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Versetzt man sich einmal in die Situation des Protagonisten Will Shaw (Henry Cavill), entwickelt "The cold Light of Day" daraus eine hochspannende Ausgangssituation. Eher unfreiwillig war Shaw nach Spanien ans Mittelmeer gereist, um an einem Familientreffen teilzunehmen. Nicht nur, das seine eigene Firma kurz vor dem Bankrott steht, weshalb er meistens am Telefon hängt, auch das Verhältnis zu seinem Vater Martin (Bruce Willis) ist sehr angespannt. Entsprechend schmeißt dieser sein Handy wütend über Bord, als Will sich erneut nicht aufs Segeln konzentriert.

Nachdem Will notgedrungen an Land geschwommen war, um von dort aus zu telefonieren, findet er bei seiner Rückkehr das Boot leer vor - ganz offensichtlich hatte es eine gewalttätige Auseinandersetzung gegeben. Auch die Polizei, die er herbei ruft, will ihn überwältigen, weshalb er nur dank der Hilfe seines Vaters entkommen kann. Er erfährt von ihm, das seine Mutter, sein Bruder und dessen Freundin entführt wurden, um einen Aktenkoffer zu erpressen. Zudem erzählt er ihm auf der Fahrt nach Madrid, das er schon lange für die CIA arbeitet und versuchen will, den Koffer aufzutreiben, weshalb er mit Jean Carrack (Sigourney Weaver), der zuständigen Agentin des CIA, Kontakt aufnimmt. Doch in Madrid wird er, gerade angekommen, von einem Scharfschützen erschossen.

Um einmal zusammenzufassen - Will befindet sich, ohne spanische Sprachkenntnisse, alleine in einer ihm unbekannten Großstadt, hat gerade den Tod seines Vaters erlebt und muss in wenigen Stunden irgendwoher einen Koffer besorgen, um seine anderen Familienangehörigen vor dem Tod zu retten, während sich ein professioneller Killer (Joseph Mawle) auf seiner Fährte befindet. Zudem wird ihm der Mord an einem spanischen Polizisten angelastet, der von diesem bei der Verfolgung kaltblütig erschossen wurde - kurz, das ist ein Fall für Bruce Willis.

Zwar befindet sich dieser auf den Kinoplakaten, aber im Film ist er zu diesem frühen Zeitpunkt leider schon tot. An seiner Stelle versucht Henry Cahill irgendwie aus dem Schlamassel heraus zu kommen, womit die Probleme von "The cold light of day" beginnen, der nicht in der Lage ist, diese viel versprechende Ausgangssituation zu bewältigen. Erkennbar wird das schon an der Hauptfigur. Im Gegensatz zu seinem Vater, der im Nahkampf die Polizisten überwältigte, handelt es sich bei Will um einen Geschäftsmann, der seinen Widersachern hilflos ausgeliefert sein müsste. Doch anstatt darauf zu vertrauen, mutiert Will in ausweglosen Situationen zum Supersportler, springt behände über Hausdächer und stürzt aus großer Höhe auf die Straße, ohne schwerwiegende Blessuren davon zu tragen.

Man nimmt dem durchtrainierten Cahill diese sportliche Seite ab, aber darin zeigt sich die Unentschiedenheit der Macher, die ihr Konzept nicht durchhalten. Immer dann, wenn es wirklich bedrohlich wird, zaubern sie irgendein Kaninchen aus dem Hut - sei es eine hübsche junge Frau (Verónica Echegui), die glücklicherweise sehr gut Englisch kann, deren ungewöhnliche Freunde oder diverse Terrortruppen, die sich feindlich gegenüber stehen. An "The cold light of day" wird einmal mehr deutlich, das viele Ideen nicht auch mehr Qualität bedeuten, wenn die Macher um Regisseur Mabrouk El Mechri keine Struktur in die Story bringen.

Da hilft nicht einmal eine unterforderte Sigourney Weaver, die zwar jeden Passanten mit leichter Hand über die Klinge springen lässt, sollte der ihr gerade im Weg stehen, aber dann zögern muss, wenn sie den Protagonisten vor dem Lauf hat. Auch die spanische Polizei verfügt über eine seltsame Dienstauffassung. Als Will in den frühen Morgenstunden vor dem Killer auf der Flucht ist, stehen gleich mehrere Beamten parat, um bei einem späteren Showdown plus langer Verfolgungsjagd mitten in der Stadt mit Abwesenheit zu glänzen.

Einige Actionsequenzen im Film können sich durchaus sehen lassen, aber angesichts der Ausgangslage bleiben diese oberflächlich, da es dem Film keinen Moment gelingt, die Situation von Will und seinen Mitstreitern auch emotional nachvollziehbar werden zu lassen. Während ein Bruce Willis, alleine auf Grund seiner Präsenz, mit wenigen Nuancen auch Gefühle von Trauer, Verzweiflung oder Wut inmitten eines chaotischen Geschehens transportieren kann, gelingt dies Cahill keinen Moment. Er, ein normaler Geschäftsmann, musste den Tod seines Vaters mit ansehen, wird des Mordes angeklagt, weiß seine Familie in Lebensgefahr und wird von einem Killer verfolgt - doch anzumerken ist ihm das keinen Moment.

"The cold light of day" will viel, kann aber das selbst gewählte Chaos nicht auflösen, sondern verliert zunehmend die Spannung, die er zu Beginn geschickt aufbaute - vielleicht hätte man den Job doch Bruce überlassen sollen? (4/10).

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