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Es beginnt alles ganz schlimm: Limuns Hund wird vorsätzlich angeschossen. Dank Not-OP kommt er aber immerhin durch. Limun, ein ehemaliger Soldat, lebt mit seinen beiden Schätzen, also dem Hund und außerdem seiner Freundin Pearl, zusammen in seinem Haus, in dem er an gefühlt 20 Orten - von der Cornflakes-Packung bis zur Blumenvase - seine Waffen für den Notfall versteckt. Eine Hochzeit zwischen Lenka und Limun ist ebenfalls in Planung. Doch auch hier läuft es schief: Der Tierarzt, der Limuns Hund gerettet hat, ist schwul. Und zudem noch der Freund des Hochzeitsplaners, bei dem Lenka sich schlau macht. Als Limun dann gegenüber dem Pärchen gewalttätig wird und sich auch sonst nicht sehr gentlemanlike verhält, macht sich Lenka zunächst auf und davon. Das ist zu viel für Limun. Da macht ihm der Tierarzt ein Angebot: Wenn Limun die Homosexuellen bei ihrer Parade duch die Belgrader Innenstadt vor Übergriffen schützt, bekommt er im Gegenzug seine Traumhochzeit. Limun willigt ein, hat nun jedoch damit zu kämpfen, Leute zu finden, die ihm dabei helfen.

Die ernste Grundthematik vom Anderssein - egal ob nun in politischer, liebestechnischer oder sonstiger Hinsicht - bereitet der Film über weite Strecken humorvoll auf. Die Tatsache, dass nach dem Stattfinden der Gay Pride 2010 die Veranstaltung im letzten Jahr aus Angst vor rechten Übergriffen abgesagt worden ist, verdeutlicht zudem die Aktualität und Brisanz des verfilmten Themas.
Doch nicht nur der Konflikt zwischen dem rechten Block und den Homosexuellen steht im Fokus. Es ist vor allem auch die Geschichte des Balkans, der in den Blickpunkt des Films rückt. Nachdem ihn seine Arbeitskollegen hängen lassen, muss Limun in diverse Länder reisen, um dort mit ehemaligen Kriegsgegnern zu verhandeln. Einöde und vom Krieg zerschossene Häuser dominieren dann meist das Bild, auch gepanzerte US-Fahrzeuge sind unterwegs. Doch zwischen all dem Trostlosen sprießt nicht nur Unkraut, sondern auch das menschliche Leben. Und genau hier wird deutlich, wie wenig sich die Menschen unterscheiden. Seinen ersten Kumpel hatte Limun beispielsweise im Krieg kennengelernt. Während Limun als Scharfschütze in einem kleinen Städtchen hockte, kam sein Kumpel aus der Deckung, da er einen Platz für seine Notdurft suchte. Statt einer tödlichen Kugel erhielt er von Limun Klopapier. Die darin versteckte, nicht scharfe Granate ist nur ein Beispiel für den Humor des Films.
Die Begegnungen mit den diversen Veteranen zeigen, dass trotz der erklärten Feindschaft auch Freundschaft da ist. Zudem gibt es auf der Reise einige der besten Lacher. Vom Facebook-Account des Eselbabys bis zum heroinsüchtigen Adler wird ein bunte Palette an Gags abgefeuert. Allgemein gibt es viele Anspielungen auf Tiere, die sich auch auf die Menschen übertragen lassen würden. Da wären zum Beispiel noch die wilden, kämpfenden Hunde als mögliches Sinnbild für einige der auf Gewalt eingestellten Protagonisten.

Dass der Film mit einigen Sprüchen gegenüber den Homosexuellen teilweise machomäßig wirkt, mag stimmen. Doch gerade die Dekonstruktion von "männlichen" Mythen, deutlich gemacht durch die Männerfreundschaften bei Ben Hur und Die Glorreichen Sieben, relativiert die Aussagen und lässt das Augenzwinkernde dahinter deutlich werden.

Während also über einen Großteil des Films Sprüche geklopft, Freundschaften erneuert und/oder geknüpft und literweise Alkohol die Kehlen hinuntergeschüttet werden, wird gegen Ende der Drama-Regler fast auf Anschlag gestellt. Die Verknüpfung und das Ausloten von Komödie mit Drama scheint dabei auf den ersten Blick unausgewogen. Die dramatische Wendung lässt jedoch noch die vielleicht wichtigste Botschaft deutlich werden: Nur weil es Gegner gibt, die auch zu Freunden werden, nur weil es genug Menschen gibt, die zu Akzeptanz statt Ignoranz fähig sind, ist es zu einer gemeinsamen friedlichen Existenz noch immer ein sehr, sehr weiter und ungemein schwieriger Weg. Und diese allgemeine Botschaft gilt letztlich nicht nur für den Balkan, sondern exemplarisch für die gesamte Welt.

Mit der Symbolik des verletzten Kopfes, die bereits im ersten Teil des Films aufgezeigt wird, schließt zum einen die filmische Erzählung. Zum anderen lässt sie auch Raum für Fragen. Welche Schuld trägt beispielsweise derjenige, der für die erste Kopfverletzung verantwortlich ist? Hat er seine Schuld im Verlauf des Films beglichen? Aus welchen Motiven begleicht er diese Schuld? Diese Fragen sind nicht kurz und knapp zu beantworten. Sie regen zur Reflexion des eigenen Handelns und des Verhaltens gegenüber vermeintich "Anderer" an. Und deswegen, halte ich diesen Film für sehr gelungen.

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