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Ich bin kein Rassist, ich hasse alle Menschen gleich, erklärt Officer Dave Brown dem Mann von Internal Affairs. Brown ist ein richtig mieser Typ. Er säuft im Dienst, wirft Pillen ein wie Schokodrops, droht, prügelt und bricht Gesetze, wie es ihm gerade passt. Aber als Cop hält er die Straßen von LA frei von kriminellem Ungeziefer, damit seine beiden Töchter und viele andere brave Bürger in Sicherheit leben können. So war es immer schon und das ist auch völlig ok - in seinen Augen. Doch eines verdammten Tages flimmern die Bilder, wie Brown einen Verdächtigen fast totschlägt, über alle TV-Sender. Eine der vielen Videokameras in der Stadt hat alles dokumentiert. Und was das krisengeschüttelte LA Police Department gerade gar nicht brauchen kann, ist ein prügelnder Cop …


Warum dieser Film von vielen Leuten irrtümlich als Actionfilm deklariert wird ist mir schleierhaft, aber gerade diese Fehleinschätzung ist sicherlich der Grund dafür, das "Rampart" viele negative Meinungen nach sich zieht. Wer nämlich einen action-geladenen Cop-Thriller erwartet, geht mit vollkommen falschen Erwartungen an dieses Werk heran, das sich als waschechtes Drama offenbart. Dabei ist der Fokus der Geschichte fast ausschließlich auf die Hauptfigur Dave Brown gerichtet, der hier von einem brillant agierenden Woody Harrelson dargestellt wird. Sicherlich lässt der Film durch die extreme Fokussierung auf den Hauptdarsteller ein wenig das Erzähltempo vermissen, denn Regisseur Oren Moverman rückt auch etliche Kleinigkeiten in den Vordergrund, die dem Zuschauer im ersten Moment eventuell etwas banal erscheinen mögen. Für die Charakter-Beleuchtung des Dave Brown sind diese Dinge jedoch äußerst wichtig und bringen einem den dissozialen Cop viel näher, als man es eigentlich möchte. Es ist nämlich ein höchst unsymphatischer Mensch mit dem man es hier zu tun bekommt und Harrelson's Performance drückt dies auch mehr als überzeugend in jeder einzelnen Einstellung aus. So hat man auch eher selten das Gefühl das es sich hier lediglich um grandioses Schauspiel handelt, es entsteht vielmehr der Eindruck, das der Hauptdarsteller mit seiner Rolle verschmilzt und dadurch für ein absolutes Höchstmaß an Authenzität sorgt.

Obwohl der Film mit etlichen bekannten Darstellern besetzt ist, erscheinen sämtliche Figuren lediglich als notwendige Staffage für ein herausragendes Kammerspiel, das seine enorme Kraft durch die Omnipräsenz seiner Hauptfigur bezieht. Immer mehr entpuppt sich das Geschehen als eine tiefgehende Charakter-Studie eines brutalen Menschen, der sich trotz seiner illegalen Machenschaften immer im Recht fühlt und dabei noch nicht einmal merkt, wie sehr er auch die Menschen verletzt, die ihm eigentlich etwas bedeuten. Denn Brown hat 2 Töchter und auch 2 Ex-Frauen, die zufällig auch noch Schwestern sind. So rücken dann auch die gewöhnungsbedürftigen Familien-Verhältnisse immer wieder in den Vordergrund und sind ein sehr gutes Beispiel dafür, was alles falsch gelaufen ist im Leben des Cops. Hauptsächlich steht jedoch der generellen Menschen-Hass von Brown im Vordergrund, der sich im Prinzip so gut wie nie an die Buchstaben des Gesetzes hält. Es scheint fast so, als wenn für ihn ganz eigene Regeln gelten würden und dennoch ist er immer überzeugt davon, genau das Richtige zu tun.

Sämtliche Ereignisse präsentieren sich dem Zuschauer dabei fast gänzlich ohne Action, was meiner Meinung nach aber überhaupt nicht als negativ zu bewerten ist. Wenn man "Rampart" nämlich von Beginn an als Drama betrachtet, dann funktioniert dieses Werk ganz fantastisch. Zudem beinhaltet die Geschichte eine ganze Menge an Härte die sich jedoch nicht durch explizite Gewaltdarstellungen, sondern durch die Charakter-Studie der Hauptfigur ergibt. Die unglaublich intensive Darstellung eines Woody Harrelson ist es nämlich, die einem hier so manch kalten Schauer über den Rücken jagt. Selten bekommt man eine so faszinierende und vor allem überzeugende Leistung eines Schauspielers geboten, der bei seiner Interpretation auch ganz sicher an seine Grenzen gehen musste. Es ist ganz einfach fantastisch Harrelson zu beobachten, denn seine Gestik und Mimik vermitteln jederzeit den Eindruck, das er sich in diesem Film ganz einfach selbst darstellt. Die dabei entstehende Intensität zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschehnisse und hinterlässt auch beim Betrachter einen sehr nachhaltigen Eindruck.

Letztendlich ist "Rampart" ganz bestimmt ein Film, der die Meinungen extrem spalten wird. Wenn man jedoch mit der richtigen Erwartungshaltung an die Story herangeht, kann man am Ende keinesfalls enttäuscht sein. Es handelt sich auf keinen Fall um einen Actionfilm und selbst die Thriller-Elemente sind nur in einem sehr überschaubaren rahmen vertreten. Viel eher präsentiert sich ein menschliches Drama, das größtenteils wie ein Kammerspiel erscheint und eine herausragende Charakter-Beleuchtung eines kaputten Menschen offenbart. Wer solche Geschichten zu schätzen weiß kommt definitiv auf seine Kosten und dürfte sich auch über mangelnde Action und eine eher ruhige Erzählweise nicht beschweren.


Fazit:


Ich persönlich finde diesen Film schon fast herausragend, kann es aber auch durchaus nachvollziehen das hier längst nicht jeder Geschmack getroffen wird. Die Geschichte jedoch aufgrund einer falschen Erwartungshaltung niederzumachen ist nicht die feine englische Art, zumal der Film ja keine Schuld daran trägt, wenn mancher Verkaufs-Shop ihn irrtümlich als Action-Thriller einordnet. Wenn man weiß was auf einen zukommt, wird man mit einer Story konfrontiert, die ihre ganze Kraft aus der überragenden Performance ihres Hauptdarstellers bezieht, der ganz locker dazu in der Lage ist, die Aufmerksamkeit des Zuschauers für sich zu gewinnen.


8/10

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