Es ist nicht nur eine originelle, sondern sehr kluge Idee, die Geschichte eines weltumspannenden Krieges aus dem Blickwinkel eines Pferdes zu erzählen - eine neutralere und sympathischere Figur ist nur schwer vorstellbar. Nun definiert sich der Charakter eines Tieres im Film in der Regel aus dem Zusammenspiel mit einem menschlichen Protagonisten, in "Gefährten" von Albert (Jeremy Irvine) verkörpert. Dieser freundet sich als Jugendlicher mit "Joey" an, wie er das Pferd nennt, dass sein Vater (Peter Mullan) aus Unvernunft für einen zu hohen Preis kauft, als er sich mit seinem Gutsherrn Lyons (David Thewlis) bei der dörflichen Versteigerung anlegt.
Diese im englischen Hinterland spielende Vorgeschichte, kurz vor Beginn des 1.Weltkrieges, steht in seiner intimen, provinziellen Anlage im Gegensatz zur sonstigen internationalen Ausrichtung des Films. Innerhalb der für Spielberg typischen familiären Atmosphäre lässt er Joey's komplexe Fähigkeiten deutlich werden. Nicht nur als edles Rennpferd kann er überzeugen, sondern auch als Arbeitstier, dass gemeinsam mit Albert den Hof seiner Eltern rettet, als es ihnen wider Erwarten gelingt, in sehr kurzer Zeit einen steinigen Acker zu pflügen. Trotzdem verkauft Alberts Vater das Pferd an einen jungen englischen Offizier, als der 1.Weltkrieg ausgerufen wird, und die eigentliche Story beginnt.
Was nun "Gefährten" auf der Leinwand entfaltet, ist großes Hollywood - Kino. Viele bekannte Darsteller, immer korrekt entsprechend der jeweiligen Nation besetzt, treffen auf das "Warhorse", dass schon in seinem ersten Gefecht seinen Reiter verliert, und begleiten es durch die Wirren des Weltkrieges, den Spielberg über mehrere Stationen ausbreitet. Der Beginn ist noch geprägt von soldatischer Ehre, als es den englischen Soldaten fast zuwider ist, eine scheinbar arglose deutsche Einheit zu überfallen. Doch die altmodisch mit dem Säbel kämpfende Kavallerie muss früh leidvoll erfahren, dass der erste Weltkrieg von Aufrüstung und Militärtechnologie geprägt sein wird, mit schweren Artilleriegeschützen, Maschinengewehren und Panzern bis hin zum ersten Einsatz von chemischen Kampfstoffen.
Spielberg versucht, Krieg und Menschlichkeit miteinander zu verbinden - beeindruckende, schreckliche Bilder der Schützengräben und des hoffnungslosen, Millionen Opfer fordernden Kampfes um ein paar Meter Land, kombiniert er mit Soldaten, die keinerlei Motivation zeigen, an diesem sinnlosen Treiben teilzunehmen. Das ist natürlich nicht neu, aber das Pferd dient ihm dazu, diese Sichtweise unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit zu verdeutlichen. Sobald Joey auftaucht, gibt es Menschen, die ihr Leben riskieren - junge deutsche Soldaten, die desertieren, ein französisches Mädchen, das einen deutschen Offizier anlügt, bis es zur regelrechten Völkerverständigung inmitten des Stacheldrahtes kommt.
Dabei spart Spielberg keineswegs mit Härte und zeigt die Konsequenzen des jeweiligen Handelns, aber über der trotz des grausamen Geschehens glanzvollen Optik liegt immer der Charakter eines positiven humanitären Gedankens. Im gesamten Film existieren keine bösartigen Menschen, nicht einmal nationalistisches Gedankengut wird geäußert und selbst das Standesdenken scheint überwunden. Bekannte Figuren aus unzähligen Kriegsfilmen, egal ob verherrlichend oder kritisch, beginnend beim heldenhaften Soldaten, über den sadistischen Zugführer bis zum machtbesessenen General, der seine Untergebenen in einen sinnlosen Kampf schickt, spielen in "Gefährten" keine Rolle.
Das es sie geben muss, steht außer Zweifel, aber Spielberg beschränkt sich bewusst auf den Blickwinkel des Pferdes und was spricht dagegen, einmal auf die finstere menschliche Seite zu verzichten, wenn das äußere Geschehen schon grausam genug ist? - Im Prinzip nichts, weshalb es genügend Zuschauer geben wird, die sich an der humanitären Botschaft erfreuen werden. Die Nationen, die in seinem Film agieren (und jeweils Schauspieler abstellen), haben sich nur wenige Jahre später in einem weiteren Weltkrieg gegenüber gestanden, sind inzwischen aber schon lange miteinander befreundet. Ein wenig wirkt "Gefährten" wie ein Film, der diesen heutigen Zustand schon voraus gesehen hat.
Um einen echten Idealismus zu vermitteln, der in jedem Menschen den Grundgedanken zur friedlichen Koexistenz vermutet - selbst als Anti - Kriegsfilm - wirkt "Gefährten" zu glatt und konturlos. Er riskiert nichts, sondern vereint seine Zuschauer hinter einer allgemeinen Ablehnung von Krieg, ohne den Einzelnen mit dessen Ursachen zu konfrontieren. Als Spielberg - Unterhaltungsfilm, der seine Geschichten von Mensch und Tier in gewohnt professioneller Form erzählt, funktioniert "Gefährten" sehr gut, aber die dahinter verborgene Botschaft hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl (4/10).