Nachdem Richard Brooks 1966 mit „The Professionals“ einen kleinen Klassiker des Westerns geschaffen hatte, besuchte er das Genre neun Jahre später mit „Bite the Bullet“ erneut.
Grundlage des Films ist ein reales 700-Meilen-Rennen mit dicker Geldprämie, hier 2.000 Dollar, die eine Menge von Teilnehmern gewinnen wollen. Zu den in der Exposition vorgestellten Glücksrittern gehören der junge Heißsporn Carbo (Jan-Michael Vincent), die ehemalige Prostituierte Miss Jones (Candice Bergen), der britische Gentleman Sir Harry Norfolk (Ian Bannen) und der alte Haudegen Luke Matthews (James Coburn). Der reiche Jack Parker (Dabney Coleman) nimmt nicht persönlich teil, lässt aber einen professionellen Reiter und ein edles Ross antreten, womit er die kapitalistische Kraft darstellt, die im Western meist das Ende für das freie unkomplizierte Leben der Naturburschen bedeutet.
Ein solcher ist Sam Clayton (Gene Hackman) durch und durch. Eigentlich soll der Tierfreund und Reitprofi bloß Parkers Pferd überführen, entscheidet sich jedoch zur Teilnahme an dem Rennen, nachdem sein Arbeitgeber ihm dumm kommt und ihn aufgrund einer Verspätung nicht bezahlen will. Clayton ist die große Lichtgestalt des Films: Weise, erfahren, tierlieb, freundlich und doch energisch, wenn es sein muss. Da er auch noch ein famoser Reiter ist, schlottern der Konkurrent bereits die Butzen, auch Sams Freund Luke, der sein gesamtes Vermögen auf den eigenen Sieg gesetzt hat.
So treten dann neun Reiter zu dem harten 700-Meilen-Rennen an, für das sie eine Woche Zeit haben, bei dem sie ihre eigene Route suchen dürfen und gewisse Checkpoints zu passieren haben. Der Weg ist kein leichter, wobei die Kontrahenten sich untereinander besser kennenlernen…
Wie schon „The Professionals“ ist auch „Bite the Bullet“ kein klassischer Western, sondern mehr auf bunte Attraktionen aus, wobei „Bite the Bullet“ wenig vom zynischen bis resignativen Tonfall der Spätwestern seiner Zeit ist. Hier ist der Wilde Westen ein buntes Abenteuer, Technik wie das Gefährt des Reporters machen die Cowboys nicht überflüssig und Witzchen und Kunststücke ist, gerade in der Anfangsphase des Films, immer Zeit, etwa wenn Carbo mit seinem Pferd in eine Bar einreitet und dem Gaul ein Bier bestellt, was dieser auch direkt wegschlabbert. Tatsächlich finden sich auch ernstere Momente in Brooks‘ Film, etwa der Subplot um einen gealterten Reiter, der das beschwerliche Rennen mitmacht, obwohl er eigentlich nicht fit genug dafür ist, aber durch den Sieg noch einmal Ruhm ernten will. Doch trotz mitunter tragischer Einzelschicksale, der Western und sein Mythos stehen hier nie auf dem Spiel.
Was nicht bedeutet, dass Brooks‘ nichts zu erzählen hätte. Denn gerade der versöhnliche Ton des Films unterscheidet ihn von diversen Genrekollegen. Selten tauchen wirklich böse Figuren auf, selbst der Geldsack wirkt eher wie ein nerviger Popanz und weniger wie ein Antagonist, zumal der bei ihm angestellte Reiter Clayton großen Respekt entgegenbringt. So halten die Konkurrenten im Rennen zusammen, etwa wenn Clayton und Miss Jones einem mexikanischen Reiter aus einer Patrone eine Zahnkrone basteln (daher auch der Titel „Bite the Bullet“); manche Figuren müssen Demut lernen, so wie Carbo, doch in der Welt von „Bite the Bullet“ ist das möglich und gewünscht. Allenfalls der eine oder andere Bandit wird wegen fehlenden Reformpotentials oder mörderischer Verfehlungen seinerseits abgeknallt.
Andrerseits zerfasert „Bite the Bullet“ ein wenig in Einzelepisoden, die in wunderschönen Widescreenbildern und satten Farben festgehalten werden. Da werden Flüsse durchquert, Begegnungen mit Bären und Banditen gemeistert oder auch mal ein Feuergefecht oder eine Schlägerei in Szene gesetzt, was für Schauwerte sorgt, gerade in Sachen Pferdestunts: Die Hottehüs bäumen sich auf, springen über Hindernisse oder stürzen gar in einen See hinein. Das ist prächtig anzusehen, lässt aber stellenweise auch Kohärenz vermissen: Vom System des Rennens und den Platzierungen erfährt man fast nie etwas, die Einzelstrecken sorgen für neue Herausforderungen wie Schnee, Hitze oder bergiges Gelände, damit stets etwas Neues wie Gefährliches präsentiert wird, doch so wirklich übergreifenden Zug hat der Rennplot nicht. Tatsächlich schälen sich potentielle Sieger in erster Linie vor allem dadurch heraus, dass das Feld nach und nach ausgedünnt wird.
Wobei zumindest die Frage nach dem moralischen Sieger bereits im Voraus geklärt ist: Clayton ist dermaßen herzensgut, tugendhaft und fähig, dass es schon etwas langweilig ist, gerade inmitten all der sonst eher fehlerhaften oder beschädigten Mitstreiter an seiner Seite. Für eine echte Underdogstory fehlen ihm die Ecken und Kanten, sodass man nur selten wirklich mit ihm mitfiebert. Dass ausgerechnet seine Tierliebe und sein Engagement für Pferde in den Mittelpunkt gestellt werden in einem Film, der so einige halsbrecherische Pferdestunts enthält, entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie.
Tatsächlich ist es der raue Charme Gene Hackmans, der diesen Idealnaturburschen noch zur sympathischen Figur macht, während James Coburn als harter Hund mit Ecken und Kanten, zwischen Loyalität zum besten Kumpel und Siegeswillen hier klar die dankbarste Rolle hat. Candice Bergen überzeugt als Frau in einer Männerwelt, aus Jan-Michael Vincent holt Brooks ebenfalls eine ziemlich gute Performance heraus und auch der Rest des Ensembles überzeugt.
Toll inszeniert und gut besetzt ist „Bite th Bullet“ schon, auch der Ton von Sportmannsgeist und Versöhnung gibt dem Westernabenteuer einen angenehmen Touch abseits eingefahrener Gut-Böse-Schemata, jedoch kann das nur teilweise aufwiegen, dass Brooks‘ Film recht episodenhaft zerfasert ist. Da können auch die netten Schauwerte nur teilweise drüber hinwegtrösten.