Rosewood Lane. So lautet der Name auf dem Straßenschild, welches wir schon in der ersten Szene sehen. Mehrfach. Damit wir es auch ja nicht vergessen. Eine typische Vorstadtsiedlung, die nun von der Polizei aufgesucht wird. Rosewood Lane. Hunde bellen unheilschwanger. Vielleicht müssen sie auch einfach nur kacken. Rosewood Lane. Ein toter älterer Herr liegt am Fuße der Kellertreppe in der... Rosewood Lane. Er war ein Säufer und wohl im Suff heruntergestürzt... in der Rosewood Lane. Seine Tochter, die Radiopsychologin Sonny (Rose McGowan), zieht einige Zeit später in das leerstehende Haus. Das befindet sich übrigens noch immer in der Rosewood Lane. Dort sind die zumeist etwas älteren Nachbarn sehr zurückhaltend. Und die Hunde bellig. Und die Porzellanfiguren, die Sonny auf der Küchenfensterbank aufstellt, kitschig. Ihr Freund - also Sonnys, nicht der der Figuren - kommt sie auch gelegentlich mal besuchen... in der Rosewood Lane. Doch es ist schon früh klar, dass in der Rosewood Lane etwas nicht stimmt. Der Zeitungsjunge ist irgendwie suspekt, wie er so die Rosewood Lane auf und ab fährt. Er versucht, Sonny ein Abo aufzudrängen, mit dem Fuß in der Tür. Unseren Fuß wünschen wir ihm zu diesem Zeitpunkt schon in seinem Arsch. Er ist wohl der Vorstand des Ryan-Reynolds-Fanclubs, und er hat schwarze Augen. Schauen Sie mal, wie schwarz meine Augen sind, ist das nicht diabolisch? Und herrlich hintersinnig kann ich auch grinsen. Ganz bös bin ich!
Dann kommt langsam das Grauen. Früher verwendete man Weichzeichner, um eitles Weibsvolk auf der Leinwand geschmeidiger erscheinen zu lassen. Heutzutage legt man offenbar Gesichts-DNR drüber. McGowans Gesicht ist vor allem bei Nahaufnahmen tatsächlich digital weichgefiltert, was gerade bei Gegenshots ihres Freundes auffällt, bei dem man jede Pore sieht. Zudem lassen ihre aufgespritzte Oberlippe und die 17 Hektoliter Botox von Stirn bis Kinn nicht einmal im Ansatz zu, dass sie so etwas wie Mimik bewerkstelligen kann. Man hätte gleich einen CGI-Schädel auf ihren Hals setzen können. Der "junge" CGI-Flynn in Tron Legacy wirkte dagegen wie das sprühende Leben. Nun, jedenfalls befragt Sonny Nachbarn. Und einer sagt ihr, dass der Zeitungsjunge Dinge tun kann, zu denen kein Junge fähig sein sollte. Ich dachte erst, er meinte nerven, aber es wird einem hier etwas paranormales suggeriert. Ist der Kerl ein Dämon? Und warum ist er plötzlich so auf Sonny fixiert? Er dringt heimlich in ihr Haus ein und stellt ihre Figürchen um, der blanke Horror. Und beim Grillen mit Freunden begafft er sie durch den Lattenzaun. Immer wieder Nahaufnahmen von Astlöchern, durch die man die bösen schwarzen Augen sieht, stets unterlegt mit einem prägnanten Strich über die Violine. Woohoo, ist das gruselig... vor allem beim gefühlt 23sten mal. Schlussendlich schaut Sonnys Freund durch eines der Löcher und bekommt ins Auge gepinkelt. Kein Scheiss, das passiert wirklich! In der Rosewood Lane.
