Nach seinen beiden berauschenden Erstwerken im Gangster-Genre (“Bube, Dame, König, grAs” sowie “Snatch”) ließ Guy Ritchie lange auf weitere Glanztaten warten. Wer den britischen Regisseur jedoch frühzeitig abschrieb, irrte gewaltig: 2009 meldete sich der Ex-Ehemann von Madonna eindrucksvoll zurück - seine spritzige Neuinterpretation von “Sherlock Holmes” präsentierte sich als ausgesprochen spaßiger Action-Krimi mit einem Robert Downey Jr. in Bestform. Drei Jahre später darf man sich nun über Nachschlag freuen: “Sherlock Holmes: Spiel im Schatten” knüpft konsequent an die Stärken seines Vorgängers an und liefert somit locker-launige Unterhaltung der unbeschwerten Sorte ab. Unglaublich innovativ mag das zwar nicht erscheinen, ein vergnüglicher Kinoabend ist durch den bombastischen Blockbuster aber allemal garantiert.
Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.), seines Zeichens Meisterdetektiv, verfolgt eine Serie von Verbrechen, die sich in ganz Europa ereignen. Sein ehemaliger Partner Dr. Watson (Jude Law) hingegen will das aufreibende Leben an der Seite des exzentrischen Schnüfflers endlich hinter sich lassen: Die Heirat mit Mary (Kelly Reilly) steht kurz bevor. Der Junggesellenabschied entpuppt sich jedoch als ernste Ermittlungsarbeit: Holmes sucht nach der französischen Wahrsagerin Simza (Noomi Rapace), deren Bruder in eine verzwickte Verschwörung involviert zu sein scheint. Strippenzieher hinter dem kriminellen Komplott ist Professor Moriarty (Jared Harris), ein hochintelligentes Genie. Eben jener hat es auch auf das Leben von Watson und seiner Frau abgesehen - um wieder in Sicherheit zu sein, bleibt dem Doktor daher nichts anderes übrig, als gemeinsam mit Holmes einen letzten Fall zu lösen…
Zugegebenermaßen: Die Formel des Vorgängers wird lediglich leicht variiert, die innovative Frische des ersten “Sherlock Holmes” bleibt dem Sequel somit verwehrt. Das stört jedoch kaum: Wer bereits die außergewöhnliche Ausrichtung des Serienauftakts mochte, wird auch hier bestens bedient. Die diesjährige Detektivgeschichte präsentiert sich dabei noch eine Spur spaßiger und spektakulärer: Mittlerweile hat man sich komplett vom Krimi entfernt und sich vollends der Action-Komödie verschrieben. Beinahe schon im Stil eines viktorianischen Bonds tritt der ebenso neckisch-charmante wie nahkampferprobte Meisterschnüffler eine Reise quer durch Europa an; das heimische London sorgt in Verbindung mit den Abstechern in eine französische Oper, eine deutsche Waffenfabrik sowie ein Schweizer Bergschloss für knackige Kurzweil.
Die imposanten Ideen, mit welchen Guy Ritchie das turbulente Treiben bebildert, sind zwar bereits bekannt, dadurch aber nicht weniger wirkungsvoll: Die filigran durchgeplanten Faustkämpfe feiern ein furioses Comeback und wissen durch ihre ironischen Brechungen nach wie vor zu begeistern. Wenn der britische Regisseur die Fetzen schließlich richtig fliegen lässt, konkurriert der mitreißende Mix aus lässigen Zeitlupen und kunstvollen Choreografien durchaus mit der atemberaubenden Action-Ästhetik eines Zack Snyders. Dessen irrwitzig inszenierte Zug-Sequenz aus “Sucker Punch” muss nun den Spitzenplatz als beste Action-Szene des Kinojahres räumen: Dieser Titel gebührt Ritchies furioser Verfolgungsjagd durch den Wald, welche durch donnerndes Artilleriefeuer und berstende Bäume zu einem effektvollen Ereignis sondergleichen ausartet.
Bei all dem Bombast wird auch den flotten Figuren noch genügend Platz eingeräumt. Robert Downey Jr. reißt mit seinem charismatischen Auftreten und schelmischen Witz jede Szene an sich; auch wenn sein Sherlock Holmes Verfechtern der klassischen Literatur-Vorlage womöglich ein Dorn im Auge sein mag, bringt er doch den schmissigen Schwung mit, welchen ein Blockbuster heuer benötigt. Auch Jude Laws eleganter Dr. Watson kommt keinesfalls zu kurz: Das Zusammenspiel zwischen Holmes und seinem Kompagnon sprüht vor humorvoller Coolness; die eifersüchtigen Einwürfe, welche dem frisch Vermählten die Ehe madig machen sollen, sorgen für höchstamüsante Auseinandersetzungen. Ebenfalls eine Bereicherung: Stephen Fry als freizügiger Bruder des Detektivs, welcher mit seinen witzigen Auftritten immer wieder Akzente setzen kann - in den Fortsetzungen bitte mehr davon.
Als Gegenspieler hat dieses Mal Holmes Erzfeind höchstpersönlich die Ehre: Professor Moriarty, welcher durch Jared Harris mit formidabler Ausstrahlung verkörpert wird. Der Plan des intelligenten Verbrechers wirkt zwar arg überzogen, aber dennoch geerdeter und daher griffiger als die mystischen Machenschaften in Teil Eins. Das kriminelle Genie präsentiert sich auf einer Augenhöhe mit dem Meisterschnüffler und stellt somit einen würdigen Kontrahenten dar, was vor allem im fantastischen Finale zum Tragen kommt. Nicht ganz so gelungen gestalten sich die weiblichen Rollen: Während der prägnante Part von Rachel McAdams ziemlich kurz ausfällt, kann Noomi Rapace die Geschichte nicht wirklich bereichern und kommt nur selten über die simple Aufgabe als Stichwortgeberin hinaus. Dafür können die diesmal etwas düstereren Klänge von Hans Zimmer abermals für Stimmung sorgen.
Fazit: Ein Blockbuster muss nicht überraschen, um zu begeistern - “Sherlock Holmes: Spiel im Schatten” bereitet die Pluspunkte seines Vorgängers nochmal auf und präsentiert sich somit als brillant inszenierte Action-Komödie. Auch wenn eine starke Frauenfigur fehlt, weiß das wunderbare Hauptdarstellerduo erneut zu entzücken. Wer nach unbeschwerter Unterhaltung sucht, wird beim neusten Fall des Meisterdetektivs ganz klar fündig.
8/10