Review

Was hat der TV-Zuschauer dem RTL-Eventmovie mehr oder weniger kinoreife Sternstunden der Fernsehgeschichte zu verdanken?


Von der trashigen "Jaws"-Variante "Hai-Alarm auf Mallorca" über den Mafiakrimi "Die Patin" oder die auf wahren Begebenheiten und Fakten beruhenden Zweiteiler "Die Sturmflut" und "Die Hindenburg".

Abgesehen von den beiden letzt genannten Beispielen ist das RTL-Eventmovie  jedoch nichts weiter als ein mit jeder Menge Effekten und Schauspielprominenz aufgemotzter Nachfolger des RTL-Schicksalromans der Woche, jenes TV-Format, dass den Zuschauer vor Jahren mit rührselig-kitschiger Trivialunterhaltung quälte.

Abgesehen von "Die Hindenburg" - das nach "Die Sturmflut" mit Abstand gelungenste Projekt der Reihe - hat sich RTLs Ideenschmiede in den letzten Jahren auf gewaltige Naturkatastrophen spezialisiert, und so war es nur eine Frage der Zeit, dass nach "Die Jahrhundertlawine" oder "Der Super-Vulkan" auch die Nordsee für ein Katastrophenspektakel herhalten musste.

Wenn RTL zum Eventmovie lädt wird der Zuschauer Zeuge wie sich der marktführende Kölner Privatsender auf einem egomanischen Selbstbeweihreucherungstrip befindet und mit einem Produkt protzt, dass - wie im Fall von "Bermuda Dreieck Nordsee" - bei genauerer Beobachtung krampfhaft und ohne jegliche Innovation großes Hollywood-Kintopp zu kopieren versucht, aber an seiner Einfallslosigkeit hoffnungslos scheitert.

Da jedoch RTLs anvisierte Zielgruppe angesichts Trash-Formaten wie "Die Super-Nanny", "Verdachtsfälle" oder "Das Supertalent" keine großen Ansprüche hat, wird sicherlich ein Millionen-Publikum bei dem als Weltpremiere angekündigten Katastrophenfilm feuchte Hände bekommen haben.
Wer noch einigermaßen bei Verstand ist wird jedoch das Genre, dem der Film zuzuordnen ist, auf das Endprodukt übertragen und somit ist "Bermuda Dreieck Nordsee" eine einzige Katastrophe.

Während halbwegs bodenständige Eventmovies wie "Das Papst-Attentat" oder selbst "Hai-Alarm" noch einen gewissen Unterhaltungswert hatten, geht dieser bei "Bermuda Dreieck" mit zunehmenden Effekteinlagen baden.

Der Film kombiniert gängige Versatzstücke des Katastrophenfilms mit allerlei Legenden und wissenschaftlichen Theorien, fügt dem ganzen noch etwas Verschwörungs-Thrill und eine Killerhatz auf die toughen Helden des Spektakels zu und versucht letzten Endes noch so etwas wie eine Öko-Botschaft zu vermitteln.

Potential ist durchaus vorhanden und doch bietet dieses Eventmovie nichts weiter als ein Höchstmaß an unnötiger Längen und Unlogik, dass es fast an eine Zuschauerbeleidigung grenzt! 

Da wird bereits Wochen vor Ausstrahlung die PR-Maschinerie des Senders in Kraft gesetzt und mit einem spektakulären 90-sekündigen Teaser ein Film schmackhaft gemacht, nach dessen Begutachtung man feststellen muss, dass die einzigen Highlights des Films in jenem Teaser verpulvert wurden und dazwischen nichts als gähnende Langeweile herrscht.

Kaum wird es auch nur halbwegs dramatisch bremst der Regisseur die Handlung konsequent aus als wolle er mit allen Mitteln beim Zuschauer den Anstieg der Pulsfrequenz verhindern.
Der Thrill geht in dümmlichen Klischees und bedeutungsschwangeren Dialogen unter oder krankt einfach an seinem erzählerischen Schritttempo.
Jede noch so unbedeutende Szene - von denen es in dieser filmischen Katastrophe eine Menge gibt - wird von einem Soundtrack dominiert, der sich anhört als wäre es ein Medley aus verschiedensten Hollywood-Blockbustern und es dennoch nicht schafft auch nur einen Hauch von Atmosphäre zu schaffen.
Auch auf der Besetzungsliste findet sich nicht das ansonsten für Großproduktionen dieser Art typische "Who Is Who" der deutschen Schauspielprominenz wieder. 
Hannes Jaenicke hat seinen Cast lediglich der Tatsache zu verdanken, dass er sich auch privat für den Umwelt- und Artenschutz einsetzt, während Bettina Zimmermann einfach nur nett aussieht. Gudrun Landgrebe als skrupellose Konzernchefin bleibt wie ihr Teint - blass - und auch ansonsten fehlen hochkarätige Stars, die dem Debakel etwas Glanz verliehen und die klischeehaften Rollen halbwegs mit Leben hätten füllen können.

Mit einer Laufzeit von 120 Minuten hat es "Bermuda Dreieck Nordsee" zwar nicht zum Zweiteiler geschafft, doch auch zwei Stunden sind vollkommen ausreichend - für nichts:
Hier und da geht ein Windrad in den Untiefen der Nordsee verloren, ein gemeiner Mordbube macht krampfhaft böse Miene und fuchtelt mit seiner Knarre rum und die stereotypischen Charaktere tun das, was man aus unzähligen Filmen dieser Art sattsam kennt: auf die Gefahr aufmerksam machen, die Gefahr ignorieren, sterben oder sich aus der Verantwortung ziehen - in dem sie sterben.
Spannung, Dramatik, Tempo oder etwas Witz bei dem bierernsten Treiben? Fehlanzeige! Selbst im Moment der Katastrophe will sich keine Spannung aufbauen, denn dem Machwerk fehlt ganz einfach der Mut dem Zuschauer konsequent das vorhergesagte Inferno zu präsentieren. Und so kratzen die durchschnittlichen Effekte die Katastrophe nur etwas an und ein süßliches Happy-End vor romantischer Postkarten-Idylle raubt dem Zuschauer den letzten Spaß.


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