Staffel 1
Staffel 1
Patriotische Amerika-Kritik?
Terror beschäftigt uns seit 15 Jahren mehr als je zuvor - egal ob Al-Kaida, Isis, Taliban, von Rechts oder Links, von Muslimen oder westliche Staaten, die gefühlt überall auf der Welt Kriege anzetteln, um das enorme Ungleichgewicht auf der Erde beizubehalten. Man hat den Eindruck, dass die Welt noch nie so klein, nie so unruhig, sich noch nie so uneinig war. Kein Wunder also, warum "Homeland" genau mit diesem Thema ("Kampf gegen Terrorismus") so ein Hit wurde. Aktueller, akuter & aufregender als die Geschichte um den befreiten Kriegsgefangenen Brody & der NSA-Agentin, die ihn für einen umgedrehten, muslimischen Terroristen hält, war in den letzten 5 Jahren kaum eine andere Serie. Eine Art dramatischeres "24" wenn man simpel erklären will.
Das die 12 Folgen Spionage- & Kriegsdrama spannend & hochglanz-hübsch sein würden, daran hatte ich kaum einen Zweifel. Zu gut die Produzenten, zu hoch das Budget, zu hochkarätig die Darsteller, zu brisant das Thema. Meine größte Sorge war eher, dass die Serie zu subjektiv auf Seiten der Amerikaner steht, zu patriotisch rüber kommt & schlichtweg kitschige Propaganda sein könnte. Dem ist zum Glück (die meiste Zeit) nicht so. Es gibt sogar Phasen in dieser ersten Staffel, wo die arabische Welt menschlicher, logischer & verwundeter dargestellt wird, als der Westen samt eingebildeter, unsympathischer Staatsmänner oder Agenten, die nicht weniger über Leichen gehen, als ihre radikalen Gegenparts. Überraschend ausgewogen, was einen Reiz ausmacht - denn natürlich hält man zum Westen & Terroristen sind verabscheuungswürdig. Aber wenn man deren Motive, Denkweisen & teilweise nachvollziehbare Wut sieht, fällt das Mitfiebern, Aussieben & automatisches Schwarz-/Weiß-Malen, um Einiges schwerer. Aber Grautöne sind ja eh in & in einer unübersichtlichen Welt, wohl die schockierendste Wahrheit.
Die Darsteller machen ihre Sache allesamt grandios - vor allem die Dynamik zwischen Brody & seiner Beobachterin, die Undurchsichtigkeit der Figuren, baut wahnsinnig Spannung & Neugier auf. Viel länger hätten sie es nicht treiben dürfen, mit dem "Ist er ein Terrorist oder nicht?" - die Wendungen & das geschickte Hinters-Licht-Führen funktionieren im genutzten Masse aber völlig. Man will definitiv wissen wie es weiter geht & spürt eine leichte Sucht. Die Familienprobleme des radikalen Rotschopfes, samt Konflikt mit dem besten Army-Buddy, der sich um seine Frau "gekümmert" hat, in den 7 Jahren, wo Brody verschollen & für tot gehalten wurde, streift zwar manchmal Seifenoper-Klischees & auch Claires psychischer Aussetzer zum Ende der Staffel wirkt etwas überzogen - das ist jedoch alles leichte Kritik an einer verdammt packenden Thriller-Staffel mit nur ganz wenigen Hängern. Ich hoffe nur, dass die Macher ihr Feuer nicht schon in Staffel 1 verschossen haben & sich nicht allzu sehr wiederholen. Zu ernst oder realistisch sollte man das Ganze auch nicht sehen, dafür gibt es dann doch ein paar filmisch-unlogische Momente, die die amerikanischen Behörden nicht gerade clever darstellen & vor muslimischen Charakterschablonen samt Vorurteilen ebenfalls nicht Halt machen.
Fazit: hochaktuell & recht ambivalent - Terror & der Kampf zweier Ideologien, Religionen mal außen vor gelassen, war im TV selten spannender & glänzender realisiert. Die erste Staffel macht wirklich Lust auf mehr! (8,5/10)