gewaltszenen noch einmal ungemein härter machen. Wie dem aber auch sei, auf jeden Fall lohnt sich eine Sichtung dieses Werkes, in dem Kitamura einmal mehr sein Gespür für den intensiven Horror unter Beweis gestellt hat.
6,5/10 für die geschnittene Version