Vom Mann im Grab zur Wissenschaft vs. Glauben. Regisseur Rodrigo Cortés hat "Buried - Lebendig Begraben" Talent bewiesen und begibt sich nun auf anderes Terrain, das für das Massenpublikum deutlich zugänglicher ist - letztendlich liegt aber auch genau dort der Wurm begraben, warum der Film bei vielen Zuschauern scheitern wird...
Die beiden Wissenschafter Margaret Matheson (Sigourny Weaver) und Tom Buckley (Cillian Murphy) düsen durch die Welt, um parapsychologische Scharlatane zu entlarven, die sich (bewusst oder auch unbewusst) für Gottes Rechte Hand halten. Dafür haben sie allerlei Hightech-Equipment am Start, dass jegliche Mogeleien entdecken kann. Manchmal reicht auch schon der messerscharfe Verstand aus.
Als der legendäre Magier Simon Silver (Robert de Niro) nach 30 Jahren sein Bühnen-Comeback feiert, sehen sie ihre Chance gekommen, ihn als Scharlatan zu überführen... Doch der blinde Mann mit den außergewöhnlichen Fähigkeiten scheint die beiden Wissenschaftler an ihre Grenzen zu bringen...
"Red Lights" beginnt hervorragend. Die Atmosphäre und Spannung sind dicht, die Dialoge ausgefeilt und so begleiten wir die beiden Wissenschaftler zu Leuten, die einfach nur einen an der Waffel haben (was in manchen Szenen leider schon fast in unfreiwilligem Humor endet) und zu "Magiern" die mit ihren Tricks Säle füllen und damit viel Geld verdienen. Dabei geht es jedoch nicht um die David Copperfields, sondern eher schon um etwas dubiose Zauberer, die mit dem Glauben und Krankheiten der Menschen spielen - nicht gerade fein und deshalb sind wir voll auf der Seite von Weaver und Murphy, die beide hervorragend miteinander harmonieren und agieren. In der Zwischenzeit holen sie sich noch Studentin Elizabeth (Sally Owen) mit ins Boot, die das Team verstärkt. Mit dieser ansich harmlosen Figur fängt das Grundgerüst schon leicht an zu bröckeln, denn Elizabeth ist eine ganz normale Studentin, ohne überdurchschnittlichen IQ oder höhere Begabungen. Okay, dieser Schritt tut nicht sonderlich weh und kratzt Otto Normalverbraucher auch relativ wenig.
Neben dem Hauptstrang werden viele kleine Nebenhandlungen eingestreut, die die Charaktere vertiefen und auch Verbindungen in die Vergangenheit zwischen den Figuren aufweisen. Dies geschieht alles sehr dicht, so dass mir das alles sehr kurzweilig vorgekommen ist und ich richtig fasziniert war, wie man die Uri Gellers dieser Welt mit einfachen Methoden entlarven kann.
Mit dem Auftauchen von De Niro beginnt die Fassade rund um "Red Lights" zu bröckeln. De Niros´s Charakter hat nicht mal im Ansatz die angemessene Spielzeit, die ihm als Gegenspieler zustehen müsste. Und die Screentime die er bekommt, leiert er gelangweilt und desinteressiert runter, was sich fatalerweise auf den ganzen weiteren Filmverlauf auswirkt. An dieser Stelle hätte Cortés mehr rumfeilen müssen und vorallem Rückblicke in die Vergangheit gewähren.
Blöderweise stirbt noch einer der Hauptprotagonisten (völlig deplaziert), so dass auch die Dramatik drunter leidet, die dieser Charakter dem Film gegeben hat.
Den größten Patzer stellt jedoch das eigentliche Highlight dar, die Untersuchung an Simon Silver selbst. Schwindler oder etwa doch nicht?
Nicht nur, dass auch diese locker um 10 Minuten viel zu kurz ausgefallen ist bzw. nicht richtig stattfindet, bleibt noch zusätzlich die Frage, warum "führende" Wissenschaftler (also nicht das Gespann Weaver/Murphy, die ja von der Untersuchung ausgeschlossen werden) nur über lausige Videokameras verfügen, dass man nichtmals richtig an kleinere Objekte ranzoomen kann.
Zu diesen ganzen Ärgernissen kommt hinzu, dass im Schlussakt ein pickliger Student, der zuvor überhaupt keine Rolle gespielt hat, den entscheidenen Hinweis sieht (der jedoch auch keinerlei Auswirkung mehr auf das eigentliche Finale hat). Dazu hätte auch Studentin Elizabeth gereicht, deren Rolle ja scheinbar auch aus dem Lostopf gezogen wurde.
Tja, und zu guter Letzt gibt es nicht einen, sondern gleich zwei typische Shyamalan-Twists ( in völlig überzogenen Dialogen, bei denen ich dachte, ich sitze im Theater), die den Film auf den Kopf stellen und leider auch den Zuschauer verärgernd zurücklassen könnte. Auch wenn dieser finale Twist "blöd" rüberkommt, steht er abrundend für den menschlichen Zwiespalt zwischen Glauben und Wissen und hat durchaus seinen Reiz.
Somit hat Rodrigo Cortés eine feine Balance zwischen simpler Unterhaltung und Anspruch gefunden, bringt es aber nicht fertig, aus dieser Grundkonstruktion einen bis zum letzten Winkel durchdachten Film rüberzubringen. Vielleicht hat es auch am Mut gefehlt, denn obwohl die Laufzeit knapp zwei Stunden beträgt, hätte Cortés noch eine Stunde dranhängen müssen, da viele Handlungsfäden nicht zu Ende gestrickt werden oder einfach nur lose in der Luft hängen bleiben. Aber wie wir ja alle wissen, drängen die Studios draufhin, Filme für die Fast Food-Generation so kompakt wie möglich zu halten. Zudem muss man sich eben auch bei manchen Drehbuchentscheidungen (siehe oben) fragen, ob das leitende Team nicht ab und an mal bekifft war.
Für den Mainstreamer wird "Red Lights" nicht so der Bringer sein, dieses Werk ist eher für Leute gedacht, die sich auch nach dem Abspann mit dem Gesehen noch beschäftigen wollen.
Knappe 7/10