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Andrew ist ein introvertierter Kameranarr (ähnlich dem Kerl aus AMERICAN BEAUTY, nur nicht ganz so wunderlich und sexuell erfolgreich), der alles filmt, was ihm vor die Linse kommt. Zusammen mit seinen Freunden Matt und Steve, ebenfalls Highschool-Außenseiter-Typen, macht er eines Tages eine seltsame Entdeckung, eine Art Komet oder Satellit, die ihm und seinen Freunden telekinetische Fähigkeiten verleiht. Die übersinnlichen Fähigkeiten mutieren nach hartem Training zu wahren Superkräften. Doch Andrew, der weder der Außenseiterrolle, noch seinem prügelnden Vater und seiner todkranken Mutter entfliehen kann, droht von juvenilem Frust geleitet seine Kräfte für dunkle Zwecke einzusetzen.
Das vorliegende Filmmaterial besteht nun aus den Kameraaufzeichnungen von Protagonist Andrew und anderer filmfreudiger Kamerabesitzer…

Die Vermengung des Superhelden-Themas mit dem Authentizität vermittelnden Found-Footage-Konzept ist gewiss nicht uninteressant. Dennoch bleibt, wie in beinahe jedem Found-Footage-Streifen die Frage offen, ob es denn wirklich so realistisch ist, dass die Protagonisten in jeder noch so bescheuerten, heiklen, halsbrecherischen oder sei es einfach belanglosen Szene die Kamera laufen haben. Sogar im Showdown, wenn es zum Endkampf über den Wolkenkratzern zwischen den mittlerweile verfeindeten Freunden kommt, filmt die Kamera mit. Ist das noch realistisch? Der Film meint "ja", sind die Protagonisten doch mit der Fähigkeit ausgerüstet, die Kamera um sich herum schweben zu lassen, womit man gleich wieder eine Hand mehr frei hat, um seinem Gegenüber schwebende Omnibusse entgegen zu schleudern. Ah ja, da macht das natürlich auch wieder Sinn, dass selbst, wenn die Freunde über den Wolken schweben, das Bildmaterial kaum verwackelt, wurde die Kamera halt einfach per Telekinese stabilisiert…
Okay, kann man über diesen Denkfehler, der aber eigentlich jedem Found-Footage anhaftet, hinwegsehen, so wird man an CHRONICLE doch tatsächlich seine wahre Freude haben. Mit dem relativ schmalen Budget von „nur“ 12 Mio. Dollar gelang Regisseur Josh Trank ein überaus ordentliches Leinwand-Debüt, teils spaßig, teils bitter ernst. Die jugendlichen Minderwertigkeitsgefühle und den Wunsch, über sich hinaus zu wachsen, mit übernatürlichen Kräften kompensierend, entstehen Momente voller Überlegenheit und Entfesselung. Doch wie wir schon in KICK-ASS und SUPER gelernt haben, sind Superhelden auch nichts anderes als Außenseiter. Der Drang nach Anerkennung und Ruhm bleibt also verwehrt.

Die FX, z.B. bei der Demolierung der Stadt, sind gut gemacht. In den Hauptrollen finden sich viele unverbrauchte Jungdarsteller, wie z.B. Dane DeHaan und Alex Russell. Die Kamera wackelt für Found-Footage erfreulich wenig. Wer an Filmen wie CLOVERFIELD, TROLL HUNTER oder APOLLO 18 Gefallen fand, dem wird auch CHRONICLE munden.
Ein paar Sachen hätte man vielleicht anders machen können, wie z.B. das Finale, das irgendwie kein wirkliches Ende darstellt, aber Teil 2 ist ja schon so gut wie in der Mache, hähä… Auch wirken die Charaktere etwas platt und schablonenhaft. Die hier präsentierten „Helden“ wirken aber zumindest wie authentische Bengels von Nebenan, denen zufällig Superkräften verliehen wurden: sie nutzen sie aus, sie haben Mordsgaudi damit und sie missbrauchen sie.

Fazit:
Nicht unbedingt super gut, aber doch durchwegs gut.

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