"The girl on a bicycle" wurde unter deutscher Produktion mit einem internationalen Cast in englischer Sprache gedreht - us-amerikanischer Regisseur (Jeremy Leven), deutsche (Nora Tschirner), französische (Louise Monot), italienische (Vincenzo Amato) und englische (Paddy Considine) Hauptdarsteller - und kommt unter dem wenig innovativen Titel "Liebe und andere Turbulenzen" in die deutschen Kinos, der anders als der geheimnisvollere Originaltitel keinen Zweifel daran lässt, worum es hier geht - um eine romantische Liebeskomödie.
Reflexartig fallen Begriffe wie "konstruiert", "vorhersehbar", "oberflächlich" oder "risikolos" - aber Stopp! - Es handelt sich schließlich um einen Unterhaltungsfilm, um eine frische Sommerkomödie, die den Zuschauern ein Lächeln ins Gesicht zaubern soll und kein ernstes, nachvollziehbares Drama. Zudem spielt die Handlung vor der Kulisse von Paris, bekanntlich die Stadt der Liebe - Eiffelturm, Sacre-Coeur, Notre-Dame - und wenn dazu Paolo (Vincenzo Amato) seinen italienischen Landsleuten als Busfahrer und Reiseführer erklärt, dass hier alles nur vom großen Vorbild Rom abgekupfert wurde, dann ist das in seiner Ironie wirklich komisch. Auch sonst verbreitet der Film gepflegtes Europa-Feeling, wenn Paolos bester Freund und Kollege Derek (Paddy Considine) mit trockenem englischen Humor reagiert, seine deutsche Freundin Greta (Nora Tschirner) seinen Heiratsantrag in ihrer pragmatisch, charmanten Art unterstützt und ein Blick aus den Augen der hübschen Französin Cécile (Louise Monot) genügt, sein Gefühlsleben durcheinander zu bringen.
Ein wenig leidet der Film unter der deutschen Synchronisation, da die Feinheiten der unterschiedlichen Sprachen nicht zur Geltung kommen, aber der Beginn und damit Anlass der Story ist vielversprechend. Paolos Reaktion auf die lächelnde Radfahrerin ist nachvollziehbar, da sich darin eine innere Unsicherheit manifestiert, die nicht Wenige vor dem endgültig scheinenden Schritt einer Verehelichung ergreift. Dereks Vorschlag, sie einfach kennenzulernen, um die Illusion damit loszuwerden, entbehrt nicht der Logik, weshalb Paolo versucht, die schöne Unbekannte um ihre Telefonnummer zu bitten. Dass er dieses Vorhaben nicht unbedingt mit Greta teilt, ist nachvollziehbar, da der Film gleichzeitig mit diversen Klischees spielt. So können sich Gretas Freundinnen kaum vorstellen, dass ein italienischer Mann dauerhaft treu sein kann, was ihr Misstrauen sofort befeuert, als Paolo beginnt, sich seltsam zu verhalten.
So weit, so typisch für eine anständige RomCom, was auch für den kleinen Unfall gilt, den Paolo verursacht, bei dem Versuch, die französische Radfahrerin mit seinem Bus einzuholen. Sie landet im Krankenhaus, er auf der Straße, womit die Unwahrscheinlichkeiten leider beginnen. Zwar ist Cécile sehr hübsch und arbeitet als Model - wenn auch, dank ihrer übertrieben vorgeführten Trotteligkeit mit wenig Erfolg - aber Freunde hat die zweifache Mutter in Paris seltsamerweise keine. Zudem hatte sie der Vater ihrer Kinder früh verlassen, was sie nicht daran hindert, ihrer 5jährigen Tochter und ihrem 6jährigen Sohn immer noch vorzugaukeln, er wäre gerade sehr mit dem Bekämpfen von Drachen beschäftigt und käme bestimmt wieder zurück. Als Paolo sie mit schlechtem Gewissen im Krankenhaus besucht, ist er vor der Krankenschwester gezwungen, sich als ihr Mann auszugeben, und erzeugt so bei den Kindern den Eindruck, ihr Vater wäre zurück gekommen.
Drückt man beide Augen fest zu, immer mit dem "RomCom" - Attribut im Bewusstsein, lassen sich die jetzt folgenden Abläufe annehmen - die Kinder reagieren hocherfreut auf ihren wieder aufgetauchten Vater, der zwar nur wenig französisch kann (wie es in anderen Szenen scheint), aber super Spaghetti kocht, Paolo lernt im Schnelldurchlauf die Vaterrolle und übernimmt sofort perfekt die Aufgaben der bettlägerigen Mutter, die wiederum keinen Moment erschrocken auf den ihr fremden Mann reagiert, sondern sich von diesem gleich die Unterwäsche wechseln lässt und ihm ihre Kinder anvertraut. In Paris ist man eben locker und voller Lebensfreude, ohne Misstrauen gegenüber einem freundlichen Italiener, der die Mutter zwar gerade krankenhausreif gefahren hatte, aber sich danach als liebevoller Ersatzvater bewährt. Zudem werden seine Gefühlsverwirrungen gar nicht mehr thematisiert. Cécile spielt emotional keine Rolle mehr, nachdem sich Paolo auf Wäschewaschen, Kochen, Spielen, dem morgendlichen Gang zur Schule und der abendlichen Gute-Nacht-Geschichte konzentrieren kann - die wahren Werte im Leben haben bekanntlich schon jeden Mann geläutert, zumindest in einer RomCom.
Trotz größten Wohlwollens für das Genre, taucht in diesem Zusammenhang die Frage auf, warum Paolo in einer solch lässigen Atmosphäre voller netter Mitmenschen und französischer Lebensart seiner Greta nicht einfach sagt, dass er sich um Céciles Kinder kümmert? - Er wäre nicht einmal gezwungen, ihr seine kurze Irritation zu beichten, denn als Verursacher des Unfalls gibt es einen logischen Anlass für sein Verhalten. Ab diesem Punkt verliert der Film die entscheidende Glaubwürdigkeit, die auch eine fantasiereiche, idealisierte Komödie benötigt, um wirklich komisch oder mitreißend zu sein. So engagiert Vincenzo Amato und Nora Tschirner in ihrer gewohnt schlagfertigen Art dagegen anspielen, bleibt die gesamte Auseinandersetzung zwischen ihnen schlicht unnötig und ohne jede echte Dramatik, die selbst eine RomCom benötigt, um mit den entzweiten Liebenden mitfiebern zu können. Entsprechend bleiben witzige Momente rar, da die entstehenden Situationen zu künstlich inszeniert sind - stattdessen auf übertriebenen, im Zusammenhang unpassenden Slap-Stick zu setzen, rettet den Film leider auch nicht.
Dass sich alles um sie herum auf geradezu wundersame Weise fügt, sich jeder noch so kleine Konflikt in Luft auflöst, kann dann schon nicht mehr überraschen, was eine abschließende Frage aufwirft? - Es ist legitim, mit einem Film einfach nur unterhalten und die schönen Seiten des Lebens betonen zu wollen, aber warum traut man den Zuschauern so wenig zu, um auch nur geringe Anleihen an das reale Leben mit einzubeziehen? (3,5/10)