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"Dieser Mann mit dem sie verkehren ist kein gewöhnlicher Verbrecher. Er ist der Napoleon des Verbrechens."

"Sherlock Holmes - Spiel im Schatten" ist eine klassische Fortsetzung, die von allem ein wenig mehr zeigen möchte. Mehr Action, ein höheres Tempo, üppigere Schauplätze. Schon beinahe überladen scheint das Sequel, da es sich an manchen Stellen keine Pause gönnt und einen direkten Einstieg in die Geschehnisse bietet.

In Europa häufen sich Anschläge, die die Diplomatie unter den Ländern gespannt hält. Statt einer Gruppe Anarchisten vermutet Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) die Beteiligung seines Erzfeindes Professor Moriarty (Jared Harris) hinter den Taten. Als sein Partner und guter Freund Dr. Watson (Jude Law) mit Mary Morstan (Kelly Reilly) den Bund der Ehe eingeht, vergisst Holmes den Junggesellenabschied und zweckentfremdet den Anlass kurzerhand um die Zigeunerin Simza (Noomi Rapace), aufgrund eines Briefes ihres Bruders, zu treffen. Scheinbar gehört Simza's Bruder zu den Anarchisten und scheint auf unerklärliche Weise mit den Taten von Moriarty in Zusammenhang zu stehen. Kurzerhand arrangiert dieser ein Treffen mit Holmes. Als sich die beiden Erzfeinde gegenüber stehen, offenbart Moriarty, dass er Holmes informative Quelle Irene Adler (Rachel McAdams) durch Gift getötet hat und es nun auf Watson während seinen Flitterwochen absieht.

Guy Ritchie ("Snatch - Schweine und Diamanten") bleibt seiner Sherlock Holmes Variante aus dem im Jahre 2009 entstandenen Vorgänger treu. Nur oberflächlich hält er sich an die etablierten Romane von Arthur Conan Doyle und lässt Holmes als Actionheld agieren. Mit bis ins minimalst geplanten Schlagabfolgen entledigt sich der Meisterdetektiv seinen Gegnern, hetzt weiter zu einer eigenwilligen Art der Bombenentschärfung und erscheint dabei weniger als viktorianischer Gentleman, vielmehr als exzentrischer Irrer mit enormen Weitblick. Eine willkommene Neuerung ist Dank seines ähnlich genialen Gegenspielers aber doch eingeflossen: Holmes ist nun verletzlicher und nicht mehr unfehlbar.

Besonders einfallsreich ist die Handlung diesmal nicht. "Sherlock Holmes - Spiel im Schatten" wird über die Benennung von Eckdaten weiter getrieben. Details bleiben ausgespart und erschließen sich zunächst nur der Hauptperson, sodass manche Vorgänge vorübergehen viel komplizierter wirken, als sie letztlich sind.
Mysterien fehlen völligst. Ein eindeutiger Schwachpunkt, da jedes Detail recht schnell einen Lösungsansatz findet und ohne weiterführende, unnatürliche Ereignisse abgeschlossen wird.

"Spiel im Schatten" unterhält nicht durch seine Geschichte sondern die Präsentation und seine Protagonisten Holmes und Watson. Das Duo balgt und balzt sich in verbaler Hochform durch den Film. Die lakonischen Dialogduelle gehen teils so weit, dass sie ungewollt kurios denn komisch wirken. So oder so führen die massig durchdachten Gespräche nur zu einem: Dem hervorstechen der beiden Hauptfiguren, die durch ihre Gegensätzlichkeit ein ungemein passendes Paar bilden. So passend, dass ausgerechnet Holmes‘ ultimativer Nemesis, Professor Moriarty, nur gegen Ende der gebührende Respekt gezollt wird. Denn bis dahin wird die Ebenbürtigkeit beider Größen kaum ausgereizt.

Die Fortsetzung ist beinahe ständig in Bewegung, wechselt von einem Schauplatz zum nächsten oder feuert ein massives Effektgewitter ab. Ausstattung und Kulissen sind glaubhaft in einer Steampunk-Ästhetik gehalten. Die Actionszenen protzen mit detaillierten Partikeleffekten, bombastischen Explosionen und extremen Zeitlupen.
Höhepunkt bildet eine Flucht durch einen Wald, bei der den Protagonisten neben Maschinengewehrkugeln auch Artilleriegeschosse um die Ohren fliegen. Der dynamische Wechsel zwischen zerberstendem Holz und aufwirbelnder Erde, kombiniert mit geschickt eingesetzen Zeitraffern und Zeitlupen stellt eine optische Ausnahmeerscheinung dar.

Die ungemein passende Paarung von Robert Downey Jr. ("Iron Man"-Reihe) und Jude Law ("Duell - Enemy at the Gates") harmoniert erneut und wird weiterführend ausgebaut. Durch die beeindruckende Leistung im Vorgänger kann man sich niemand anderen in den jeweiligen Rollen vorstellen.
In wenigen Szenen gibt es edlen Support von Stephen Fry ("V wie Vendetta") und Jared Harris ("Der seltsame Fall des Benjamin Button"). Letzterer hat es nicht einfach gegen seine überwiegend blass bleibende Figur die Oberhand zu behalten.
Ernüchternd ist die Positionierung der weiblichen Rollen. Während Rachel McAdams ("Red Eye") und Kelly Reilly ("Eden Lake") recht schnell und unsanft aus der Handlung fallen, kann sich Noomi Rapace ("Verblendung", "Verdammnis", "Vergebung") nicht gegenüber den männlichen Kollegen behaupten.

"Sherlock Holmes - Spiel im Schatten" ist eine gelungene Fortsetzung, nur keine Überraschung mehr. Guy Ritchie traut sich leider nicht einen ähnlich frischen Ansatz wie beim ersten Teil zu wählen. Die einzigen Neuerungen sind ein spürbar höheres Tempo, ein fehlbarerer Meisterdetektiv und das missen von aufwändig aufgelösten Mysterien. Es sind die eingespielten Hauptdarsteller und die bestechende Optik die für zahlreiche unterhaltsame Momente sorgen, während die Handlung nur einen rudimentären Rahmen bildet.

7 / 10

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