Wenn man jedes „Auf einer wahren Begebenheit beruhend“ für bare Münze nehmen würde, müsste mittlerweile jedes zehnte Kind in den USA einem Exorzismus unterzogen worden sein. Immerhin kommt hier mal wieder der Dibbuk zum Einsatz, ein nach jüdischem Glauben böser Dämon, der die titelgebende Besessenheit hervorruft, was Regisseur Ole Bornedal rein thematisch sträflich vernachlässigt.
Scheidungskinder haben es immer schwer; besonders die zehnjährige Emily (Natasha Calis) leidet unter der Trennung von Clyde (Jeffrey Dean Morgan) und Stephanie (Kyra Sedgwick).
Als Em und ihre Schwester Hannah (Madison Davenport) ein Wochenende bei ihrem Dad verbringen, ersteigern sie auf dem Trödel eine merkwürdige Kiste. Kurz darauf beginnt Em sich zu verändern…
Leider erzählt Bornedal dem Genrefreund nichts Neues. Alles beginnt wie ein typisches Scheidungsdrama, bei dem die pedantische Ehefrau wesentlich schlechter wegkommt als Clyde, der als Kumpeltyp und sensibler Zuhörer sogleich alle Sympathien auf seiner Seite hat.
Die fugenlose Kiste wirkt zunächst kaum unheimlich, doch wissen wir aufgrund der Exposition bereits, was diese mit dem Finder anstellen kann, sobald Flüsterstimmen aus ihr dringen.
Nicht von ungefähr mag eine Siedlung deutlich an „Poltergeist“ erinnern, der eine oder andere huschende Schatten mit weißem Nachthemd verweist auf „Ring“ und primär folgt die Besessenheit Friedkins Klassiker „Exorzist“, nur eben nicht in Ansätzen so böse und eindringlich.
Flüsternde Stimmen, eine Motteninvasion, eine Hand unter der Gesichtshaut und die üblichen starren Pupillen sind zwar ganz ansehnlich in Szene gesetzt, doch überrascht wird man weder von den Effekten noch durch den Verlauf der Geschichte.
Zum Ende hin wird es eher unfreiwillig komisch, als Clyde als letzte Rettung eine Synagoge betritt und alle Anwesenden maßlos übersteigert reagieren und ein anschließender Exorzismus in einem Hospital nur in Ansätzen Suspense erzeugt.
Zwar ist der Erzählfluss latent zügig und die Geschichte konzentriert sich überwiegend aufs Wesentliche, doch ein paar Hintergrundinformationen hätten gewiss nicht geschadet, denn so wirkt der Streifen recht austauschbar, da ihm markante Eigenheiten fehlen.
So sind Bornedal und Natasha Calis als besessenes Mädchen in unheimlichen Posen ein paar brauchbare Schockmomente zu verdanken und auch der Score von Anton Sanko bringt ein paar gefällige Themen, doch das ist alles zu wenig, wenn anderweitig ab und an unerklärliche Windstöße durch den Raum gehen, der obligatorische Schrei in der Nacht erklingt und ansonsten kaum Blut fließt, weil ja ein möglichst breites Publikum angesprochen werden soll.
Spuktechnisch passabel inszeniert, doch an der Geschichte hätte man noch deutlich feilen müssen, um eingefleischten Genrefans das Fürchten zu lehren.
Knapp
6 von 10