"And Soon the Darkness", hierzulande erst über 20 Jahre nach seiner Fertigstellung lieblos auf VHS erstveröffentlicht, mit dem schönen Titel "Tödliche Ferien" und einer soliden, aber doch recht billig wirkenden Synchronisation aus Hamburg versehen, scheint auf den ersten Blick ein wenig bemerkenswerter früher Slasher zu sein. Aber sehen wir ihn uns doch mal etwas näher an.
Die Story lockt heutzutage natürlich keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor: zwei junge Krankenschwestern (Jane, die brave, spießige, verantwortungsbewußte, und Cathy, die blonde, etwas faule, vergnügungssuchende) aus England sind auf Fahrradurlaub in Frankreich unterwegs. Nach einer aus einer Nichtigkeit hervorgehenden Streiterei fährt Jane alleine voraus, während Cathy eine Trotz-Rast einlegt. Als die reuige (da verantwortungsbewußte!) Jane kurz darauf zurückkehrt, ist Cathy verschwunden. Eine Odyssee beginnt, in der Jane ziemlich auf sich allein gestellt ist, da sie kein Französisch spricht. (Hm, und dann kein Wörterbuch dabei? Blöde Kuh!). Und welche Rolle spielt der sinistre Motorrollerfahrer, der die beiden schon einige Zeit verfolgt hat?
Man sieht also, im Grunde Blaupause 3b aus dem herkömmlichen Slasher-Handbuch. Allerdings muß man berücksichtigen, daß dieses Genre 1970 bei weitem noch nicht so ausgelutscht war wie heute, damals war das noch kein nach Schema F ablaufender Langweiler, als der "And Soon the Darkness" heute auf den ersten Blick wirken muß. Und wenn die kreativen Köpfe dahinter auch noch die Macher von "Mit Schirm, Charme und Melone" sind (neben Clemens auch Terry Nation (Co-Autor), Laurie Johnson (Musik) und Albert Fennell (Co-Produzent)), darf man doch schon etwas mehr erwarten.
Wo der Film ganz klar punktet, ist eine Atmosphäre stetig wachsenden Unbehagens, ohne je die ganz grobe Kelle auszupacken. Selbst anfangs, als die beiden Mädchen noch zusammen sind, mischen sich erste Mißtöne in die Urlaubsstimmung, es wird über Kleinigkeiten zwar noch freundschaftlich, aber doch leicht aggressiv diskutiert, in den Soundtrack mogeln sich düstere Töne, nach der Trennung wird Janes Isolation in der Fremde geradezu mit Händen greifbar. Löblicherweise behielt man das in der Synchronisation bei, Klassiker wie "Der dritte Mann" oder "Die große Sause" beliebten bei Sprachbarrieren ja gerne zu schludern. Inszenierung, Kameraarbeit und Musik leisten Unglaubliches, um die Schwächen des Drehbuchs (es ist zwar einigermaßen sauber geplottet, die Lösung ist allerdings a) absehbar und b) relativ schwach) auszugleichen, und es funktioniert bestens.
Schauspieler - Pamela Franklin kennt man meist aus Hobeln wie Bert I. Gordons "Insel der Ungeheuer" und "Horror Attack", doch blickte sie seinerzeit schon auf eine erfolgreiche Karriere als Kinderstar zurück, etwa der wunderbare "Schloß des Schreckens", und später (1973) wirkte sie noch in dem zumindest achtbaren "Tanz der Totenköpfe" (der Originaltitel quot;The Legend of Hell House" paßt definitiv besser) mit. Als Jane hat sie eine zunächst eher undankbare Rolle zu spielen, nämlich das, was auf gut deutsch "Spaßbremse" heißt, doch als sie nach der 30-Minuten-Marke plötzlich alleine dasteht, da wirkt sie so verloren, daß man sie doch in den Arm nehmen und trösten möchte. Umgeben von merkwürdigen Gestalten, mit denen sie nicht kommunizieren kann, wirken auch die finstere Lehrerin und der Rollerfahrer nicht gerade wie Retter in der Not. Im Finale darf Pamela dann das tun, was jede Horror-Actrice können muß: schreien und Panik schieben, bis der Arzt kommt. Auch das schafft sie mühelos, und auch ohne Übertreibung.
Michele Dotrice (Cathy) war ebenfalls nicht neu im Genre, so wirkte sie 1966 in Hammers "The Witches" ("Der Teufel tanzt um Mitternacht") mit und landete später "In den Krallen des Hexenjägers", spielte aber auch in TV-Serien wie "Jason King". Für meinen Geschmack ist sie deutlich hübscher als die Franklin, umso bedauerlicher, daß sie nach einer halben Stunde schon aus dem Film scheidet. Ihren Charakter bringt sie (dem Drehbuch gemäß) etwas eindimensional, aber durchaus realistisch, lediglich als Leiche ist sie nicht so überzeugend.
Sandor Elés (Paul, der Rollerfahrer) ist ebenfalls ein gern gesehener Gast aus diversen Hammer-Produktionen ("Frankensteins Ungeheuer", Comtess des Grauens"), und für den mysteriösen Fremden ist er genau die richtige Besetzung, wenn ihn das auch nicht vor allzu große schauspielerische Herausforderungen gestellt haben dürfte.
Die restliche Besetzung besteht aus eher unbekannten, aber durchaus vielbeschäftigten Gesichtern aus britischem Film und Fernsehen, unangenehm fällt keiner auf.
Fazit:
Nennen wir "And Soon the Darkness" mal eine Fingerübung von Leuten, die zwar einiges können, aber gerne mal experimentieren wollten. Das Drehbuch könnte stellenweise etwas ausgefeilter sein, und der Schluß ist etwas lahm, dafür stimmt der Rest. Wie man sowas weniger ambitioniert umsetzt, zeigt das total überflüssige Remake von 2008, das in seinen besten Momenten vom Original kopiert und ansonsten in Langeweile versinkt.
8 von 10 zerbrochenen Fahrradspeichen.