Wir erfahren dann, dass Sonnys Vater von dem Jungen wohl umgebracht wurde. Und da wir alle "Drehbücher verfassen für Anfänger" kennen, wissen wir auch, dass die bei der Grillparty eingeführte Armbrust irgendwann noch zum Einsatz kommen wird... Wer hätte das gedacht? Und da der Paperboy ganz abgrundtief, also echt ganz fies böse ist, ruft er Sonny während ihrer Sendung an. Da sagt er dann so unheimliche Dinge wie "Hickory, Dickory, Dock ". Mir ist ja bald die Gänsehaut aus dem Genick gesprungen vor Furcht... Ganz drollige Szene übrigens, als Sonny zur Arbeit fährt und am Straßenrand der böse Bube mit seinem Bike steht und einer Papptafel mit der Aufschrift "Hickory". Ein Stück weiter steht er wieder, diesmal mit "Dickory". Und anschließend noch mal, und ihr erahnt, was auf dem dritten Schild steht. Terror ist das, da können die Franzosen einpacken! In einer Szene rennen ihm ganz viele Hunde hinterher, voll dramatisch. Sonny legt sich allerdings eine Katze zu. Die passt auch besser durch die Hundeklappe. Oh ja, die Klappe... da gibt es auch noch eine ganz spannende Szene, in der Sonnys Freundin die Katze reinholen will. Tür aufmachen war gestern, heutzutage tastet man minutenlang blind durch die Klappe rum, bis man... oh Überraschung, NICHT die Katze ergreift.
Ray Wise spielt hier übrigens einen Cop. Tut mir leid für ihn. Seine Sterbeszene ist ganz furchtbar heftig, wie er so eine Minute lang röchelnd mit einem Armbrustpfeil (aha!) im Haupte dahinsiecht. Hat's mich fast zerrissen. Und wo wir gerade bei "Drehbücher verfassen für Anfänger" waren: Sonnys Freund hat ein ganz schlimmes Trauma. Er wurde als Kind mal mit einem Schnorchel in der Kauleiste verbuddelt. Hat ihm arg zugesetzt. Als er später verschwindet (nach einer unschönen Begegnung mit dem Paperboy), finden die Cops im Garten einen Schnorchel, der aus dem Boden ragt. Aber ihr Freund ist dort nicht zu finden. Er taucht auch nicht mehr auf. Weiß der Teufel, wo der abgeblieben ist. Aber wer will jetzt auch noch ernsthaft mit so banalen Dingen wie Logik anfangen? Schlussendlich liefern sich Sonny und der Zeitungssatan ein Duell auf der Straße. Sie im Auto, er auf dem Drahtmuli. Auto: 1, Fahrrad: 0. Das Fahrrad segelt mehrere Sekunden lang durch die Luft, um dann unmittelbar hinter dem Auto zu landen. Der Junge... ein Hund sitzt bellend da, und ich erwartete schon eine erneute Aufnahme des Schildes "Rosewood Lane", aber nein, den Giftzwerg hat es etliche Meter entfernt verdammt weit oben in einen Baum gedroschen. Er hatte wohl eine Sputnik in der Hecktür. Er hängt da, aufgespießt auf einem Ast, und lacht irre. Ich glaube, er lachte uns aus. Bei seiner Beerdigung dann, ja dann, dann kommt der Knüller! Festhalten, die Pointe kommt jetzt: Da stehen noch zwei von der Sorte da! Es waren Drillinge! Böse Drillinge, die ohne erkennbaren Grund mordend die Nachbarschaft dezimieren. Die Polizei scheint das nicht weiter zu jucken. Und auch sonst niemanden. Mich am allerwenigsten.
Ein paar Zitate des Regisseurs Victor Salva (Jeepers Creepers):
"With Rosewood Lane, I wanted to see how many great jump-out-of-your-seat scares I could pack into one film."
Vielleicht wollte er das herausfinden, aber wieso er es nicht gemacht hat...? Wer bei diesem Film vor Schreck aus dem Sitz gesprungen ist, der erschrickt auch zu Tode, wenn morgens die Sonne aufgeht...
"The scares here are in the vein of Carpenter's original Halloween, my all-time favorite house-next-door thriller"
Bitte was? Ist ja schön, wenn er den Film mag. Aber das war bei Weitem nicht die selbe Liga. Nicht mal der selbe Sport...
"And there is one particularly favorite scene of mine in the film, where I hope to do for cat doors what Hitchcock did for showers."
Eine Szene, die in etwa so vorhersehbar war wie der Aufprall von Erdnüssen, nachdem man sie aus dem Fenster geworfen hat, mit Psycho zu vergleichen, das zeugt von einem gesunden Selbstbewusstsein. Oder schierem Größenwahn...
Fazit: Wer auf Straßenschilder steht, auf Gesichtslähmung und Spannung, die nur von dem Schütteln von Überraschungseiern in der Kassenzone bei Toom übertroffen wird, der wird hier gut bedient. Man kann sich aber auch fantastisch unterhalten, wenn man für 92 Minuten wie ein Berserker in der Nase rumbohrt.