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 „Die Jungfrauenquelle" ist ein Film, dessen Inhalt einer alten schwedischen Sage aus dem 12. Jahrhundert entnommen wurde. Regisseur Ingmar Bergman, dessen künstlerische Vergangenheit durch das Theater geprägt wurde, hat diese Sage versucht, im Film neu aufleben zu lassen. Beim Betrachten des Films hat man dann auch tatsächlich den Eindruck eine Theateraufführung zu erleben. Die Verfilmung, die ohne musikalische Elemente, geschweige denn Soundtrack, auskommt, lebt dann auch allein vom schauspielerischen Können aller Figuren. Die Theatralik, bzw. die hervorragende schauspielerische Ausbildung der Darsteller,  sorgt dann für ein gleich bleibend hohes künstlerisches Niveau. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass sich der geneigte Filmfreund fast wie im Theater fühlt - freilich in einem Theater weit vor unserer Zeit. Ingmar Bergman ist es gelungen eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich der Zuschauer schnell fern ab vom Heute und Jetzt wägt. „Die Jungfrauenquelle" ist eine Reise ins tiefe Mittelalter Schwedens.

Wie viele Märchen und Sagen ist dann auch „Die Jungfrauenquelle" harter Stoff. Hier geht es um Neid, Habgier, Wollust, Zügellosigkeit, Vergewaltigung - schlussendlich um Mord und Rache. Karin, die Tochter des wohlhabenden Gutsherrn Töre (Max von Sydow) soll zur nächsten Stadt reiten. Wie es ein alter schwedischer Brauch will, soll sie als unberührte Jungfrau Kerzen vom Priester weihen lassen. Begleitet wird sie von ihrer schwangeren Adoptivschwester Ingeri. Die Wege der beiden jungen Frauen sollen sich jedoch bald trennen. Ingari betet den heidnischen Gott Wotan an, der Karin verderben soll. Ingeris Gebete sollen erhört werden. Karin lernt auf ihrem Weg drei Brüder kennen. Der Jüngste ist noch minderjährig, während die beiden Älteren offenbar ärmlich im Wald lebende Ziegenhirten zu sein scheinen. Als Karin jedoch eine Ziege anhand des Brandzeichens als die des Nachbargutes erkennt, spitzt sich die Lage für Karin bedrohlich zu. Ihr wird klar, dass die Burschen nichts Gutes im Schilde führen. Aus einem Versteck heraus, wird Ingeri nun Zeugin eines entsetzlichen Verbrechens: Vor den Augen des Minderjährigen fallen die beiden Ältesten über Karin her, vergewaltigen sie und töten sie schlussendlich. Mit viel Courage hätte Ingeri sogar noch eingreifen können, doch wollte sie das?

Hierbei ist es wichtig etwas über das Verhältnis von Ingeri zu Karin zu erfahren: Die adoptierte Ingeri ist auf dem Gutshof mehr Dienstmagd als Tochter. Etwas vulgär und auch laut ihre Meinung äußernd, ist sie dem Gutsherrn eher ein Dorn im Auge. Ganz im Gegensatz dazu ist die leibliche Tochter Karin, das verhätschelte Wunschkind. Während also Ingeri schon früh am Morgen hart am arbeiten ist, freilich laut schimpfend und zeternd, dreht sich das junge Fräulein Karin noch mal im Bette um, bevor es von den liebenden Eltern überzeugt werden kann, sich zu fortgeschrittener Morgenstunde dann doch zu erheben. Die Spannungen zwischen Ingeri und Karin gehen jedoch noch tiefer. Ingeri ist durch Vergewaltigung schwanger. Im Schweden des Mittelalters heißt das für Ingeri soviel, wie in Unehre zu leben. Die noch unreife Karin macht dann auch kein Hehl daraus, dass sie für ihre Lage wenig Verständnis hat. Im Verhältnis dieser beiden jungen Frauen ist ganz klar die jüngere, verhätschelte, leibliche Gutsherrentochter die Ranghöhere - die Privilegiertere. Es ist auch klar, dass es bei Ingeri zu Neid- und Hassgefühlen kommen muss. Es ist also verständlich, warum Ingeri zu heidnischen Göttern zuflucht sucht, da sie in der bigotten christlichen Gesellschaft des ländlichen, mittelalterlichen, Schwedens nicht die entsprechende Anerkennung findet und auch verständlich ist, dass sie einen Ihrer Götter anbetete, Karin zu verderben. An das geschehene Verbrechen fühlt sich Ingeri dann auch voll schuldig. Nun meldet sich ihr Gewissen und sie wendet sich an den Gutsherrn Töre und gesteht.

Nach dem Verbrechen an Karin ziehen die drei Brüder weiter und erreichen den Gutshof von Töre, der seine Tochter schon vermisst. Der gottesfürchtige Töre gewährt den Dreien in dieser eisigen schwedischen Frühjahrsnacht Einlass und versorgt sie mit Essen und Trinken. Es ist die Gutsherrin, die auf das blutverschmierte Kleid Karins stößt, dass ihr wie zum Hohn auch noch zum Kauf angeboten wird. Die Gutsherrin lässt sich nichts anmerken und schließt die drei Brüder ein. Was nun folgt könnte man als mittelalterliches Rape and Revenge der Extraklasse bezeichnen. Mit dem Schlachtermesser bewaffnet tut Töre das für ihn einzig mögliche. Fast schade, dass es im Mittelalter keine Kettensägen gab, so wie 1972 bei Wes Cravens „The last House on the Left", der ein Remake des Films ist und sich relativ genau ans Original anlehnt, auch wenn er allein schon durch die Zeittransformation vom Mittelalter ins Jahr 1972 einige grundlegende Änderungen unterlag. Wes Craven ist aber trotzdem gelungen, vieles von der makaberen Grundstimmung des Films in sein Remake zu verarbeiten, insbesondere was die Darstellung der Täter angeht, die sich zwischen naivem fehlenden Unrechtsbewusstsein, Triebgesteuertheit und sogar einer Spur Mitleid für ihr Opfer, bewegen.  
Ingmar Bergmans Sagenverfilmung hat viel Authentisches zu bieten und scheint sich sehr eng an die ursprüngliche schwedische Sage anzulehnen. Wir treffen hier auf immer wiederkehrende Parallelen zu anderen Märchen und Sagen germanischen Ursprungs. Allein schon die Darstellung der beiden Schwestern: Die ungeliebte Stieftochter hat natürlich dunkles Haar, ist schmutzig (Aschenputtel lässt grüßen), laut und vulgär. Das leibliche Gutsherrentöchterlein ist blond, lieb und verspielt.

Dass der Film gerade in Deutschland Probleme mit der Zensur hatte, kann man sich aus heutiger Sicht kaum noch vorstellen. Der Zuschauer bleibt bei den Vergewaltigungs- und Mordszenen doch weitgehend von Einzelheiten verschont. Das was man sieht, sieht man dann  auch nicht aus einem voyeuristischen Hintergrund. Eher ist es so, dass es die Story abverlangt.
Ingmar Bergman hat hier einen Film geschaffen, der ohne Special Effekts auskommt und der ausschließlich durch die glaubhafte Ursprünglichkeit dieser alten schwedischen Volkssage und den hervorragenden, dem Theater nahe stehenden, Schauspielern zu überzeugen weis.

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