Review

9/11 mal anders

Nationaltrauer-Bewältigung, Coming-Of-Age-Drama, bezauberndes Märchen & Tränendrüsendrücker - all das auf einmal ist die gelungene Buchverfilmung über einen verhaltensauffälligen Jungen, der seinen Vater bei den Anschlägen von New York verloren hat & dies nun in einer Schnitzeljagd quer durch die Stadt verarbeitet & gleichzeitig Selbstbewusstsein aufbaut. Aber irgendwie ist der Film dann doch nichts davon wirklich, seine extremen, vielleicht etwas zu frischen Emotionen übertrugen sich nicht vollkommen auf mich. Und dabei bin ich eigentlich offen für jegliche Art von sentimentalem Märchen-Kitsch & erwartete/wollte auch gar kein reines 9/11-Drama...

Warum funktionierte der Film bei mir (& vielen anderen) also nicht auf ganzer Linie? Ich kann nur für mich sprechen, aber selbst die offensichtlichen Gründe musste ich nicht lange suchen. Der Hauptdarsteller, der den kleinen Protagonisten spielt, macht das beeindruckend & man merkt ihm sein Talent an. Etwas an der nervigen Art seines Charakters kann das aber nicht ändern, soll er wahrscheinlich auch gar nicht, da diese Art dazu gehört. Interessant aber doch oft anstrengend. Angefreundet habe ich mich mit ihm selten ganz - ich hoffe das ist nicht behindertenfeindlich! Dazu kommt ein seltsam gezwungen-guter Tom Hanks als Dad, ein schwerfälliger, unkonzentrierter, wirrer Beginn & erst viel zu spät ein erkennbarer Stil samt Ziel. Dazu ist er etwas zu lang & auch Sandra Bullock wirkt als Mum ungewohnt deplatziert. 

Klingt nach viel Gemecker? Ja & auch nein. Denn gerade im letzten Abschnitt, wenn man dann mal endlich im Film ist, nimmt er Fahrt auf, erwischte er mich ein paar Mal sogar mit emotionalen Magenschlägen. Hinzu schätze ich die außergewöhnliche Kombination aus persönlichen & nationalen Themen - ein ungewöhnliche Symbiose. Außerdem ist die Idee mit der Schnitzeljagd & den vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten New Yorks past 9/11 süß, traurig & lustig zugleich. Plus die Message ist sinnvoll & wirkt durch einen runden Schluss nicht aufgesetzt. All das, heben "Extrem laut & unglaublich nah" über den Durchschnitt & zu einem Trip auf den (wohl etwas zu frischen) Emotionen, der am Ende doch noch den richtigen Ton trifft. Trotzdem wird der perfekte 9/11-Film wohl erst in einigen Jahren oder Jahrzehnten entstehen können, ähnlich wie es bei Titanic war!

Fazit: bemerkenswerte Herangehensweise an die Terroranschläge & seine ganz privaten Folgen auf einen anstrengenden Jungen. Hat Längen & etwas erzwungene Emotionen - ist aber auch stellenweise bezaubernd & hat das Herz am rechten Fleck!

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