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Das Ende von „Sherlock Holmes“ hatte anno 2009 die Marschrichtung ebenso vorgegeben wie das von „Batman Begins“: Im nächsten Film kommt die große Nemesis dran, im einen der Joker, im anderen Professor Moriarty.
Die Kenntnis des Erstlings ist ergo mehr oder minder zwingend erforderlich: Dr. John Watson (Jude Law) bereitet sich aufs Eheleben mit Mary (Kelly Reilly) vor und ist aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen, in dem Chaot Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) immer weiter verwahrlost. Irene Adler (Rachel McAdams) ist immer noch zerrissen zwischen Gefühlen zu Holmes und Angst vor ihrem Auftraggeber Professor James Moriarty (Jared Harris), was sie teuer zu stehen kommt: Moriarty vergiftet sie. Der Tod passiert offscreen, eine Rückkehr in einem späteren Teil ist also nicht ausgeschlossen, doch es ist schon etwas unschön wie lieblos der Film sich dieser Figur entledigt.
Holmes weiß davon noch nichts, sieht den Wettstreit mit Moriarty aber als Spiel und Herausforderung an. Dafür verlegt er Watsons Junggesellenabschied auch kurzerhand in die Spelunke, in der Simza Heron (Noomi Rapace) arbeitet, lädt keine von Watsons Freunden ein, nur seinen eigenen Bruder Mycroft (Stephen Fry). Während Watson trinkt und feiert, sucht Holmes Simza auf, die als Figur jedoch den ganzen Film über reichlich nutzlos bleibt, eine bessere Stichtwortgeberin und kein Vergleich zur leider aus dem Film geschiedenen Irene Adler.

Nach einer chaotischen Vermählung erfährt Holmes, dass Moriarty Watson und seine Frau in den Flitterwochen töten will, also eilt zu deren Rettung. Bald darauf müssen Holmes und Watson quer durch Europa reisen um den Wahnsinnigen aufzuhalten…
Man kann es kurz und knapp zusammenfassen: Wer Guy Ritchies ersten „Sherlock Holmes“ mochte, dem wird auch dieser gefallen, wer dies nicht tat, der wird auch hier nicht glücklich werden. Die Unterschiede stecken im Detail, das grobe Rezept bleibt gleich. Will heißen: Viel Witz, der über die verquere Interpretation der Hauptfigur transportiert wird, viel Understatement, massig Wortgefechte und pointierte Sprüche. Noch stärker wird auch die homosoziale bis homoerotische Bindung von Holmes und Watson eingegangen, echte Brüller sind die Szenen um Holmes’ Angst vor Pferden, die Hochzeit sowie Marys Begegnung mit einem entblößten Mycroft. Klar, den Novitätenbonus des ersten Teils hat das nicht mehr ganz, die Abnutzungserscheinungen sind aber bei weitem nicht so groß wie z.B. beim vierten „Fluch der Karibik“.

Eine Änderung ist sicherlich der internationale Holmes, der als eine Art viktorianischer James Bond auftritt. Spielte „Sherlock Holmes“ allein in London, so bereits der Meisterdetektiv ähnlich wie sein Spionkollege gleicher Abstammung verschiedene Länder, in denen er ermittelt und meist für einigen Wirbel sorgt. Während dies Konzept weder besser noch schlechter als das des Vorgängers ist, so entpuppt sich Moriarty, ausgerechnet Holmes’ große Nemesis, als schwächerer Fiesling im Vergleich zu Lord Blackwood aus dem ersten Teil. Immer noch ein gewitzter, Holmes ebenbürtiger Denker, doch es fehlt die dämonische Aura des selbsterklärten Schwarzmagiers, mit dem Holmes im Erstling noch das Duell wissenschaftliche Ratio vs. Glaube an das Übernatürliche bestritt.
Beim Budget konnte Produzent Joel Silver noch ne Schippe drauflegen, neben mehr Schauplätzen gibt es noch mehr leinwandtaugliches Bumm Bumm, darunter die Zerstörung eines Zuges durch MG-Salven und Explosionen oder eine Flucht durch den Wald, während es Kanonenkugeln und Mörsergranaten hagelt. Natürlich dürfen auch die Bourne-mäßigen Nahkampfeinlagen mit den gezielten eingesetzten Zeitlupenmomenten nicht fehlen, die mal wieder famos choreographiert sind.

Gleichzeitig spielt „Sherlock Holmes 2“ gekonnt mit dem eigenen Rezept: Kommen Holmes Vorausplanungen eines Kampfes zum Tragen, so werden die Prognosen teilweise durch das Eingreifen anderer gestört – am Ende gehen Holmes und Moriarty gemeinsam einen Kampf im Kopf durch, kämpfen quasi geistig bevor sie physisch kämpfen und auch hier wird die Erwartung gebrochen. Viele Figuren und Details des Erstlings tauchen nur kurz auf, darunter Inspektor Lestrade (Eddie Marsan), Watsons Hund oder Holmes’ Bude inklusive Haushälterin und seinen Tüfteleien, doch Ritchie und seine Mannen beweisen, dass sie bei ihrem Sequel den Mix aus Neuerung und Wiederholung gut beherrschen.
Robert Downey Jr. ist natürlich erneut die Hauptattraktion des Films, spielt mit dem Charme, mit dem er seit Jahren die Zuschauer für sich gewinnt, während Jude Law erneut den leidgeplagten, ernsten Mann an seiner Seite für die nötige Reibungsfläche gibt. Noomi Rapace hat Charisma, kann aber nicht soviel aus ihrer schwach geschriebenen Rolle herausholen, Jared Harris’ ist okay, aber man hätte von seinem Professor Moriarty mehr erwartet. Stephen Frys Nebenrolle macht Spaß, Kelly Reilly überzeugt mit mehr Screentime, während Rachel McAdams Auftritte nur ein Schmankerln bleiben.

Mehr Detektion, mehr Action, mehr Budget: „Sherlock Holmes 2“ baut manches aus, hängt in anderen Punkten dem Erstling ein wenig hinterher (Fiesling, weibliche Hauptfigur). Wer diesen mochte, dem dürfte die Fortsetzung ähnlich gut munden. 7,5 Punkte meinerseits.

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