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Nachdem US-Regisseurin Penelope Spheeris (“Suburbia”, “Wayne’s World”) mit dem ersten Teil ihrer Dokumentarfilmreihe einen intimen Einblick in die L.A.-Punkszene erlaubte, widmete sie sich von 1986 bis 1988 der Heavy-Metal-Szene – bzw. dem, was sie dafür hielt. Auf den ersten Blick scheint dem Film das gleiche Konzept wie dem Erstling zugrunde zu liegen, sprich: Keine Off-Kommentare, sondern ausschließlich O-Töne aus Interviews und Livemitschnitte der Protagonisten.

Jedoch ist bereits der Name irreführend. AEROSMITH beispielsweise spielen sicherlich vieles, aber gewiss keinen Metal. Ebenso fraglich ist es, inwieweit Hard-/Cock-/Poser-/Glamrock-Acts wie FASTER PUSSYCAT, POISON etc. zum Metal-Bereich zu zählen sind. Trotzdem nehmen diese Gruppen neben u.a. KISS, OZZY OSBOURNE, MEGADETH, Lemmy von MOTÖRHEAD und Chris Holmes von W.A.S.P. einen großen Teil des Films ein. Liveaufnahmen gibt es hingegen lediglich von LIZZY BORDEN, SEDUCE, LONDON, ODIN und eben den bereits erwähnten FASTER PUSSYCAT zu sehen, die wirklich großen Namen wurden in dieser Hinsicht also ausgespart.

Stattdessen rücken sich die Bandmitglieder teilweise aberwitzig in Szene (Paul Stanley von KISS im Bett, umringt von Frauen, Ozzy Osbourne in irgendeiner Küche bei der Frühstückszubereitung, Chris Holmes betrunken im Swimmingpool, an dessen Rand seine Mutter (!) sitzt etc.) und labern viel, viel hirnlose Scheiße von Geld, Ruhm, Drogen und Sex. Einige Szenen sind dabei eindeutig gestellt (Chris Holmes überkippt sich angeblich mit Fusel) bzw. wurden nachträglich eingefügt (eine Großaufnahme von angeblich Osbournes Hand, wie sie beim Einschenken von Orangensaft den Großteil danebenkippt), was den dokumentarischen Anspruch ad absurdum führt. Überhaupt ist mir die Intention des Films unklar: Wenn die bereits damals dem Untergang geweihte Poser-Szene vorgeführt werden sollte – was sie definitiv wird -, warum beschränkte man sich nicht auf einen Film über eben jene Unkultur? Warum werden MOTÖRHEAD-Lemmy und MEGADETH in so einem Film verwurstet, in den auch eine Band wie SEDUCE nur bedingt passt? Wollte man einen Gegenpol aufzeigen? Sicherlich nicht, dann wären die entsprechenden Interviews anders ausgefallen. Oder hatte man alle Bands über einen Kamm scheren wollen und hat die grundlegenden Unterschiede zwischen ihnen gar nicht erkannt? Sollen die Fake-Szenen andeuten, dass es sich bei den Gruppen um reine Showacts handelt, an denen ebenfalls nichts echt ist?

Wie dem auch sei, Gene Simmons versucht sich ein wenig in Selbstironie, Ozzy Osbourne sieht aus wie eine wahnsinnige Hausfrau, verfügt aber über einen fatalistischen Humor und Dave Mustaine von MEGADETH wird ein paar Statements los und darf seinen Song „In My Darkest Hour“ anreißen. Und witzig ist es allemal, die ganzen Poser-Tunten mit ihren affigen Frisuren zu beobachten, vor allem, wenn der Nachwuchs von ebenfalls großen Rockstar-Karrieren träumt, man rückblickend aber weiß, dass sich das Publikum nur allzu bald von der ganzen Scheiße ab- und ehrlicherer, gehaltvollerer Musik zugewandt hatte, was Anfang der 1990er dann als „Grunge-Boom“ ausgeschlachtet wurde. Vielleicht trug dieser Film auch zu dieser Entwicklung bei.

Als vernünftige Metal-Dokumentation taugt „The Decline Of Western Civilization, Part 2: The Metal Years” aber so gut wie nichts. Während Spheeris mit ihrer Arbeit über die L.A.-Punks ein faszinierender Einblick in einen spannenden Underground gelang, bewegt sich dessen Nachfolger fast ausschließlich an der entstellten Mainstream-Oberfläche der härteren Rockmusik, beschränkt sich auf nur wenige Stilrichtungen und verteilt seine Prioritäten zu Ungunsten der wirklich interessanten Bands und Subszenen jener Zeit. Insofern eine Mogelpackung.

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