Review

Gruselige Sachen aus deutschen Landen, frisch auf den Tisch?
Gibt es jetzt - und wie immer sind sie gruselig schlecht. Hat jemand was anderes erwartet?

Seit man die Abenteuer des Romanhefthelden und Geisterjägers John Sinclair geradezu spektakulär schlecht versenkt hatte, ließ Pro 7 jetzt nach Jahren mit "Schreie der Vergessenen" mal wieder die Geister auf die Germanen los.
Im Trailer sah das auch noch ganz passend aus: Hakenkreuz bilden sich in Glasscheiben, Geisterkinder aus dem Computer zeigen direkt in die Kamera, eine Gruppe von Parapsychologen gewinnt in einem ungläubigen Polizisten-Thomas ein neues Mitglied - hey, das konnte tatsächlich brauchbarer Stoff von der Stange sein.

Aber nein, natürlich traut man der eigenen Mythologie nicht genug, um so etwas mit dem Unterhaltungsverfremdungseffekt so glaubwürdig durchzuziehen, daß man es gemütlich und gruselig einpfeifen kann. Stattdessen versehen wir unser Skript mit einer spröden Tatortoptik und den nuscheligsten Dialogen seit dem Wort zum Sonntag. Nicht zu vergessen: Figuren des Grauens.

Es fängt schon mit dem scheinbar farbigen Inhalt an: Polizist entdeckt an Tatort Seltsames, aber kein Kollege glaubts. Da im Glase Hakenkreuze erscheinen und man einer steinalten Uni-Mäzenin ein Sektchen serviert, winken hier KZ und Vernichtungslager samt fieser Mengele-Experimente schon von vor der Stadtgrenze, was nicht gerade den Originalitätsfaktor steigert. Aber wir Deutschen befassen uns ja schon seit längerem nur noch mit einer Form von Vergangenheit, warum sollen die Nazis also nicht auch in unseren Spukgeschichten rumpfuschen.

Auftritt der Ghostbusters: nachdem man sich also auf dem Revier tunlichst lächerlich gemacht hat, stolpert man alsbald auf den wackeren Prof und seine zwei Gehilfen, einen flüsternen Jungspund und ein kurzhaariges Mädel, das einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit hat. Den hat auch unser Held, Kommissar Bernau, den der Verlust des Bruders durch brutale Einbrecher immer noch plagt - was den ganzen Film durchzieht, ohne daß die Akzetanz des Geschehenen mit dem restlichen Film wirklich etwas zu tun hätte.
Tja, dann rennt man also fleißig durch die Stuttgarter Keller-, Gewölbe- und Archivwelt und stellt sich möglichst deppert an, den relativ auffälligen Schmalhansplot in die Länge zu ziehen. Dabei gibts dann schon mal reichlich Unzusammenhängendes zu bestaunen, wie z.B. eine Kontaktaufnahme mit einem Geist in einem leeren Hörsaal, die offenbar binnen einer Sekunde zwei Personen (ungesehen) quer durch den Saal bewegt. Auch verschwinden öfters mal Figuren, wie speziell der Professor, um dann für den entscheidenden Oneliner mal wieder funktionsarm aufzutauchen.

Wer es aber technisch mag, der hat zumindest seine Freude an viele technischen Spielereien wie Infrarotkameras, die die Geister sichtbar machen oder EMP-Geräten, die immer lustig piepen. Nach einem Drittel wird taktisch auch mal etwas Blut vergossen, allerdings ist sogar dieser schmale Goreeffekt weder sonderlich nachvollziehbar, noch benehmen sich angesichts der Bedrohung die Figuren auch nur halbwegs realistisch.
Oder würde nicht jeder von uns mit der Nase am Monitor irgendwelche Zahlenreihen abschreiben, während das Teil bereits stückweise abfackelt (bis auf natürlich genau den Monitor) und mein Brötchengeber gerade aus dem Jenseits unter hohe Voltzahl gesetzt wird, bis es uns ins Gesicht implodiert (ja, genau!!!)?

Als es dann nicht mehr dürftiger werden kann, zieht man den großen Trumpf aus der Tasche: jetzt besorgen wir uns ein Medium, das ganz dolle irre viel spürt, während sie in Uni-Räumlichkeiten umherwandert. Das war zwar schon in "Poltergeist" albern, aber Zelda Rubinstein schaute wenigstens unheimlich drein - hier haben wir ein blasses Mäuschen mit Kuhaugen, für das man auch noch auf die teuren Jenseitsimpulse, Visionen und Rückblicke verzichten darf, weil sie ja TAUBSTUMM ist und man den ganzen ach so unheimlichen Sums (den man eh schon erahnt hat) sich noch mal vom Prof übersetzen lassen muß. Daß die Holde sich dann auch noch Morgana Le Fay nennt, ohne daß das in einen Bezug gesetzt wird (oder auch nur humoristisch gemeint sein soll), ist nur das Sahnehäubchen.

Zum Schluß muß man natürlich noch selbst auf die andere Seite und hier wurde fleißig bei "Frighteners" abgeschrieben, der Held läßt sich mal eben einfrieren, bis er wandeln kann. Da Miss Taubstumm das nicht richtig konnte, läßt man es jetzt die Assistentin machen und das heißt dann: rauf auf den Tisch, Thermostat runter, Tür zu. Diverse Zeit später ist dem Ausstatter dann wohl noch aufgefallen, daß man auch einen Herzmonitor, einen Defibrillator und die Maschine mit dem Ping brauchen könnte, weswegen diese plötzlich neben unserem Jung auftauchen.
Ja, und irgendwann hat er dann die Geister besänftigt, auch wenn wir nicht so recht wissen, wie.

Okay, es gibt dümmere Filme, aber auch SdV ist wieder so eine billig verschenkte Chance, etwas Gutes zu leisten, verkopft und provinziell in der Inszenierung, obwohl die Räumlichkeiten in ihren dezent gewählten Grautönen durchaus beeindruckend wirken. Unheimlich anziehend als "Held" ist Vinzenz Kiefer als Bernau, der seinen rotzigen Ton und seine griffige Chargenmimik hier der Til-Schweiger-Gedächtnisschule widmet. Manfred Zapatka schläft bei seinem marginalen Erklärungsblabla (noch dazu widersprüchlich) fast vor Langeweile ein und Alina Levshin darf immer nur düster vor sich hin starren. Ganz besonders schlimm wegen akuten Untalents: Barbare Meier als "Morgana"; für alle Uninformierten sei gesagt, es handelt sich bei ihr um die Gewinnerin der zweiten Staffel von "Germany's Next Topmodel" und daß man ihr die Peinlichkeit erspart hat, irgendein Stück Text absondern zu müssen, wird wohl seine Gründe gehabt haben.

Insgesamt also wieder mal ein "Finde-die-Fehler"-Fun-Movie, bei dem man herrliche Trinkspiele veranstalten kann und der nur in Bezug auf die computergenerierten Tricks einen gewissen Qualitätsstandard halten kann. Oder auch nur wieder eine verschenkte Chance aus deutschen Landen. (3/10)

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