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1967 inszenierte King Hu den Wuxia-Film „Herberge zum Drachentor“, der wiederum 1992 mit „New Dragon Gate Inn“ ein Remake erfuhr. 2011 setzte Tsui Hark dieses Remake mit „Flying Swords of Dragon Gate“ fort, erscheint dabei eher an technischen denn inhaltlichen Aspekten interessiert.
Das ist schon an der Eingangsszene zu sehen, in welcher die Kamera einen Hafen und mehrere Schiffe durchschwebt und einen einführt in das China am Ende der Ming-Dynastie. Der Kaiser sitzt abgeschieden auf seinem Herrschaftssitz, während der Geheimdienst, aufgeteilt in westliche und östliche Geheimpolizei, die wahre Macht ausübt, wenn ihm nicht gerade tapfere Rebellen wie Zhao Huaian (Jet Li) ihnen in die Suppe spucken und den dabei kräftig Wirework-Keile austeilen, etwa wenn der tapfere China-Robin-Hood den Chef der östlichen Geheimpolizei abserviert.
Dummerweise hat damit Yu Hatian (Chen Kun), der Boss der westlichen Geheimpolizei, damit noch mehr Einfluss, den der gewiefte Machtmensch ausnutzt und vor allem die Lieblingskonkubine des Kaisers umgarnt, die jeden töten lässt, der ihrem Schatzi amourös zu nahe gekommen ist. Eine schwangere Konkubine ist noch auf der Flucht und wird bereits von den Geheimdienstlern gejagt. Als die Häscher sie stellen, schreitet jedoch Ling Yanqiu (Zhou Xun) ein, beschützt sie und gibt sich überdies noch als Zhao aus, was dieser aus der Entfernung mithört.

Nach und nach verschlägt es die Helden in die Herberge am Drachentor, die wegen eines drohenden Sandsturms geräumt werden soll. Eine Truppe Mongolen sowie zwei chinesische Schatzsucher räumen sich das Feld zu räumen, da sie eine verborgene Stadt und den entsprechenden Schatz bergen wollen. Derweil sammelt sich der Geheimdienst in einer nahen Poststation…
Mehrere Parteien mit verschiedenen Interessen, ein abgeschiedener Ort und ein sich schließendes Zeitfenster, das klingt nicht nur nach einer wilden Gemengelage, sondern auch nach der Grundlage für Krimispannung. Denn schon bald verlässt der Film die eher opulente Weite seines Eröffnungsdrittels und fokussiert sich auf die Geschehnisse in der Herberge, bei denen viele Parteien mit gezinkten Karten spielen, einander belügen und betrügen, den Wein tatsächlicher und vermeintlicher Feinde vergiften und die Aggression stets in der Luft liegt, aber selten ausbricht. Das mag etwas seltsam sein, wenn das anfängliche Wuxia-Epos immer mehr in Richtung Kammerspiel geht, kleine Ausflüge nach außerhalb nicht ausgeschlossen, aber hat seinen Reiz.
Leider deckt „Flying Swords of Dragon Gate“ viele seiner Karten enttäuschend schnell auf und verliert sich oft in überlangen Mono- und Dialogen, die meist nur das Offensichtliche ausbuchstabieren und das Tempo nach unten drücken. Vieles ist offensichtlich, etwa um wen es sich bei Ling handeln könnte, auch wenn eine Überraschung kurz vor Schluss tatsächlich noch einmal das Potential hat dem Zuschauer die Socken auszuziehen. Die Manöver der verschiedenen Parteien sind mal mehr, mal weniger clever und verzwickt, wobei zumindest eines davon, welches die frappierende Ähnlichkeit eines Schatzsuchers mit dem Geheimdienstchef ausnutzt, für eine launige Überlistungseinlage gut ist, von denen Film gerne mehr hätte haben können.

Weniger wäre dagegen ist Sachen CGI schön gewesen, das Hark in seinen vorigen Filmen oft maßlos einsetzte. Hatte „Detective Dee“ im Vorjahr wieder mehr Maß und einen sinnvolleren Einsatz bewiesen, so wird der Zuschauer hier wieder mit Tricktechnik erschlagen, die oft allein für 3D-Gimmicks da ist (etwa wenn Baumstämme in Richtung Kamera fliegen), den Film dabei aber nie weiterbringen. So ist auch die Martial-Arts-Action ein Mix aus gut choreographierter Kampfkunst und wireworkgestützten Gefliege der künstlichen und eher unästhetischen Art, wobei immerhin die Methoden der Kämpfer stellenweise Einfallsreichtum beweisen: Messerscharfe Seidenschnüre und Wurfmesser, die nach dem Steckenbleiben als Weiterleitemöglichkeit für weitere Wurfmesser dienen, gehören zu dem Repertoire und werten den etwas unausgegorenen Mix aus Historienaction, Schatzsucherabenteuer und Kriminalstück auf.
Im Dienste letzteren Genres steht dann auch der Ensemblecast, der Actionstar Jet Li als vermarktbares Zugpferd ins Feld bringt, der in der oft dargestellten Rolle des Volkshelden zu überzeugen weiß. Klasse ist auch Chen Kun in seiner Doppelrolle als abstoßender Schurke und sorgenfreier Tunichtgut, während Zhou Xun als geheimnisvolle Kämpferin ebenfalls punkten kann. Der Rest vom Cast geht da leider hin und wieder etwas unter; allenfalls die Darsteller der Mongolen bleiben noch im Gedächtnis, aber eher durch ihr martialisches Äußeres. Schade ist auch, dass den Figuren kaum Background gegeben wird, weshalb meist egal ist, wenn sich jemand als Verräter herausstellt, in Gefahr gerät oder stirbt, was die Wirkung des Films schon sehr schmälert.

„Flying Swords of Dragon Gate“ leidet unter einem Problem, das sich in Tsui Harks Spätwerk immer wieder manifestiert: Ein Desinteresse am Plot, gepaart mit einer Fokussierung auf Oberflächenreize, oft in Verbindung mit bestenfalls mittelgutem CGI. Der Genremix beweist Potential, gerade wenn sich die Parteien belauern und (viel zu selten) gegenseitig austricksen, die Kampfszenen sind dann gut, wenn das Maß an Computertricks und Wirework nicht überhandnimmt. Für Größeres wären aber mehr Handgemachtes und bessere Figuren vonnöten gewesen.

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