Review

Wirklich schade, dass „American Dragons“ so ein Mauerblümchendasein fristet und abseits eingeweihter Genrefreunde kaum jemand geläufig zu sein scheint. Dabei gelingt Regisseur Ralph Hemecker, eigentlich ein Mann aus dem TV-Sektor, hier ein kleines Kunststück, an dem oft viele B-Produktionen scheitern. Er erzählt eine verhältnismäßig komplexe Story von Keith W. Strandberg („No Retreat, No Surrender“, „Bloodmoon“) nicht nur spannend, sondern auch nachvollziehbar, inszeniert atmosphärisch und schafft es dazu den Film noch mit zwei richtigen Charakteren zu ergänzen, die dem Publikum im Verlauf des Films nah gehen.

Klarer Pluspunkt in diesem Cop-Thriller ist hier einmal mehr die Kulisse New Yorks. Getaucht in eine schmuddelige, feucht-verregnete, dreckig-düstere Optik liefert sie mit ihren Neonwerbungen den dunklen Seitengassen und den Lichtermeeren den nötigen atmosphärischen Unterbau für diesen äußerst souverän gefilmten Film.

Der dort als Undercover-Cop arbeitende Detective Tony Luca (Michael Biehn, „The Terminator“, „Aliens“) scheitert bei einem Einsatz und muss mit ansehen, wie ein Streifenpolizist und eine unschuldige Zivilistin brutal ermordet werden. Sein nächster Fall bei der Mordkommission führt ihn in Yakuza-Kreise, wo ein mysteriöser Killer sein blutiges Handwerk verrichtet. Als er vom Tatort ein seltsames Zeichen findet und online an alle internationalen Polizeidienststellen schickt, taucht wenig später Inspektor Kim (Park Joong-Hoon, „Two Cops“, „Wanted“) aus Seoul bei ihm auf, um hilfreich am Fall mitzuarbeiten. Problematisch, dass die beiden sich nicht sonderlich gut riechen können und auch nicht unbedingt vertrauen...

Hemecker bringt sehr viel Zeit für sein ungleiches Duo auf und schweißt deswegen eine glaubwürdige Freundschaft zusammen, die gerade aufgrund sehr melancholischer Momente dem Zuschauer zu Herzen geht. Beide tragen ein tragisches Schicksal der Vergangenheit mit sich herum, müssen erst lernen sich zu vertrauen und stellen schließlich fest, dass ihr gemeinsamer Fall ihnen zumindest den Seelenfrieden bringen wird. Anfangs noch deutlich Abneigung zeigend und sich prügelnd (beziehungsweise Informanten verprügelnd), entwickelt sich eine über den Beruf hinausgehende Freundschaft zwischen den beiden, die dann zu den standesgemäßen Freizeitaktivitäten (Saufen und Sport) und sogar in die Kirche zum Beten führt.
Biehn und Joong-Hoon spielen klasse und weit über normalem B-Niveau. Speziell Biehn, der leider in B-Produktionen versank, hat in mir einen ewigen Fan, denn hier vollbringt er einen seiner besseren Leistungen, die mich, auch aufgrund von Hemeckers Optik ein ums andere mal an „The Terminator“ erinnerte. Zudem habe ich für diese am Menschen zehrenden Undercover-Cop-Rollen, wie zum Beispiel auch in „Narc“, ohnehin etwas übrig.
Biehn und der etwas unauffälligere aber ebenbürtige Joong-Hoon sind ein wahrhaft harmonierendes Duo, das ich gern in einer Fortsetzung gesehen hätte, zumal das Ende sich diese Möglichkeit offen lässt.
Cary-Hiroyuki Tagawa spielt hier übrigens nur in einer unauffälligen Nebenrollen mit.

Der gelungene und, man muss es einfach erwähnen, sich auch weit über dem Standard bewegende Score von Joel Goldsmith („Joshua Tree“, „Viper“) und Alex Wilkinson („No Tomorrow“, „The Chaos Factor“) trägt ungemein zum Gelingen des Films bei: Ruhig und spannungsfördernd während der Ermittlungen und dann wieder fetzig in den Actionszenen, von denen es im übrigen nicht allzu viele gibt.
„American Dragons“ versteht sich in erster Linie als Thriller. Es gibt zwar explodierende Autos, blutige Liquidierungen und brutale Shootouts, aber sie treten grundsätzlich nie in den Vordergrund, sondern sind, wenn auch konsequent inszeniert, ein Teil des harten Films, in dem die rivalisierenden Parteien nicht zimperlich in der Wahl in der Mittel sind.

Schade, dass dem bis dahin so überzeugenden Plot final die Puste ausgeht, denn bis hin zum dezenten Humor zwischen dem multikulturellen Cop-Duo verbindet er feinfühlig Charakterentwicklung und Storyelemente, ohne sich zu sehr an Nebensächlichkeiten aufzuhalten. Die Glaubwürdigkeit (Na, klar... Die beiden Gangsterbosse glauben das ihnen Aufgetischte auch gleich und lassen sich in Schutzhaft nehmen..) lässt zugunsten eines schlagkräftigen Finales, in dem dann beide jeweils mit ihren Erzfeinden abrechnen können, nach, wofür der düstere Showdown dann aber weitestgehend entschädigen kann. Einen etwas intelligenteren Ausgang hätte ich mir, gerade in Anbetracht des vorangegangenen Films, dennoch gewünscht.


Fazit:
Dank seinem, für eine B-Produktion, ungewöhnlich komplexen und spannendem Plot, um eine geheime Verbrecherorganisation, die in New York Mafia und Yakuza gegeneinander auszuspielen versucht, um selbst die Macht an sich zu reißen, der beiden tollen Hauptdarsteller und Ralph Hemecker atmosphärischer, trister Optik gereicht es hier zu einem guten Genrefilm, der am Ende dann etwas enttäuscht, weil die Action in den Vordergrund gerückt wird, anstatt die Story intelligent auslaufen zu lassen. Nichtsdestotrotz stimmt hier vom souveränen Score über die vereinzelten, blutigen und harten Actioneinlagen bis hin zum überraschend gelungenen Gleichgewicht zwischen Story- und Charakterentwicklung so ziemlich alles. Mehr kann man hier definitiv nicht erwarten.

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