Und am Ende huschte doch wieder der Exorzist durch's Bild...
Wer heutzutage einen Horrorthriller mit Bezug zur Besessenheitsthematik (tolles Wort) dreht, ist sehr wahrscheinlich mutig ("alles ausgelutschter Mummenschanz - 1000 mal gesehen")oder auch nur geldgeil ("Horror läuft immer!")
Nun hat diese story um ein zwei Schwestern, von denen die jüngere anscheinend ganz vernarrt in eine kleine Holzbox ist und damit üble Geschehnisse in gang setzt, noch zwei entscheidende Vorteile: tolles Handwerk (interessante Kamera, gute Regie) und fähige Darsteller (allen voran Jeffrey Dean Morgan, aber auch die beiden Mädchen). Somit macht es erstmal richtig Spaß, dem Aufbau und der Figureneinführung zu folgen. Die Charaktere werden gut etabliert und es gibt zu Beginn kaum billigen Hokuspokus. Da liegt Possession schon mal drei Niveaustufen über dem sonstigen Horrorrotz.
Dann tritt (wie immer) das Böse in die (fast) heile Welt.
Hier vermengt man den leicht domestizierten, kommerziellen Schockhorror zu Abwechslung mal mit dem jüdischen Mystizismus. Das ist zugleich eine Stärke und eine Schwäche. Das immer noch exotisch wirkende Judentum weiß beim Betrachter Aufmerksamkeit zu wecken, andererseits kommen einige Szenen mit dem orthodoxen Juden (welcher der Familie hilft) für einen ernsten Horrorfilm etwas zu (unfreiwillig) komisch daher.
Im letzten Drittel baut der Streifen dann auch merklich ab, verspielt seine sorgsame Figurenkonstellation an den typischen unheimliches-besessenes-Mädchen-mit-böser-Fratze-Quark und bietet nur Genre-Standarts.
Insgesamt besser als erwartet, vielleicht doch etwas zu ruhig, am Ende aber sicherlich zu formelhaft. Der Film schafft es jedoch, daß einem die Figuren wirklich nicht egal sind - für einen modernen Horrorfilm fast schon wieder beachtlich. 6/10