Ich muss vorausschicken, dass ich zu dem Film “gezwungen“ wurde und mein Urteil deswegen nicht aufgrund vorheriger Fehlinformation oder -Erwartung geprägt ist und ich mir meiner Außenseitermeinung bewusst bin. Das Grauen beginnt mit einer sehr bemüht cool sein wollenden Szene im Bus. Wo der gerne verglichene 7 PSYCHOS mit unglaublich aufwendigen, durchdacht-hintergründigen und saftigen Dialogen punkten kann, haut GUNS AND GIRLS einfach mit dem Dampfhammer und dem Statement “Falsche Antwort“ drauf und ein sympathischer Elvis-Imitator muss leider gleich ins Gras beißen.
Natürlich erfahren wir danach noch in aller Ruhe die entsprechende Vorgeschichte und hier gibt GUNS AND GIRLS sofort seine stiltechnische Visitenkarte ab. Alle bekannten Schrägheit und Individualität vortäuschenden Stilmittel wie Zeitlupen, angehaltene Bildstellen, grafische Texteinschübe, megakurze Rückblenden und kurze Musikeinspielungen in immer der gleichen Art werden intensiv genutzt. Dabei sind die Dialoge stets nach der gleichen Masche und absolut eindimensional gestrickt und alle paar Sätze versucht man einen Lacher zu erzeugen. Sprecher A sagt was, Sprecher B hält kurz platt dagegen, dann ein westernartiges Gitarrenriff und eine schnelle Einblendung.
Ein Konzept, welches ein paar Mal in anderen Filmen als Auflockerung funktioniert, in GUNS AND GIRLS läuft es sich aber durch den inflationären Gebrauch erfolgreich tot. Beispiel: A: “Wo ist die Maske“, “Ich bin der Cowboy“, Einblendung “Der Cowboy“, Gitarrenriff…B: “Wer hätte das gedacht“…usw. Zudem begeht GUNS AND GIRLS auch einen Kardinalfehler vieler Filme einer vor allem anfangs eingesetzten vermeintlich notwendigen Stimme aus dem off, die selten zu befürworten ist, aber oft aus dramaturgischer Einfältigkeit eingesetzt wird wenn das Gezeigte alleine nicht funktioniert. Bingo!
Das Niveau der versuchten Witze pendelt sich irgendwo zwischen nicht gesendeter B-Ware von Didi Hallervorden und Louis de Funes ein. Ein Satz im Film selbst gibt die Marschrichtung vor. “Willkommen zum Klischee-Festival“. Mit all den oben genannten Eigenschaften findet GUNS AND GIRLS letztlich dort seine Fans der vermeintlichen Subkultur, die sich hinter vorgehaltener Hand auch über CHARLEY’S TANTE und DER SCHUH DES MANITU von Herbig in die Hosen machen. Wobei letztgenannter dagegen echt witzig ist.
Vokabeln wie “herrlich erfrischend“ und “absolut durchgeknallt“ für GUNS AND GIRLS sind längst vergessene Worthülsen vergangener Tage, die nur noch meine Eltern (damals) und Markus Lanz benutzen. Noch ein Wort zum unsäglichen Tarantino Vergleich von GUNS AND GIRLS, der auch inflationär gebraucht wird. Alles ist für gewisse Menschen im Moment “Tarantino-like“, 7 PSYCHOS, BLACK OUT und jetzt also auch GUNS AND GIRLS. Aha!
Selbst wenn man letzterem noch einen gewissen Unterhaltungsfaktor zugesteht, liegen hier noch ganze Dimensionen filmtechnischer und narrativer Welten dazwischen. Nur weil in comicartiger Übersteigerung ein wenig Gewalt und vermeintlich schräger Witz kombiniert werden, ist es noch lange nicht Tarantino. Es ist einfach nur eine Beleidigung für den guten Quentin und kann hier nicht weiter ausgeführt werden.
Allenfalls mit den Guy Ritchie Filmen wie SNATCH oder BUBE, DAME…könnte man einen zarten Vergleich ziehen, obwohl man damit auch diesen nicht gerecht wird. Da passt der Vergleich zu dem aktuellen BLACK OUT schon besser. Ich finde GUNS AND GIRLS könnte im Mittagsprogramm für Neunjährige ein absoluter Erfolg werden. Der verschämt kichernde und schenkelklopfende Hausfrauenhumor von GUNS AND GIRLS ist so skurril und einzigartig wie Lachgesellschaften, die sich über ältere Männer in Frauenkleidung die auf dem Tisch tanzen totlachen. Das können wir doch öfter im unsäglichen TV bewundern.
Das bisschen rumspritzende Blut krönt das Festival der Lächerlichkeiten. Auch Christian Slater hat sich mit dem B-Filmchen keinen Gefallen getan. Und die paar gelungenen filmhistorischen Gedächtnis-Szenen können das Blatt nicht wenden. Daran können auch bemüht cool sein wollende blonde feuchte Träume in schwarzem Outfit, die völlig unpassend Poe zitieren, nichts ändern. 99% der den Film feiernden Zuschauer werden nicht mal wissen wer oder was “ein Poe“ ist.
Hier bin ich gerne mal Meinungs-Außenseiter gegen den Mehrheitsgeschmack der jetzt schon die Messer wetzt und gerne über mich herfallen darf. Dabei geht es nicht um das Ausspielen von vermeintlich großem und anspruchsvollem Kopfkino gegen gute und einfache Unterhaltung. Ich liebe auch den größten und wirklich skurrilen Schwachsinn oft recht hartnäckig. Trotzdem sollte er gut gemacht sein und einen irgendwie gearteten eigenständigen Nährwert besitzen. Diesen könnte ich aus GUNS AND GIRLS durchaus ziehen, so bei circa 3,6 Promille kurz vor dem Alkoholkoma wenn einfach alles lustig ist. Oder alternativ mit bunten Pillen oder kleinen Pappstückchen im Empathiewahn.
Warum der Film so vielen gut gefällt ist ganz einfach. Es ist die fortschreitende kognitive Entschlackung, deren langfristige Entwicklung man in dem Film IDIOCRAZY extrem gelungen bewundern kann. Zu Recht ist GUNS AND GIRLS in allen wirklich relevanten Filmforen und -Datenbanken gnadenlos untergegangen. Ich respektiere hiermit ausdrücklich die Fangemeinde, die aus GUNS AND GIRLS einen unterhaltsamen Nutzen zieht und kann gut nachvollziehen, warum dies ein guter Film für Autotuner niedrig motorisierter Fahrzeuge, Gelegenheitskinogänger und ungeduldige Actionfreunde ist.
4/10 noGAGS AND niceGIRLS….äh,….Punkten (mit ganz viel Nachsicht)