Lucy Lust ist eine französische Pornodarstellerin, die in den USA arbeitet. Vom Pornobusiness ausgebrannt und angewidert beschließt sie eines Tages, ihre Karriere zu beenden und sich in eine abgelegene Villa in Miami zurück zu ziehen. Ein bekannter und vermeintlich wohlhabender Erotikstar wie Lucy Lust bleibt jedoch nicht lange unbemerkt. Ihre Anwesenheit spricht sich in der Nachbarschaft herum und zieht die Aufmerksamkeit von düsteren Gestalten auf sich. Als Lucy von einem gemeinsamen Essen mit dem jungen Jeremia zurückkehrt, werden die beiden bereits von Einbrechern erwartet und brutal überwältigt. Es folgen Tage voller Terror, Gewalt, Missbrauch und Erniedrigungen.
"I Spit on your Grave" trifft auf "Martyrs"
Ob man sich mit diesem reisserischen Vergleich auf dem DVD-Cover einen Gefallen getan hat mag ich nicht zu beurteilen, jedoch werden mit diesem Satz auf jeden Fall hohe Erwartungen beim Zuschauer geschürt, der sich nur zu gern von solchen Schlagzeilen in die Irre leiten lässt. Zuerst sollte man vielleicht anmerken, das "Villa Captive" auch nicht im Entferntesten etwas mit "Martyrs" zu tun hat, jedenfalls konnte ich keine Ähnlichkeiten erkennen. Der Vergleich mit dem oben genannten Rape and Revenge Klassiker ist jedoch gar nicht einmal unzutreffend, zielt die hier erzählte Geschichte doch schon sehr in die Richtung von "I Spit on your Grave", ohne jedoch die Klasse des genannten Werkes zu erreichen. Damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen, es handelt sich in vorliegendem Fall um einen durchaus stellenweise harten Film, wobei der eigentliche Härtegrad eher im Kopf des Betrachters stattfindet, da die meisten brutalen Passagen zumeist nur angedeutet werden. Es gibt auch blutigere Einstellungen, doch insgesamt gesehen bewegt sich das Ganze in einem äußerst überschaubaren Rahmen, der zu keiner Zeit gesprengt wird.
Liza Del Sierra wagt hier einmal den Sprung in das seriöse Filmgeschäft, ist die attraktive Darstellerin doch ansonsten aus Hardcore-Produktionen bekannt. Nun fällt sie in ihrer Rolle als Pornodarstellerin (welch Ironie des Schicksals) zwar nicht unbedingt durch eine herausragende Performance auf, jedoch ist ihr Schauspiel keinesfalls so schlecht, wie man es eventuell vermuten könnte. Die Schwächen des Szenarios liegen vielmehr im Drehbuch begründet, das scheinbar ab dem Zeitpunkt endet, wo die beiden Hauptfiguren als Geiseln genommen werden. Wies der Film bis dahin noch eine erkennbare Struktur auf, so nehmen die danach folgenden Ereignisse doch arg konstruierte Züge an. Manch einer mag mich jetzt eventuell steinigen wollen, doch vertrete ich die Meinung, das dies dem Film insgesamt gesehen zu Gute kommt. Merkt man doch insbesondere am fahrigen Verhalten der Geiselnehmer das im Prinzip nichts von dem geplant war, was die Story nun noch zu bieten hat. Zugegebenermaßen erscheinen etliche Abläufe schon arg zufällig, wodurch allerdings in meinen Augen eine durchaus authentische Situation entsteht, die Täter müssen improvisieren und letztendlich Entscheidungen treffen, für die sie nicht sonderlich viel Zeit zur Verfügung haben. Dadurch erhalten die Geschehnisse sicherlich zufällige -und konstruierte Züge, andererseits geben sie lediglich den Zustand wieder, in dem sich die Täter befinden. Das ständige Auftauchen diverser Randfiguren bringt sie dabei noch mehr aus der Fassung, so das die Ereignisse mit der Zeit regelrecht eskalieren.
Die Parallelen zum oben erwähnten Rape and Revenge Klassikers sind dabei unübersehbar und auch wenn "Villa Captive" nicht annähernd dessen Intensität erreicht, handelt es sich hier immer noch um einen in meinen Augen sehenswerten Vertreter des Terrorfilms. Es sind sämtliche Zutaten vorhanden, die man allerdings noch etwas besser hätte hervorheben können. So fehlt es hier ein wenig an der nötigen Atmosphäre, denn es entsteht leider keine dreckige-und siffige Grundstimmung, die gesamte Story erscheint ein wenig zu glatt und sauber, was das Seherlebnis sicherlich ein wenig trübt. Dennoch halte ich die wenig schmeichelhaften Kritiken über diesen Film für etwas überzogen, ist die Geschichte doch auf keinen Fall so schlecht, wie es mancher Kritiker vermuten lässt. Das liegt aber auch im Auge des jeweiligen Betrachters und eventuell ist es gerade der auf dem DVD-Cover prangende Vergleich, der bei manch einem übersteigerte Erwartungen ausgelöst hat. Um das genau zu beurteilen, muss man sich das Werk von Emmanuel Silvestre schon selbst ansehen und diese Sichtung ist durchaus als lohnenswert zu bezeichnen.
Insgesamt gesehen beinhaltet "Villa Captive" ganz bestimmt einige Defizite, die man auf jeden Fall hätte vermeiden können. Der film ist sicherlich kein Meisterwerk und hätte auch durchaus einen Schuss mehr Härte vertragen können, doch letztendlich handelt es sich immer noch um einen sehenswerten Terrorfilm, der trotz seiner Vorhersehbarkeit der Ereignisse gut 80 Minuten kurzweilige Unterhaltung bietet. man sollte lediglich die eigene Erwartungshaltung nicht zu hoch ansetzen und sich vor allem nicht von besagtem Vergleich irritieren lassen, denn dann kommt man auch auf seine Kosten und sieht diesen Film nicht als vergeudete Lebenszeit an.
Fazit:
Emmanuel Silvestre erfindet mit seinem Werk das Rad des Terrorfilms nicht neu, bietet dem Zuschauer aber dennoch eine Geschichte die an etlichen Stellen konstruiert und zufällig erscheint, aber gerade durch diesen Aspekt etwas sehr authentisches beinhaltet. Wirken in anderen Genre-Vertretern insbesondere die Handlungen der Täter zumeist sehr durchdacht, so bekommt man hier einen guten Eindruck darüber, wie sich eine solche Geschichte abspielen könnte, wenn man vollkommen von einer gewissen Situation überrascht wird. Betrachtet man die Story aus diesem Blickwinkel, dann kann man ihr meiner Meinung nach sogar eine Menge abgewinnen und spürt auch die sich im eigenen Kopf festsetzende Brutalität der zumeist nur angedeuteten Folterungen.
6/10