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Um sich "Celeste & Jesse Forever" ( Celeste & Jesse - Beziehungsstatus: Es ist kompliziert ) fair zu nähern und um ihn nicht sogleich im riesigen Hollywood-RomCom-Sumpf zu versenken, ist es notwendig, sich dessen Entstehungsgeschichte näher anzusehen. Rashida Jones übernahm nicht nur die weibliche Hauptrolle, sondern schrieb auch das Drehbuch, gemeinsam mit Will McCormack, der wiederum die Nebenrolle des besten Freundes Skillz übernahm. Beide verarbeiteten damit auch ihre frühere gemeinsame Beziehung, was auf einen authentischen Hintergrund der Story um Celeste (Rashida Jones) und Jesse (Andy Semberg) hindeutet.

Schon der Filmtitel "Celeste & Jesse Forever" versteht sich als Kampfansage an Hollywood, denn aus dem "forever" - üblicherweise die selbstverständliche Basis aller RomCom-Beziehungen - entstehen hier erst die Probleme. Dabei sind Celeste und Jesse eine Traumkombination - seit der Highschool zusammen, verheiratet und in einem hübschen Einfamilienhaus lebend. Zudem verstehen sie sich prächtig, kommunizieren blind in allen Lebenslagen und verfügen über den selben, manchmal abstrusen Humor. Trotzdem haben sie sich vor einem halben Jahr getrennt, weshalb Jesse in das Atelier im hinteren Teil des Hauses gezogen ist und sie das Bett nicht mehr miteinander teilen. Alles andere aber schon, womit sie ihre Freunde wahnsinnig machen, da diese ihre Art von Beziehung nicht einordnen können.

Die Intention des Films ist nicht nur nachvollziehbar, sondern greift ein realistisches Thema auf. Einerseits haben sich die Partner auseinander gelebt und spüren, dass ihr Leben stagniert, andererseits existiert eine immense Vertrautheit, auf die sie nicht nur schwer verzichten können, gegen die ein möglicher neuer Partner auch nur wenig Chancen haben wird. Passend zu dieser stimmigen Grundlage agieren alle Protagonisten so realistisch wie möglich - lässige Freizeitkleidung, Alltagskram, Stress, Ärger bei der Arbeit, finanzielle Probleme, Alkohol, Nikotin, Drogen - "Celeste & Jesse forever" gibt sich alle Mühe, gar nicht erst den Eindruck entstehen zu lassen, hier handele es sich um eine glatt gebügelte Komödie Marke Hollywood.

Das ist besonders Rashida Jones, aus deren Sicht die Story erzählt wird, zu verdanken, da sie sich nicht scheut, unsympathische Charaktereigenschaften zu zeigen. Zunehmend wird sie mit ihrer Arroganz und Ungeduld konfrontiert, letztlich auch der Auslöser für das Ende ihrer Beziehung mit Jesse. Dieser, eher ein in den Tag hinein lebender Künstlertyp, genügte der erfolgreichen Mitinhaberin einer Werbeagentur nicht mehr, die nebenbei noch Sachbücher schreibt. Anstatt größtenteils alleine für das Haushaltseinkommen zu sorgen, träumt sie von einem Mann mit eigenem Konto und Auto, der selbst Verantwortung übernimmt. Rashida Jones gelingen in der Darstellung einer Mittdreißigerin, die zwischen Karriere und dem Erhalt des privaten Glücks schwankt, differenzierte Momente, bei denen sie ihre inneren Zweifel spürbar werden lässt, bleibt aber auf halbem Weg stehen, wie leider der gesamte Film

Anstatt ernsthaft zu hinterfragen, was Celeste und Jesse wirklich miteinander verbindet und warum sie sich so gut verstehen, obwohl sie völlig unterschiedliche Lebensziele zu haben scheinen, schafft der Film einfache Tatsachen. Gerade als es interessant wird - beide hatten erstmals wieder miteinander geschlafen und Celeste hinterfragt die Trennung - kommt die Nachricht, dass Jesse Vater wird. Er hatte Veronica (Rebecca Dayan) bei einem One-Night-Stand geschwängert und will jetzt die Verantwortung dafür übernehmen. Zudem verfügt Veronica als Belgierin über keine Aufenthaltserlaubnis, weshalb Jesse sie heiraten will, wofür er möglichst schnell die Scheidung von Celeste benötigt - Peng!

Ab diesem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt verfällt der Film in die üblichen Mechanismen einer RomCom. Nicht mehr Differenziertheit oder Gedanken über innere Zusammenhänge sind gefragt, sondern reiner Aktionismus bestimmt die weitere Handlung - gewürzt mit bekannten Elementen des Genres wie verunglückten Dates, Schwierigkeiten beim Job, die sich doch in Wohlgefallen auflösen, und dem unvermeidlichen neuen Typen am Horizont. Der Film behält dabei seinen lässigen, sympathischen Gestus und übertreibt die Wendungen nicht, aber die unkonventionelle Ausgangslage geht verloren. Aus Jesse wird plötzlich dank einer ungeplanten Schwangerschaft ein verantwortungsbewusster Erwachsener - das sich ihm sogleich auch gute Verdienstmöglichkeiten erschließen, ist an Banalität leider nicht zu überbieten - ohne das der Film hinterfragt, warum er auf diese Weise seine Ehe nicht retten wollte.

Wenn auch wesentlich dezenter als die üblichen RomCom-Komödien, verkündet "Celeste & Jesse Forever" letztlich eine ähnliche Botschaft. Statt eine echte Auseinandersetzung zwischen echten Menschen zu zeigen, wofür die Basis gelegt wurde, wird eine alte Beziehung in die Tonne getreten, um danach die üblichen Konventionen anzustreben. Besonders der Charakter von Jesse wird fallen gelassen und nur noch auf die gemeinsame Kommunikationsebene mit Celeste reduziert. Zudem nimmt er gegenüber der "Neuen" alle Eigenschaften an, die sie sich zuvor vergeblich wünschte, obwohl er sie doch angeblich noch liebte, während er Veronica kaum kennt. Bei ihr handelt es sich aber auch um ein hübsches anständiges Mädchen und um keine Karriere-Zicke, wofür Celeste auch noch ordentlich Schelte einstecken muss.

"Celeste & Jesse Forever" traut sich letztlich auch nicht, einen originellen Weg zu gehen, sondern strebt die selben "klaren Verhältnisse" an, wie in RomComs üblich. Zudem zieht sich der Film noch unendlich in die Länge, um das Ganze möglichst harmonisch enden zu lassen. Dank des differenzierten Beginns und des erfrischenden Spiels der Hauptdarstellerin bleibt ein insgesamt zwiespältiger Eindruck zurück. Leider erweist sich der deutsche Titel als nicht eingelöstes Versprechen - kompliziert wäre schön gewesen (5/10).

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