Tom Cruise gehört zu den wenigen Stars, die nur ungefähr einen großen Film pro Jahr rausbringen, der dann auch in aller Munde ist. Nachdem seine letzten Filme aber teilweise unter der Erwartungen liefen, sollte die Reaktivierung der „Mission: Impossible“-Franchise ihn wieder an der Kinokasse ganz oben auftrumpfen lassen.
Der Auftakt orientiert sich wieder an Brian de Palmas Erstling, ein klassisches Agentenszenario, in dem mehrere Leute nach einem MacGuffin jagen und ein Teammitglied von Jane Carter (Paula Patton) draufgeht. Gleich darauf hauen Jane und Benji Dunn (Simon Pegg) Ethan Hunt (Tom Cruise) aus einem russischen Knast raus, wobei ein Gefängnisaufstand mit reichlich Prügeleien mit Sinatras „Ain’t that a kick in the head“ unterlegt wird – ein atemloser, ironischer Auftakt, das Werk des sonst auf Animationskomödien spezialisierten Brad Bird.
So muss man während der Creditsequenz, die einer brennenden CGI-Lunte folgt, unweigerlich an dessen Pixar-Filme denken, ehe Hunt dann die nächste unmögliche Mission übernimmt, die ihn direkt in den Kreml führt. Dumm nur, dass verrückte Schurke Kurt Hendricks (Michael Nyqvist) ihm bei der Jagd nach einer Nuklearwaffe nicht nur zuvorkommt, sondern auch noch den Kreml in die Luft jagt und Ethan als Schuldigen dastehen lässt. Eine Reminiszenz an den Kalten Krieg, zu dessen Zeiten ja die Originalserie gedreht wurde.
Ethan kann entkommen, doch der Präsident ruft das Ghost Protocol aus, nach dem es ihn und seine Organisation nicht gab. Zusammen mit Jane, Benji und dem angeblichen Analysten William Brandt (Jeremy Renner) muss Ethan Hendricks auf eigene Faust aufhalten…
Interessanterweise ist „Mission: Impossible – Ghost Protocol“ der erste Film der Reihe, der diese als wirklich geschlossenes Franchise betrachtet. Es wird stärker Bezug auf die früheren Filme genommen, ein finaler Wrap-Up gegen Ende des Films macht die Verbindungen ganz besonders deutlich. Gleichzeitig bleibt auch noch ein Stück der Vermenschlichung des Superagenten Hunt aus Teil 3 übrig – der Verbleib seiner Frau hängt lange Zeit als Schatten über dem Film, Brandts Hintergrundgeschichte gibt seiner neuen Figur erfreulich viel Tiefe und die Endszene schließt auch in dieser Beziehung wieder einige Kreise.
Jedoch entfernt sich „Mission: Impossible 4“ konzeptuell wieder vom dritten Teil, es gibt mehr Teamarbeit, wie im Erstling, mehr over-the-top-Stunts, wie im zweiten Teil. Unter Brad Bird orientiert sich die Franchise mehr in Richtung James Bond, strebt wieder Überlebensgröße an und setzt mehr auf Humor. Nicht umsonst ist Benjis Part deutlich größer am im dritten Vorgänger, nicht umsonst gibt es mehr ironische Szenen wie z.B. den anfänglichen Gefängnisausbruch. Es bleibt die Frage wie lang dies gut geht, macht Hunts halbnackte Kraxelei auf einem Fenstersims doch klar, dass die Zeit nicht spurlos an seinem Hauptdarsteller vorbeigegangen ist und auch dieser, ähnlich wie Eastwood, Willis oder Stallone, langsam sein Altern im Film kommentieren könnte.
Die gesteigerte Portion Ironie tut dem Film sichtlich gut, denn getreu der sequeltypischen Überbietungslogik wird hier bei den Actionszenen noch eine Schippe draufgelegt, die Glaubwürdigkeit noch weiter strapaziert. Eine Verfolgungsjagd in einem Sandsturm ist da noch bodenständig, die Extreme markieren eine Variation der berühmten Einbruchsszene aus dem ersten Teil (diesmal ist es allerdings Brandt, der mittels einer vollkommen hanebüchenen Magnetkonstruktion schwebend einbricht) und Hunts Fassadenkletterei am Dubai-Tower mit Saughandschuhen. Besagte Kletterszene verabschiedet sich zwar von jeder physikalischen Glaubwürdigkeit, ist aber dermaßen spannend und nervenzerfetzend in Szene gesetzt, dass dies gar nicht stört. Der Rest der Action stellt meist zufrieden, etwas schwach sind der erwähnte Einbruch und das reichlich überzogene Finale, in dem Hunt und Hendricks in gänzlich überzogener Stehaufmännchen-Marnier durch eine Art Riesengarage mit Lift prügeln.
Tom Cruise’ Rückkehr zu seiner Agentenrolle fällt schauspielerisch durchaus solide aus, wobei der Hauptdarsteller nicht an seine besten Performances („Magnolia“, „Last Samurai“, „Collateral“) herankommt, aber doch überzeugt. Charmebolzen Jeremy Renner ist ein großer Gewinn des Films, während Simon Pegg seinen Sidekick-Part zu verfeinern weiß. Blass hingegen ist Mikael Nyqvist als Schurke, da war selbst seine ähnlich gelagerte „Abduction“-Rolle eindrucksvoller. Paula Patton macht eine gute Figur als Agentin, im Gegensatz zu Léa Seydoux als Killerin, die zu zart wirkt (wobei der Castingdirektor bei der Besetzung beider Rollen wohl vor allem den Bereich unterhalb des Halses begutachtet hat).
Leider übernimmt „Mission: Impossible 4“ auch die größte Schwäche des ersten Films: Die Handlung wirkt, trotz guter Ansätze im Bereich der Figurenzeichnung, schlicht und einfach um die Set-Pieces herumgestreckt. Eine Location abgehakt, die nächste kommt dran, von Russland erst nach Dubai und später nach Indien, da fehlt es einfach an Kohärenz und übergeordnetem Spannungsbogen – was ja die meisten Bondfilme trotz häufiger Locationwechsel hinbekommen.
So bleibt unterm Strich solide Action, die in Einzelszenen fesselt (gerade die Szene im und am Dubai-Tower ist ein klares Highlight), insgesamt aber nie den rechten Zug hat. Jeremy Renner und Simon Pegg spielen groß auf, die Endszene schafft Querverbindungen zu den Vorgängern, aber das Gesamtpaket könnte stimmiger sein.