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„Den Draufgänger erkennt man immer daran, dass er ‘ne Party steigen lässt, wenn’s ganz finster kommt!“

Nach „Explorers - Ein phantastisches Abenteuer“ hatte „Gremlins“- und „Howling“-Regisseur Joe Dante offenbar Gefallen an familien- und massentauglicher(er) Unterhaltung gefunden und verfilmte 1987 die stark von „Die phantastische Reise“ inspirierte und u.a. von Steven Spielberg produzierte Science-Fiction/Abenteuer-Komödie „Die Reise ins Ich“, in der auf mikroskopisch kleine Größe geschrumpfte Menschen in fremde Körper injiziert werden:

„Spiel mit ihm, Kumpel – aber quatsch nicht mit ihm!“

Lieutenant Tuck Pendleton (Dennis Quaid, „Enemy Mine – Geliebter Feind“), ehemals ruhmreicher Marines-Pilot, hat nicht nur ein Alkoholproblem entwickelt, sondern ist auch noch seinen Job und seine Freundin, die Reporterin Lydia (Meg Ryan, „Amityville 3“), los. Um an etwas Geld zu kommen, nimmt er einen Job als Versuchskaninchen für ein Forschungslabor an. Dieses testet einen neuen Mikrochip, mithilfe dessen Tuck zusammen mit einem Mini-U-Boot in den Körper eines Kaninchens injiziert werden soll. Doch die Konkurrenz schläft nicht, sondern überfällt das Labor und entwendet den Chip. Während des Überfalls gelangt Tuck statt ins Kaninchen ausgerechnet in den Körper Jack Putters (Martin Short, „Reine Glückssache“), eines tollpatschigen und hypochondrischen Supermarktkassierers. Jack bemerkt davon zunächst nichts, doch da Tuck der Sauerstoff auszugehen droht, muss dieser mit seinem „Wirt“ Kontakt aufnehmen. Dies gelingt per Bordtechnik des Mini-U-Boots und nachdem Jack endlich begriffen hat, was vor sich geht, willigt er ein, Tuck zu helfen. Zusammen mit Lydia versucht er, den Chip zurückzubeschaffen, damit Tuck seinen Körper wieder verlassen und seine ursprüngliche Größe annehmen kann. Doch der sich als Cowboy gebende Hehler (Robert Picardo, „The Howling“) und dessen Auftraggeber Victor Scrimshaw (Kevin McCarthy, „Piranhas“) versuchen, dies mit allen Mitteln zu verhindern…

„Atomwaffen, Jack – die bedeuten gar nichts!“

„Die Reise ins Ich“ ist einer dieser Filme, die in den 1980ern die ganze Familie ins Kino lockten und alle ihren Spaß hatten, ohne mit Effektbombast oder Kitsch-Overkill überschüttet zu werden. Die handgemachten, trickreichen Spezialeffekte wussten zu begeistern und wirken selbstredend auch heute noch immer ungleich charmanter als jeglicher CGI-Einsatz und in Martin Short fand man einen Schauspieler, der prädestiniert dafür ist, sich so richtig schön zum Affen zu machen. Statt aus Slapstick und Grimassen nährt sich der Humor zunächst vornehmlich aus aus Jacks vermeintlichen Selbstgesprächen resultierender Situationskomik. Sein Budget verpulverte Dante u.a. für aufsehenerregende Straßen-Stunts sowie insbesondere im Finale tatsächlich spektakuläre Tricktechnik. Der Antagonist ist ein alberner Cowboy, dessen Anwesenheit in Verbindung mit Tucks Zeitdruck jedoch für genug Spannung sorgt, die Handlung interessant zu halten, wenngleich sie ab Jacks von innen durchgeführter Gesichtsmodulation etwas beliebig zu werden droht. Dafür ist die visualisierte Demodulation ein umso gelungenerer Gag und Dante gelang es nicht nur, das Jahrzehnt, das in der westlichen Hemisphäre durch Filme wie diesen popkulturell mitgeprägt wurde, in seinen schönsten Farben und anheimelnder, vertrauter Atmosphäre einzufangen, sondern sogar eine Discotanzszene nicht lächerlich, sondern ästhetisch auf Zelluloid zu bannen.

Keine Frage, „Die Reise ins Ich“ folgt Mainstream-Regeln, half möglicherweise gar, sie weiter auszudefinieren. Gut und Böse sind eindeutig definiert, zu allem dudelt ein belangloser Orchester-Soundtrack und das Happy End verdient durchaus die Bezeichnung kitschig. Ob der zu einem letztlich offenen Ende führende Epilog installiert wurde, um mit diesen Regeln dann doch ein wenig zu brechen oder schlicht, um einen Aufhänger für eine mögliche Fortsetzung zu haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Was „Die Reise ins Ich“ jedoch so besonders macht, ist die Charakterzeichnung, die ihren Protagonisten nachvollziehbare und überraschende Entwicklungen ebenso zugesteht wie interessante Wendungen und die erzählte Geschichte damit auf einer emotionalen Ebene anregend gestaltet, die über die offensichtlichen Schauwerte hinausgeht. Das konnten einige wenige damals besser, sehr viel mehr jedoch schlechter und ist im Laufe der immer gefälliger und oberflächlicher werdenden Big-Budget-Familienunterhaltung immer mehr verloren gegangen. Das naheliegende Wortspiel, „Die Reise ins Ich“ gehe im wahrsten Sinne unter die Haut erspare ich mir jedoch, denn das wäre dann doch zu hochgegriffen. Liebevoll umgesetzt und in angenehmem, etwas erhöhtem Tempo sowie sehr gut (mit vielen Stammmimen Dantes) besetzt ist er aber zweifelsohne.

Wissenswertes Detail: Kameramann Andrew Laszlo ist der Filius Ernest Laszlos, des Kameramanns des eingangs erwähnten „Die phantastische Reise“, auf den Dante auch die eine oder andere Anspielung für Insider ebenso unterbrachte wie Sam Cookes „Twistin‘ The Night Way“, das Rod Stewart in einer cool rockenden Version während des Abspanns neuinterpretieren darf (weshalb ist der nicht auf meiner Best-Of?). Abschließend kann sich jeder glücklich schätzen, der „Die Reise ins Ich“ damals im Kino sah, wo er bestimmt ein echtes Knallbonbon war. Doch auch den Test der Zeit hat Dantes Körperreise mehr als passabel bestanden.

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