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GOD BLESS AMERICA beginnt sehr stark mit einer einmaligen Babyszene (!) und hat von Anfang an sympathische und gut agierende Darsteller. Sind die tiefschwarzhumorigen Szenen aber etwas verklungen ist er in der ruhigen Nachbetrachtung am Ende nicht viel mehr als eine für Genre-Fans sehr unterhaltsame Mogelpackung. Aktuell und passend ist das Thema der gewaltsamen Abrechnung mit dem Medien-Voyeurismus und der Gewaltgeilheit im (US) TV auf jeden Fall.

Die Umsetzung ist auch schön bissig gelungen und ist erfrischend konsequent in seinen Gewaltszenen. Aber nach einiger Zeit merkt man trotz den sehr erfrischenden Charakteren, dass sich der Film einfach nur genau der Methoden und Erscheinungen bedient die er kritisieren will. Er fängt sogar noch in den ersten 30 Minuten ganz gut an, kann die Versprechungen die er anfangs aufbaut nicht durchhalten.

In der zweiten Hälfte geht ihm ziemlich die Luft aus und es bleibt nur noch ein vordergründiges schocken-wollendes Filmchen über 2 Psychopathen übrig, über das man Richtung Ende nur immer weniger schmunzeln kann. Eine Hinrichtung von Jugendlichen in einem Kino hat ungeahnte aktuelle Brisanz. Die eigentlich sehr gute Kritik an den Medien und ihren schwachsinnigen Inhalten verliert sich bei Regisseur Goldthwait im Laufe der Handlung immer mehr in eine billige Ballerei und Abmurkserei und jeder wird für einen vermeintlich guten Witz im Film einfach erschossen oder aufgeschlitzt. Nicht immer ist das Timing der Szenen oder Gags ideal und der Indie-Charakter des Films schaut aus vielen Filmritzen.

Hier einiges zur Story ohne etwas zu verraten (OHNE SPOILER!): Frank (Joel Murray) fühlt sich nicht geliebt, ist arbeitslos und schwer krank und kann den Niedergang der USA den er u.a. im TV sieht nicht ertragen. Er greift zur Waffe um die schlimmsten Exemplare der Gesellschaft selbst zu richten. Dabei unterstützt wird er von der 16-jährigen Roxy (Tara Lynne Barr). In ihrem gemeinsamen Rachezug gegen die geballte Dummheit und was sie dafür halten, lynchen sie alles was ihnen vor die Flinte kommt, ob es Casting Show Teilnehmer oder einfach dumm fragende Passanten sind. Somit werden sie selbst zum Mittelpunkt der Medien die sie so verachten….

Natürlich kann man den Film auch mit seinen vermeintlichen Vorbildern vergleichen. Neben FALLING DOWN fällt mir da auch in gewisser Weise TAXI DRIVER und BONNIE UND CLYDE ein. GOD BLESS AMERICA spiegelt sich aber insbesondere in NATURAL BORN KILLERS (NBK), aber wirkt nur wie ein trashiger Abklatsch davon. Einfach ein schräges Pärchen und jede Menge derbe Sprüche und explizite Gewalt machen leider noch keinen guten Film.

Die wirklich nachhaltig wirkende und fast diabolische Ausstrahlung von z.B. NBK wird hier nicht annährend erreicht. Aufgrund dieser fehlenden Reflexion mittels der filmischen Sprache und der nicht vorhandenen substantiellen Filmbotschaft könnte GOD BLESS AMERICA bei den im Film kritisierten Menschen auch verstanden werden als: wenn Dir was nicht gefällt, dann hol einfach Deine Knarre raus und geh in deine Schule…..oder wirf Steine von Autobahnbrücken auf Autos….

Natürlich liegt dies nicht in der Absicht des Films und der stark satirische Charakter ist stets sichtbar. Die spätere Flucht der Protagonisten des Films macht ihn durchaus stets kurzweilig und Frank und Roxy können den Rollen ihren eigenen Stempel aufdrücken und harmonieren sehr gut miteinander und es gibt jede Menge guter und spitzer Dialoge. Die Atmosphäre und das Zusammenspiel des älteren erwachsenen Mannes und des weiblichen Teenies, die Sprüche und das Gagniveau erinnern mich sehr stark an eine ähnliche gute Performance in SUPER (2010). Nicht falsch verstehen. Im richtigen Kontext ist rohe Gewalt in Filmen gut und wichtig und wir mündigen Seher sollten uns wehren gegen jegliche Zensur. Und GOD BLESS AMERICA ist durchaus durchgängig unterhaltsam und am Ende eine durchaus sehenswerte Gewalt-Satire, die sich gegen die strukturierte Sozialisierung der Dummheit wehrt.

So sollte also am Ende jeder selber entscheiden, ob er GOD BLESS AMERICA eine kritische Message wirklich filmisch adäquat umsetzen sehen wollte oder ihn nur als schön bissige Unterhaltung sieht oder auch ablehnt. Bevor der Streifen aber nur noch stumpf hoch gelobt wird  muss es auch erlaubt sein, einige Dinge aus der Metaebene zu betrachten. Wie geschildert, ist der Film am Ende auch nicht mehr wirklich unterhaltsam und hat ein völlig vorhersehbares Ende. Als kleiner Partyfilm unter Freunden zum Auftakt eines blutigen Abends ist er durchaus geeignet. GOD BLESS AMERICA wird natürlich seine ergebenen Anhänger finden, die ihm den Tabutitel aller Filmkritiken namens „Meisterwerk“ geben werden….

6/10 Pigfarts....äh,....Punkten

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