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Die typische Hollywood-Fortsetzung...

Der (für einen Hollywood-Film) mehr als ordentliche erste Teil blieb auch im Heimkino ansehbar, aber SiS hat fast alle Kinderkrankheiten der durchschnittlichen Erfolgsfilm-Fortsetzung. Alles muß schneller, lauter, witziger sein, und teilweise ist es das auch - nur tut es dem Film nicht gut. So wird praktisch im 10-Minuten-Takt eine Schlägerei oder Schießerei angefangen, meist in wilder Flucht und Zerstörung der Ausstattung mündend, und zwischendurch wird viel zuviel rumgekaspert, und zwar ausschließlich auf Seite unserer Helden. Während Moriarty und Moran eiskalt und gemein ihren Plan durchziehen, wechselt Holmes in immer albernere Verkleidungen, tauscht mit Watson blöde Sprüche oder überläßt gar seinem nuddistisch veranlagten Bruder das Feld. Die Schauspieler hatten mit Sicherheit ihren Spaß - aber den Holmesianer graust es.

Allein schon die Nebenrollen - als Nackedei hätte ich Mycroft Holmes nicht unbedingt haben müssen, aber die Szene war ja glücklicherweise kurz. Respekt für Kelly Reilly, die den Anblick tapfer übersteht. Stephen Fry scheint sich hier einen Kleinjungentraum zu erfüllen und gleichzeitig einen netten Urlaub gemacht zu haben, anders ist seine Mitwirkung in der teils peinlichen Rolle wohl kaum zu erklären.Schade auch, daß man ihm in der deutschen Fassung von seinen 3 Stammstimmen ausgerechnet die schlechteste (Frank-Otto Schenk) verpaßt hat, Hubertus Bengsch (z. B. "Blackadder") oder Peter Kirchberger ("Oscar Wilde", "Jeeves & Wooster") wären da besser gewesen.

Moriartys Interesse an Schuberts romantischer Musik ist gleichzeitig Klischee und Atmo-Stütze, aber den "Napoleon des Verbrechens" von Frank "Pierce Brosnan" Glaubrecht sprechen (UND singen!) zu lassen, zeugt zumindest von einer gewissen Originalität (zudem hier in der deutschen Fassung eine Kontinuität zu Teil 1 besteht, die der Originalfassung fehlt). Den "Gesang" sollte man sich übrigens unbedingt mal im Original geben, dann weiß man Glaubrecht erst zu schätzen. Doch egal in welcher Fassung, diese Szene entfaltet vor allem eins: unfreiwillige Komik. Armer Franz Schubert, das hat "Die Forelle" echt nicht verdient.

Ein Kardinalfehler ist auch die Entsorgung Irene Adlers nach dem ersten Akt, vor allem, da sie nicht definitiv inszeniert wurde. Umkippen tut sie im Off, ihren tatsächlichen "Tod" sehen wir nur in einer Rückblende, und die wird von Moriarty erzählt. Seit Hitchcocks "Stage Fright" darf man sich da auf nichts mehr verlassen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Rachel McAdams einfach keine Lust mehr hatte, aber doch noch eine Hintertür zur Rückkehr haben wollte. Sollte es einen dritten Teil geben - wovon man wohl ausgehen darf - ist sie mit Sicherheit wieder dabei.

Noomi Rapace ist sowohl optisch als auch vom Charisma her zwar ein würdiger Ersatz für die weibliche Hauptrolle, doch wirklich viel zu tun hat sie (außer Fluchthilfe) nicht, erst im Schlußakt in Reichenbach (sic!) wird sie handlungsrelevant.
Downey und Law sind zwar eingespieltes Team - doch entschieden weiter von der Vorlage entfernt als noch im ersten Teil.

Schade, da hätte mehr draus werden können. Optisch sieht das ganze ja noch recht schick aus, da unterscheidet sich SiS nicht groß von seinem Vorgänger - aber mehr "richtige" Handlung wäre schön gewesen. Die Geschichte an sich ist nicht mal so dumm, ernsthafter aufgezogen hätte SiS den ersten Teil mit Sicherheit übertroffen. Doch die Semi-Comedy raubt der Story viel von ihrer Dramatik, und sind die gezeigten Vorgänge auch noch so ernst. Auch wenn der Film durchaus seine Qualitäten hat (etwa die "Don Giovanni"-Sequenz oder die Schlußszene), etwas mehr vom Geiste Doyles hätte er schon atmen können. Vielleicht hätte man die Drehbuchautoren nicht austauschen sollen. Hoffentlich reaktiviert man für den (todsicher kommenden) dritten Teil die Schreiber des ersten. Und hoffentlich besinnt man sich für den Auftakt auf "The Empty House".

Ansonsten: Nettes Popcorn-Kino mit etwas zuviel Krach-Wumm und Gekasper, einer durchaus akzeptablen Geschichte und ein paar Kanon-Details für die Kenner. Nette Unterhaltung - aber kein "echter" Holmes.

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