„Blackwoods“ markiert das zweite US-Projekt des deutschen Regisseurs Uwe Boll („Amoklauf“), welcher sich in den Folgejahren mit diversen Videospiel-Verfilmungen zu dem gegenwärtig wohl kritisiertesten Vertreter seiner Zunft „entwickelte“. Während ich seine Produktionen aus unseren Landen bis heute bewusst (aus mangelndem Interesse) ignoriert habe, betrachte ich seine amerikanischen Veröffentlichungen mit bestenfalls gemischten Gefühlen, denn jene sind zwar allesamt auf eine gewisse Weise unterhaltsam, qualitativ jedoch letztendlich nicht wirklich überzeugend: „Sanctimony“ (eine Kreuzung aus „se7en“ und „American Psycho“) war schwach, „Homeroom: Heart of America“ (ein Drama über eine Highschool-Schießerei) immerhin solide, wenn auch zu oberflächlich, die Game-Umsetzung „House of the Dead“ eine grandiose Trash-Supernova, welche immerhin Laune zu generieren vermochte, genauso wie „Alone in the Dark“ – letzterer hingegen mit vermindertem Fun-Faktor und dem Fehler, sich selbst zu ernst zu nehmen. Den 2002 entstandenen „Hinterwäldler“-Thriller „Blackwoods“ kann man als Ideen-Sammelsurium diverser bekannter Werke (vom „Texas Chainsaw Massacre“ über „Deliverance“ bis hin zu „Fight Club“) umschreiben, allerdings ohne der Bürde bestehender Erwartungen bestimmter Fangruppierungen (wie etwa bei den Spieladaptionen)…
Langsam wird die Beziehung zwischen Dawn (Keegan Connor Tracy: „White Noise“) und Matt (Patrick Muldoon: „Starship Troopers“) ernster – ein sicheres Anzeichen dafür ist zweifelsohne das Vorhaben, für einige Tage raus aus der Stadt in die umgebende ländliche Region zu fahren, um zum ersten Mal ihre dort lebende Familie zu besuchen. Unterwegs entscheiden sie sich gegen Abend, für die Nacht noch ein Zimmer im Sinne ungestörter Zweisamkeit zu nehmen, doch Matt kann sich des Gefühls einfach nicht erwehren, dass etwas nicht stimmt bzw merkwürdig erscheint – schließlich hat sich bis dato eine Kellnerin ihnen gegenüber seltsam verhalten, der örtliche Sheriff (Michael Pare: „Straßen in Flammen“) behauptete gar, ihn von irgendwo her zu kennen, und der Motelbesitzer (Clint Howard: „Ticks“) ist ohnehin ein recht skurriler Zeitgenosse. Vielleicht reagiert er aber auch nur zu empfindlich auf die veränderte Lebensweise dieser Leute fernab der für ihn gewohnten „urbanen Zivilisation“ – oder lässt die Abgeschiedenheit eventuell ein überwunden geglaubtes Trauma wieder aufleben? Vor einigen Jahren hatte er nämlich ein Mädchen aus Versehen überfahren, als er sich angetrunken während der Fahrt im entscheidenden Moment eher auf die Einstellungen seines Radios konzentriert hatte. Wohlmöglich waren seine Verarbeitungsfortschritte doch nicht so erfolgreich verlaufen, weshalb die Sache nun, im Rahmen der neuen Situation (mit Dawn sowie dem „fehlenden“ Alltagsstress) erneut an die Oberfläche tritt…?
Nach einem „beruhigenden“ Liebesakt macht es sich Matt im Zimmer für die restliche Nacht gemütlich, während Dawn draußen noch etwas frische Luft schnappen will, worauf sie aber spurlos verschwindet und er aus heiterem Himmel von einem Mann mit einer Axt angegriffen wird. „Natürlich“ glaubt ihm die Polizei kein Wort, weshalb er sich umgehend selbst zum Elternhaus seiner Freundin aufmacht, um dort nach ihr zu suchen, wo er allerdings sogleich von diversen Familienmitgliedern gefesselt und in den Keller verfrachtet wird, als er ihren Bruder als den Angreifer aus dem Motel wieder erkennt. Was nun folgt, ist eine bizarre „Familiengerichtsverhandlung“, denn die getötete junge Frau von damals war eine von ihnen – und nun soll er für ihren Tod büßen! Nach der Aufarbeitung jener Ereignisse wird er, trotz Reue und energischer Verteidigung, vom Familienoberhaupt schuldig gesprochen sowie zum Tode verurteilt – mit zwei Minuten Vorsprung (inklusive eines Messerstichs im Oberschenkel) wird er dann in den Wald hinausgelassen und fortan von den Brüdern bis aufs Blut gejagt...
Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Handlungsverlauf noch recht linear und leicht vorhersehbar, doch statt sich nun zu einer reinen „Most Dangerous Game“-Variante zu entwickeln, lenkt Boll (welcher sich auch fürs Drehbuch (mit-) verantwortlich zeichnet) die Story auf einen anderen Pfad, der alle zuvor erfahrenen Tatsachen auf den Kopf stellt und in eine neue Perspektive rückt: Je länger Matt in der Nacht herumirrt, desto stärker entgleitet ihm vom Verstand her die Situation, was verschiedene Erzählebenen und Aufdeckungen zur Folge hat. Mit diesem Kniff wird zwar der stereotype Fortgang umgangen – allerdings (wie so oft) auf Kosten eines Großteils der Logik.
Leider reicht „Blackwoods“ nie wirklich an seine übermächtigen Vorbilder heran – die Familie in „TCM“ ist wesentlich irrer, die Menschenjagd (beispielsweise) in „Surviving the Game“ deutlich aufregender – und trotzdem ist der Film letztendlich gar nicht mal so schlecht ausgefallen. Das letzte Drittel, in welchem es viel um die Aspekte Gewissen, Wahrnehmung und Erinnerungsverarbeitung geht, empfand ich persönlich als recht interessant, was ebenfalls für die schwerlich vorherzusehende Schlusswendung gilt, welche, wie fast immer in solchen Fällen, natürlich die Geister auf breiter Fläche scheiden dürfte.
Hauptdarsteller Patrick Muldoon („the Arrival 2“) verbleibt im Verlauf einigermaßen blass, denn die umfassende Bandbreite an Emotionen beherrscht er nicht unbedingt ausreichend. Michael Pare („Virgin Suicides“) und Keegan Connor Tracy („Final Destination 2“) machen ihre Sache ordentlich, Clint Howard („the Wraith“) ist mal wieder gewohnt herrlich schräg/creepy als Manager der örtlichen Absteige. Bolls Inszenierung kann man insgesamt als routiniert betrachten, obwohl man auf einige der häufigen Kameraspielchen ruhig hätte verzichten können, durch welche der Storyverlauf immer wieder, zum Beispiel in Form schnell eingeblendeter Rückblenden, unterbrochen wird, die zwar ihren Sinn erfüllen und zentrale Teile der Vorgeschichte bereits vor der eigentlichen Auflösung andeuten bzw gar preisgeben, trotzdem aber den Ablauf zu „künstlich aufgepeppt“ wirken lassen. Zusätzlich zu den Flashbacks finden übrigens noch Flashforwards, Farbfilter sowie verschleierte Zeitlupeneinstellungen ausgiebige Verwendung.
Mit einem geringen Budget, größtenteils bestehend aus deutschen Geldern (Stichwort: „Boll KG“), kostengünstig in Britisch Columbia realisiert, vermag der Film tatsächlich passabel zu unterhalten, was mit an den atmosphärischen Aufnahmen der Berge und Wälder sowie der stimmigen Musikuntermalung (eine Kombination aus passend verwendeten rockigen & ruhigen Klängen) liegt – gerade gegen Ende im Rahmen der Auflösung. Darüber hinaus gelingt es „unserem Uwe“, eine wirklich großartige Sequenz zu konzipieren bzw umzusetzen: Im Unfallverlauf schleudert Matt seitlich mit seinem Wagen auf das Mädchen zu – der dabei entstehende kurze Blickkontakt der beiden Personen vor dem Unvermeidbaren wurde wirkungsvoll eingefangen, was den Aufprall ihres Kopfes gegen das Seitenfenster umso drastischer wirken lässt. Sofern man sich also darauf einstellt, keinen Slasher oder gar Gore-Fest geboten zu bekommen, sondern einen psychologischen Thriller, und sich (wiederum) von einem finalen Twist nicht zwangsweise die Laune verderben lässt, kann getrost mal einen Blick riskieren – allerdings besser ohne zuvor den Trailer angesehen zu haben, welcher leider arg viel über die Handlung preisgibt.
Fazit: Da mir die Schlusswendung kein wirkliches Ärgernis bereitete und ich mich im Vorfeld gar der Tatsache „written & directed by Uwe Boll“ neutral genähert habe, bleibt nach dem Sichten ein durchweg solider Eindruck zurück, denn es gibt da draußen wahrlich schlechtere Filme, welche vergleichbare Storymotive beinhalten bzw behandeln … 6 von 10.