Review
von Con Trai
Ein Schrei voller Angst gleich zu Beginn, und einer in der Mitte; jeweils am helllichten Tage wird hier eine Person erschreckt und anschließend mit dem Tode konfrontiert. Eine Welt, die dazwischen und nach dem Äußerlichen hin noch friedlicher als sonst schon in der Arena um die Grafschaft der titelgebenden Midsomer Murders erscheint, aber nach weit unter der Oberfläche die üblichen Schwachstellen und Angriffspunkte der gefährlichen Zivilisation aufweist. Zwischen lauschiger Talsenke, Sündenpfuhl und Kleinstadtdetektei:
Erst kürzlich wegen einem eingeschlagenen Kirchenfenster in die abgeschottene Abtei von Midsomer gerufen, muss sich Detective Sergeant Ben Jones [ Jason Hughes ] alsbald wieder vor Ort einfinden, diesmal in Begleitung von Detective Chief Inspector John Barnaby [ Neil Dudgeon ]. Statt Vandalismus und Sachbeschädigung steht diesmal Mord auf dem Plan, wurde mit Mother Thomas [ Susan Sheridan ] eine der jetzt nur noch drei anwesenden Nonnen in der Gemeinschaft erwürgt. Zudem fehlt das mit einem Wert von 60.000 Pfund dotierte Kirchensilber, was die beiden Ermittler auf ganz unterschiedliche Spuren führt. Was hat der potentielle Störenfried Duncan Hendred [ Jamie Blackley ] mit seinem privaten Drogenhandel und der allgemeinen juvenile delinquency damit zu tun, was der seine Macht missbrauchende Father Behan [ Michael Colgan ], und ist die heimliche Erbin des Gehöfts, Sister Catherine [ Fiona Glascott ] tatsächlich so unschuldig und unbefleckt, wie sie in ihrer Robe erscheint ?
Seit jeher ein Hort der Friedlichkeit wird hier dies noch auf Spitze überhaupt hingetrieben, stellt die Propstei im Schutz geheiligter Mauern doch den größtmöglichen, von Gott persönlich geschaffenen und abgesegneten Platz von Ruhe und Abgeschiedenheit bereit. Der Blick nach draußen von entweder den Mauern, oder wenn Fenster vorhanden dann zusätzlich als Schutz von Gardinen und der Berankung der Häuserwand geborgen. Und beschränkt. Eine zweierlei Sichtweise, die gleichzeitig abschirmt, aber auch die Wahrheit verdeckt und den Lauf der Zeit und der Dinge der realen Welt vor dem Zugangstore scheinheilig und so heuchlerisch, wider besseres Wissen versteckt. Eine vollkommene Schönheit, die der Serie in all ihrer auch als bieder und provinzial beschiedenen Erzähl- und Inszenierungsweise so auch anheim fällt, und in dieser esoterisch-landgenössischen Gegenwartsverdängung ebenso viele Anhänger wie naysayer erhält.
Die Episode speziell, am Ende der 14ten, der 'neuen' Staffel mit veränderten Besetzung und leicht modifizierten Ton platziert, kann sich dabei dem gewohnten und oft liebgewonnenen Netz aus kräftig grüner Vegetation, braunem Gehölzmobiliar und dunkelroten Wohnfassaden sowie dem eher gemächlichen Gang an kriminalistischer Ermittlungen mit ein wenig Klatsch, und Tratsch und sonstigem Privatleben voller Schattenseiten erfreuen. Das ist zuweilen mit Klischee, vielerlei Zufällen und ohne Glanzstücke geschrieben, aber zumindest bibelfest und mit den Kontrasten von Anachronismus und (zahmer) Modernität, zwischen den drei Örtlichkeiten der Abtei auf der einen Seite, dem Pub gleich auf der anderen und mittendrin den Innenansichten in einem vermeintlich gutbürgerlichen Elternhaus analysiert. Eine insgesamt sowieso und immer und überhaupt bigotte Örtlichkeit, die sich für die Touristen, die Alltagsgestressten und die Anhänger britischer murder mysteries als der wahre Traum darstellen, aber in seinem Kleinklein der Bewohner darin auch als Nachtmar entpuppen mag, in der Keiner den Anderen Trauen oder gar den Rücken unbehelligt zukehren darf.
Denn trotz der Gottesfrauen und Gottesmänner und ihrem überaus sehens- und scheinbar auch überaus lebenswerten Refugium hier, in dem selbst Schweigestunden mehrmals am Tage vorgeschrieben und undurchdringliche Gärten voll Blütenfülle und ohne Laut von Hektik und Druck gegeben sind, bleibt die Missgunst und seine Gefahr nicht aus. Motive, dem Anderen Schaden zufügen zu wollen weiterhin reichhaltig, steht das Monetäre an erster Stelle, ein wenig Neid, ein wenig Bewahrung von Geheimnissen, vielleicht auch Gelüsten gleich an nächster Reihung. Verändert hat sich nichts, nur geringfügig das Verhalten von Stammpersonal, in dem DS Jones erst die Aufmerksamkeit zu bekommen scheint, dann aber rasch wieder unter ferner liefen und besserer Assistent mit Funktion als Stichwortgeber, zwischendurch gar nicht im Bilde anwesend übrigens fungiert. Im Grunde arbeiten die beiden Polizisten allein, macht Jones zufällig den Beginn und Barnaby autark den Rest; selbst sein erstes "I encourage enthusiam in my staff", weil sein Untergebener vor ihm am Tatort ist, wirkt wenig glaubhaft bis eher spöttisch im Ansinnen. Dafür wird Mrs. Barnaby, lange als Nebenher und unwichtiges Anhängsel ihres angetrauten Inspector Barnaby eingeführt, hier ausnahmsweise mal sinnig, nämlich als Lehrerin und so berufsmäßig Beobachterin eines der möglichen Tatverdächtigen integriert.