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Pervers, kriminell, geisteskrank – das sind nur einige Attribute, die dem Marquis De Sade aufgrund seiner blutigen und gewalttätigen Sex-Fantasien anhaften. Mit „Justine“ und „Die 120 Tage von Sodom“ schrieb er zwei Werke, die De Sade zu Lebzeiten lange Gefängnisstrafen einbrachten, da sie den Tatbestand der Gewaltverherrlichung erfüllten. Bekanntermaßen prägte er durch seine Werke auch den Begriff Sadismus, welcher gemeinhin die Erregung sexueller Lust beim Zufügen von Schmerzen bezeichnet. Doch Regisseur Benoît Jacquot und seinem Hauptdarsteller Daniel Auteuil ("Caché") in der Titelrolle gelang es mit „Sade“ eine kritische und anspruchsvolle Reflexion über den Urvater der Schundliteratur abzuliefern, ohne ihn zu dämonisieren.

Zur Story: 1794, im Zuge der französischen Revolution unter Robespierre, wird der Adel von Paris in das Sanatorium Picpus interniert, um auf seine Guillotinierung zu warten. Unter ihnen der Marquis De Sade (Daniel Auteuil), welcher unter den Adeligen als Wüstling verschrien ist. Er freundet sich mit der jungen Emilie (Isild Le Besco) an, die auf eine merkwürdige Art von ihm fasziniert ist. Doch Sade hat mit ihr Dunkles im Sinn…

„Nur wenn man exzessiv lebt, findet man die Freiheit.“ bringt der Marquis in seinem letzten Gespräch zu der jungen Emilie sein Lebensmotto auf den Punkt. Doch genau das zeigt der Film nicht. Bis auf die Verführung der jungen Emilie im letzten Drittel des Films bleibt die dogmatisch vertretene, perverse sexuelle Obsession von Sade auf das Zeigen seiner Schriften beschränkt. Der Film tut gut daran, sich mit geschliffenen und ironisierenden Dialogen dem mysteriösen und befremdlichen Denken des Wüstlings zu nähern, anstatt mit dem simplen Einsatz von Gewalt und harten Masochismus einen Skandal zu provozieren. Dabei erzeugt er durch die sich zuspitzende Konstellation der Figuren um Obsession, Liebe und Hörigkeit eine Dichte, welche eine hohe Spannung erzeugt. Durch detailgetreue Kostümierung sowie in farbintensive und sinnliche Bilder getaucht, überzeugt „Sade“ als unkonventionelles Sittengemälde und Dokument der adeligen und bürgerlichen Befindlichkeiten während der Unruhe in den Nachwirkungen der französischen Revolution, wo künstlerische Freiheit als Form von Geisteskrankheit angesehen wird. Leider gestalten sich die überlangen Dialoge zuweilen als hemmend für den Erzählfluss und die historischen Zeitumstände werden nur grob umrissen. Daniel Auteuil spielt das „Monster“ De Sade als einen mit charismatischen Charme auftretenden Menschen mit Ängsten, ohne jedoch die absurden moralischen Prinzipien, die seine Figur vertritt, zu vernachlässigen. Leider bleiben aber gerade durch die weitgehende Fixierung des Films auf seine Person die gut agierenden Nebenfiguren in ihren Motivationen etwas blass.

Fazit: Opulent ausgestattetes und exquisit bebildertes Historiendrama, welches durch seine originelle Näherung an die Person des oft dämonisierten, umstrittenen Literaten in Verbindung mit der subversiven Zeit in den Nachwirkungen der französischen Revolution überzeugt. Leider ist „Sade“ zuweilen etwas zäh und zu dialoglastig, sowie historisch wenig exakt. Dennoch kann man dieser recht harmlosen Verfilmung eines teils der Biografie vom berühmten Marquis ein „gut“ attestieren.

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