Seitdem Mary Harron anno 2000 den nahezu makellos inszenierten „American Psycho“ in die Welt setzte, ist es um die Regisseurin ruhig geworden und nach einigen Ausflügen ins Serienmilieu soll es nun ausgerechnet ein poetisch angehauchter Vampirfilm sein.
Oder besser gesagt Mädchenfilm, denn eine andere Zielgruppe dürfte das Selbstfindungsdrama im Mädcheninternat kaum ansprechen.
Nach dem Selbstmord ihres Vaters hat Rebecca (Sarah Bolger) starken Halt bei ihrer Schulfreundin Lucie (Sarah Gadon) gefunden, doch in diesem Schuljahr macht ihr die neue Schülerin Ernessa (Lily Cole) diesen Platz streitig.
Rasch wittert Rebecca, dass die Neue etwas Düsteres im Schilde führt und tatsächlich kommt es schon bald zu einem mysteriösen Todesfall im Internat…
Dem genrevertrauten Zuschauer ist schnell klar, dass es neben den üblichen Problemen heranwachsender Mädchen hauptsächlich um die Vampirthematik im klassischen Sinne geht, denn nicht umsonst dürfte Lucie als namentliche Anlehnung für Stokers Lucy in „Dracula“ stehen und selbst der Lehrer bezieht sich mit seinem Unterrichtsstoff konkret auf „Carmilla“ von Le Fanu.
Da die Handlung aus der Sicht einer Sechszehnjährigen mit starkem Hang zur Melancholie erzählt wird, schwelgt die Erzählung häufig in ruhigen Bildern, lässt die mitgeteilten Gedanken von Rebecca wirken und stützt sich auf Poesie im Gotik Gewand, was für Freunde bissiger Angelegenheiten zu einer argen Geduldsprobe ausartet. Die Story fokussiert sich zusehends auf ein Duell zwischen Rebecca und Ernessa, zu dem es jedoch nie kommt, denn bevor es innerhalb der letzten zehn Minuten zumindest noch ein wenig dramatisch zugeht, erscheint die Auflösung unzureichend schlüssig und hinterlässt folgerichtig viel Interpretationsfreiraum.
Dabei bietet Lily Cole mit ihren ungewöhnlichen Gesichtsproportionen, betont durch die schwarzen Haare und die bleiche Haut durchaus Potential für düstere Szenen, doch zu selten driftet die Handlung ins Gruselige ab, stattdessen bedient sich Harron abgenudelter Motive wie wehender weißer Nachthemden in eiskalter Nacht oder einiger Alpträume unter Zuhilfenahme leichter Farbfilter. Blut fließt hier nur sporadisch, selbst die wenigen Ableben sind nie zu sehen, oftmals gibt es nicht einmal einen Blick auf die Leiche.
Stattdessen wird ab und an das sexuelle Aufbegehren der Mädchen in den Vordergrund gerückt, hinzu kommen Rebeccas zunehmende Sorgen um Lucie, die von den übrigen Schülerinnen nur als pure Eifersucht abgetan werden und ein Lehrer (Scott Speedman) dessen Figur gegen Ende zur Nichtigkeit verkommt.
Zwischendurch gibt es noch einen kurzen atmosphärischen Ausflug aufs Dach des Internats, eine Visite im Keller und ein paar gelungene Flashbacks, jedoch kommt selbst zum Finale kaum Spannung auf, geschweige denn, ist ein Mitfiebern gegeben.
Begrüßenswert ist zwar der Ansatz, sich von all den derzeit kursierenden Twilight Kopien abzuheben und auf Stimmung statt spitze Eckzähne zu setzen, doch dafür bleibt der Stoff zu vage erzählt, er vertieft seine symbolischen Ansätze nicht und bieten den Figuren zu wenig Entfaltung. Da dürfte sich am Ende die berechtigte Frage stellen, wer sich das denn ansehen soll, denn Kerle sind entweder kaum vorhanden oder per Suizid aus dem Geschehen verbannt, während die Mädchen ausschließlich unter sich oder mit sich beschäftigt sind. Es bleibt wohl doch ein reiner Mädchenfilm…
Knapp
4 von 10