Atmosphärisches oldschool Gruseldrama in klassischer Kulisse
THE AWAKENING spricht ganz eindeutiger Liebhaber leiser Gruseltöne an, die sich langsam entwickeln und mehr auf den psychologischen Horror setzen. In wunderschönen blassen, fast monochrom wirkenden Farben und einem fast zu perfektem Styling der hochwertigen Locations entwickelt sich die sich immer mehr zusammenschnürende Geschichte sehr behutsam und ohne jeglichen Einsatz von vordergründigen Horroreffekten. Wer diese ab und zu braucht um bei der Stange zu bleiben könnte enttäuscht sein. THE AWAKENING beginnt als Drama mit einer gut aufgelegten und jederzeit intensiv agierenden Rebecca Hall.
Die Geschichte (OHNE SPOILER!) von Florence Cathcart (Rebecca Hall), deren Berufung es ist, den Okkultismus mit Sachlichkeit und der Wissenschaft zu entlarven, wird zu einem Internat gerufen in dem schon Kinder zu Tode gekommen sind. Dort wird sie bis zum Rande ihrer eigenen Vorstellungskraft und Erfahrung gefordert….Für mich war der größte Reiz und Vorteil des Films, dass er sich sehr lange bedeckt darüber hält, in welche Richtung es geht und Fragen wie "passiert dies alles nur in der Vorstellung der Protagonisten" oder "gibt es wirklich einen übernatürlichen Eingriff in das Geschehen" bis zum äußersten Rande der Geschichte offenhält und somit auch die Spannung antreibt.
Man ist also lange nicht sicher, ob es nur ein Drama bleibt oder tatsächlich das Element des Phantastischen in die Handlung integriert wird. Zumindest Rebecca Hall als Geisterjägerin tut ihr Bestes dazu, alle Vorgänge auf natürlichem Wege erklären zu können. Ich möchte nochmals unterstreichen, dass der Zuschauer eine große Menge Geduld für THE AWAKENING mitbringen muss. Der Film legt eine Menge falscher Fährten und man muss sich schon in das Geschehen fallen lassen können und versuchen, nicht jede zunächst potentiell mögliche dramaturgische und logische Inkonsistenz und Inkonsequenz kommentieren.
Den Film nur hoch zu loben wäre zu einfach. Für mich übertreibt es THE AWAKENING ein wenig mit dem Versteckspiel und wirkt dadurch ein wenig zu lang und nicht dicht genug in der Dramaturgie. Die Entscheidung wie die vertrackte Situation letztendlich aufgelöst greift auf sehr bewährte Motive absolute Genreklassiker zurück. Damit macht THE AWAKENING zwar nichts falsch, aber verpasst auch ein wenig auf Eigenständigkeit zu setzen. Am Ende gibt es noch dramaturgische Kurven die romantisch überladen wirken. Weniger wäre hier zumindest aus meiner Sicht mehr gewesen.
Es werden vielleicht auch etwas zu viele Querverweise und Metaphern gebracht. Einige Bilder wirken fast zu stylisch und zu perfekt durcharrangiert und das Auge und das Gehirn haben kaum Zeit sich mal zu erholen. Aber das sind fast nur Formalitäten eines Films der wie an anderem Orte schon genannt mit DIE FRAU IN SCHWARZ oder THE TALL MAN und ähnlichen Filmen in gewisser Weise verglichen werden kann.
Dazu gibt es eine anfangs relativ zurückhaltende Musik die schön die Atmosphäre unterstreicht, manchmal mit fiesen Subsonic-Bässen und bedrohlichem Brummen. Später in den dramatischen Phasen schwingt sie sich dann fast orchestral und etwas sehr schwülstig auf. Regisseur Nick Murphy war bisher eher für TV-Serien bekannt und hat sich mit der Schauergeschichte THE AWAKENING deutlich für Kommendes empfohlen.
6,5/10 Hasenpuppen....äh,....Punkten