Review

Nachdem "Das Schweigen" nicht nur in Schweden für Furore gesorgt hatte, waren endgültig alle Augen auf Ingmar Bergman gerichtet. Doch anstatt sofort ein ähnlich gelagertes Nachfolgewerk abzuliefern, drehte der Regisseur mit der Komödie "Ach, diese Frauen" eher leichte, wenn auch keineswegs seichte Unterhaltung. 1966 sollte er dann wieder zu seinem bis dato größten Erfolg zurückkehren. Nicht inform einer offiziellen Fortsetzung, aber thematisch gesehen.

Die junge Krankenschwester Alma (Bibi Andersson) bekommt den Auftrag, die auf mysteriöse Art und Weise verstummte Schauspielerin Elisabeth Vogler (Liv Ullmann) zu pflegen. Auf einer verlassenen Insel kommen die beiden nur scheinbar verschiedenen Frauen einander näher. Doch Alma wird durch ihre Patientin zusehends verunsichert. Konflikte brechen auf...

Der Beginn dieses Werkes ist schlichtweg brillant, da es mit einer Aneinanderreihung zutiefst verstörender und zugleich faszinierender Bilder aufwartet, die schließlich in einer Leichenhallen-Sequenz münden. Der dort auf einer Pritsche liegende Junge (Jörgen Lindström) "erwacht" plötzlich zum Leben und berührt schließlich ein unscharfes Frauenbild auf einer Leinwand.
Bergman stellt in dieser absolut grandiosen Pre- Title- Sequenz einmal mehr sein Können unter Beweis und kreiert eine surreale Grundstimmung, die auf den Zuschauer geradezu suggestiv wirkt. Das hohe Niveau dieses Anfangs hält er im weiteren Verlauf jedoch nicht durch. Was zum einen daran liegt, dass sich die Geschichte doch recht mühsam über die 78 Minuten Laufzeit schleppt und zum anderen durch die allgemein vorherrschende Sperrigkeit bedingt ist. Sicher, auch "Das Schweigen" ist ein Film, der seinem Publikum so einiges abverlangt. Dennoch nimmt man an den Charakteren und ihren Problemen Anteil, da es sich im Endeffekt eben um zutiefst menschliche Konflikte handelt. "Persona" ist dagegen durch und durch kopflastig geraten. Der immer dichter werdenden Atmosphäre von "Das Schweigen" steht hier eine Distanziertheit gegenüber, die es dem Zuschauer oftmals schwer macht, sich ganz und gar auf den Film einzulassen. Natürlich ist es gut, dass Bergman einen Film geschaffen hat, der Ecken und Kanten hat. Doch braucht er sich nicht zu wundern, sein Publikum zu verprellen, wenn so manche Symbolik aufgesetzt und die ein oder andere Szene unnötig in die Länge gezogen wirkt (besonders auffällig bei der finalen Konfrontation, in der Almas Vermutungen gleich zweimal zu hören sind, wenn auch die Perspektive wechselt). Hinzu kommen Entscheidungen, die den Zuschauer aus dem Fluss der Handlung reißen. Beispielsweise, wenn sich bei der Verlegung auf die Insel auf einmal ein namenloser, übergeordneter Off-Kommentator in das Geschehen einklinkt.

All diesen Schwächen zum Trotz, muss man dem Film aber konstatieren, dass er seine Momente hat. Auf teils recht zähe Sequenzen folgen oftmals geradezu herausragende Einzelmomente wie der, in dem die entsetzte Elisabeth im TV einen buddhistischen Mönch sieht, der bei lebendigem Leibe verbrennt. Auch die Verschmelzung der Gesichter von Andersson und Ullmann ist ein ausgesprochen eindrucksvoller Moment, der im Gedächtnis haften bleibt. Die beiden Hauptdarstellerinnen liefern sich zudem ein eindrucksvolles Psychoduell, trotz der schwer entschlüsselbaren Charaktere, die sie verkörpern.

Fazit: Ein durchaus sehenswerter, wenn auch schwer verdaulicher und anstrengender Film, der dem Zuschauer eine Menge Rätsel aufgibt. Trotz seines Rufs gehört er sicher nicht mit zu Bergmans besten Arbeiten. Zu faszinieren vermag er aber dennoch. Wer verkopftes Kunstkino mit Hang zum Experimentalfilm mag, sollte sich diesen frühen Mindfuck nicht entgehen lassen. Einiges an Geduld sollte man aber schon aufbringen!

Noch 7/10 Punkten

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