„Weihnachten ist nicht die Zeit für Gefühle!“
Die britischen Aardman Animation Studios standen lange für grandiose Stop-Motion-Filme wie die „Wallace & Gromit“-Reihe, versuchten sich mit „Flutsch und weg“ im Jahre 2006 aber erstmals auch am computeranimierten Zeichentrick. Im Jahre 2011 folgte der Animationsweihnachtsfilm „Arthur Weihnachtsmann“ in US-amerikanischer Koproduktion, mit dessen Regie Sarah Smith („Miss Behave“) betraut worden war.
„Ich bin doch nicht nur ein Dickwanst im Kostüm, oder?“
Wir schreiben den 25. November in England: Ein kleines Mädchen schickt dem Weihnachtsmann einen Brief, in dem es berechtigte Fragen stellt. Das Weihnachtspostamt in Person Arthurs, des jüngeren Sohns des Weihnachtsmanns Malcolm Claus, beantwortet diese gewissenhaft. Arthur ist ein Weihnachtsromantiker, dem trotz aller mittlerweile hochtechnisierten Geschenkemassenabfertigung das Individuum am Herzen liegt. Nachdem am 24. Dezember unter der Regie Steves, des älteren Weihnachtsmannsprosses, alles erledigt scheint, entdeckt ein Elf erschrocken, dass ein einziges Geschenk auszuliefern vergessen wurde: das Fahrrad für jenes kleine Mädchen! Während der gefühlskalte Technokrat Steve die „Operation Weihnachten“ aufgrund dieser minimalen Fehlerquote als vollen Erfolg erachtet, erträgt Arthur den Gedanken nicht, dass das Mädchen leer ausgeht. Kurzerhand versucht er zusammen mit seinem 136-jährien griesgrämigen, fortschrittsfeindlichen Großvater Santa und der „Verpackungselfe dritten Grades“ Briony, das Fahrrad noch auszuliefern. Seiner Flugangst zum Trotz wird Großvaters altes Equipment reaktiviert…
„Hol mir die IT-Leute her.“
Auf den Prolog mit dem briefschreibenden Mädchen folgt ein beeindruckender Weihnachtsmanneinsatz an Heiligabend im Staate Dänemark, der mit einem Feldelfen-Bataillon straff durchstrukturiert wie eine Militäroperation ausfällt und auch als solche inszeniert wird. Man ist nicht mehr mit einem Rentierschlitten, sondern mit einem hypermodernen Tarnkappen-Raumschiff und Millionen wieselflinker Elfen unterwegs, um allen Kindern eine Freude zu bereiten. Erwacht ein Kind während der nächtlichen Operation, sorgt das zwar für Aufregung und Gefahr, doch auch dafür hat man entsprechende Tricks parat. Was sich vielleicht technisch unterkühlt liest, bereitet in animierter, komödiantischer Form viel Freude, insbesondere denjenigen, die gern Antworten darauf erhalten, wie der Weihnachtsmann diese alljährliche logistische Herausforderung allen Naturgesetzen zum Trotz meistern soll. Mit dieser die Handlung mit Science-Fiction-Elementen versehenden Modernisierung wird nicht weniger als der Weihnachtsmannmythos am Leben erhalten.
„Viel zu viel zu tun...“
Passend zum durchorganisierten Einsatz werden Orts- und Zeitangaben eingeblendet, das Tempo ist extrem hoch. Einen Kontrast dazu bildet Arthur als sentimentaler Schlurfi, der in seiner Tollpatschigkeit auch schon mal Chaos in Steves Einsatzzentrale anrichtet. Sein Vater, der amtierende Weihnachtsmann, steht dem ganzen Betrieb zwar vor, übernimmt jedoch in erster Linie nur noch repräsentative Pflichten und käme ohne Technik und Elfen gar nicht mehr aus. In einem parallelen Handlungsstrang drängt Steve darauf, dass sein Vater langsam, aber sicher in den Ruhestand tritt, damit er dessen Nachfolger wird. Kompetenzgerangel und Postenneid in der Familie Claus! Arthurs Geschenkmission für die kleine Gwen, so der Name des Mädchens, verläuft erwartungsgemäß turbulent und gerät zur reinsten Odyssee, als man sich mehrmals verfliegt. Man landet an kuriosen Orten und wird zwischenzeitlich sogar für Außerirdische gehalten.
„Arthur Weihnachtsmann” geht mit vielen lustigen Details einher, während zugleich überaus irdische Industriegesellschaftsthemen verhandelt werden. Die Gegenüberstellung alter und neuer Technik zieht sich durch den Film, ohne dass er sich dabei auf eine Seite schlagen würde. Vielmehr scheint er für ein Miteinander aus Tradition und Moderne zu werben. Sogar Anspielungen auf geschichtliche Ereignisse werden untergebracht, wobei sich die Handlung nie dramaturgisch verzettelt und bei allem Tempo der Schnitt punktgenau sitzt.
Aber: Hier scheint Weihnachten über weite Strecken ein reines Konsumfest zu sein, die Geschenke stehen eindeutig im Mittelpunkt. Andererseits wird die Relevanz jedes einzelnen Individuums betont und finden sich auch ein paar Sentimentalitäten wieder. Der Film folgt aber auch ein gutes Stück weit US-amerikanischer Actionfilm-Logik, nach der Kollateralschäden keinerlei Rolle spielen: Der Ufo-Sichter ist vermutlich traumatisiert, ein anderer Mitmensch ist sein Boot los, aber Hauptsache, dieses verflixte eine Kind bekommt sein Geschenk. Zugestehen muss man „Arthur Weihnachtsmann“ indes, dass es weniger darum geht, wie toll es ist, Geschenke zu erhalten, sondern darum, wie viel Freude Schenken bereitet.
Das Finale wartet mit einer hübschen Überraschung auf und ein Epilog erklärt in Texttafelform, was aus allen Beteiligten geworden ist. Der Film findet einen sehr versöhnlichen Abschluss, was die angesprochenen Kritikpunkte relativiert. Doch, „Arthur Weihnachtsmann“ ist ein großer Familienspaß, der technisch in Form wie in Inhalt auf der Höhe der Zeit ist und kitschige Momente weitestgehend zu vermeiden versteht. Die 3D-Version, als die er in den Kinos lief, habe ich übrigens nie gesehen – gut möglich, dass diese sogar noch etwas mehr Spaß macht.